Mapocalypse Now
Apple Maps wird selbst von Firmenlegende Steve Wozniak kritisiert. Experten fragen sich, warum Apple ein unfertiges Produkt auf den Markt bringt – und ob Tim Cook vielleicht doch überfordert ist.
Des einen Freud, des andern Leid: Während die Apple-Manager im kalifornischen Cupertino ob der missglückten Lancierung des eigenen Kartendienstes (Redaktion Tamedia berichtete) ihre Wunden lecken, frohlockt die Konkurrenz.
Nokia etwa, das für seinen Kartendienst Nokia Maps viel Lob einheimst, hat einen ausführlichen Vergleich mit Apple Maps publiziert, der – wenig überraschend – den iPhone-Hersteller schlecht aussehen lässt. Auch das zum Google-Konzern gehörende US-Unternehmen Motorola macht sich auf Twitter mit dem Hashtag #iLost über Apple Maps lustig.
Keine Freude am Debakel hat das holländische Kartenunternehmen Tomtom, auf dessen Basisdaten Apple Maps basiert. In einer Pressemitteilung wehrt sich Tomtom gegen Vorwürfe, die Grundlagen seien ungenügend: Das Unternehmen stelle nur Basisdaten zur Verfügung, was Apple mit diesen mache, sei nicht das Problem von Tomtom, welches sich für die «Qualität seiner Kartendaten» verbürge.
Die Apple-Legende meldet sich zu Wort
Mittlerweile hat sich auch Steve Wozniak in die Debatte eingeschaltet. Der Apple-Mitgründer, der vergangene Woche extra nach Australien geflogen war, um so früh wie möglich ein iPhone 5 zu ergattern, zeigte sich «enttäuscht» über die Fehler des Kartendienstes.
Und er macht erneut keinen Hehl aus seiner Sympathie für Google-Smartphones: Viel lieber als mit dem iPhone navigiere er mit entsprechenden Services für Android-Geräte. Allerdings halte er die ganze Aufregung für übertrieben. «Manchmal regen sich die Leute über kleinste Details auf, aber in Tat und Wahrheit spielen diese im Alltag nicht so eine grosse Rolle», so Wozniak gegenüber Zdnet.
Hat das Image gelitten?
Weniger Mitleid mit Apple haben firmenexterne Kenner der Materie wie etwa Geokartenspezialist Michael Dobson. «Apple scheint die Seriosität dieses Unterfangens schlicht und einfach unterschätzt zu haben.» Das Hauptproblem sei, dass Cupertino den Datenservice nicht selber kreiert, sondern die Daten verschiedener Unternehmer lizenziert habe und jetzt zusammenführen müsse. Das führe unweigerlich zu Problemen, wird Dobson in der «Huffington Post» zitiert.
Im renommierten Blog kommt auch Carl Howe, Analyst der Yankee Group, zu Wort. Howe zufolge könnte der Entschluss, Google Maps vom iPhone zu werfen und stattdessen auf Apple Maps zu setzen, das Ansehen Apples nachhaltig beschädigen. Das Unternehmen müsse umgehend eine Lösung finden, denn die Nutzer wüssten, dass es einige Alternativen zum neuen Kartendienst gibt.
Kann Tim Cook die Qualität halten?
Gartner-Analystin Annette Zimmermann wiederum hält Konsequenzen für die Führungsetage für denkbar. Dass Apple mit einem solch fehlerhaften Produkt auf den Markt gehe, habe man wirklich nicht für möglich gehalten, so Zimmermann in der «Berliner Zeitung»: «Eigentlich ist Apple dafür bekannt gewesen, ein ganz fertiges Produkt auf den Markt zu bringen, bei dem alles niet- und nagelfest ist (...) Es wird nun natürlich die Frage diskutiert, ob Apple ohne Steve Jobs seine Qualität halten können wird.»
Zimmermann bezweifelt, dass der iPhone-Hersteller eine rasche Lösung bereithält, so was gehe nicht über Nacht: «Es bedarf eines enormen Zeit- und Ressourcenaufwands, um die Daten zu sammeln, miteinander zu verknüpfen und instand zu halten.»
Die «Jobs-Frage» stellt sich auch die «New York Times»: «Kein Unternehmen kann so abhängig von einer einzelnen Person sein wie es Apple unter Steve Jobs war. Als er noch lebte, war das eine Stärke des Unternehmens, jetzt ist es eine Schwäche. Zweifellos versucht das Apple-Management weiterhin, die herausfordernde, innovative Kultur beizubehalten. Aber wenn einem der Chef nicht mehr im Nacken sitzt, ist das halt etwas anderes.»
Der Sündenfall
Überaus kritisch äussert sich Anil Dash. In seinem Blog kritisiert der Technologieexperte, dass Apple die Interessen des Konzerns über diejenigen der Nutzer gestellt habe. Das Unternehmen habe «die Plattformdominanz ausgenutzt, um die eigene Applikation gegenüber einem Konkurrenzprodukt zu bevorteilen, selbst wenn Apple Maps für die User eine schlechte Erfahrung darstellt».
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