Im Reich des Auerhahns
Wo das Auerhuhn lebt, da gefällt es auch dem Schneeschuhläufer: in intakten Landschaften mit lichten Wäldern, verwunschenen Mooren und sanften Weiden. Auf einer Tour zum Furggelenstock lässt sich Auerhuhns Heimat erkunden.
Der Auerhahn ist ein mächtiger Vogel. Gut 80 Zentimeter gross, braun bis schwarz gefärbt, mit charakteristischem Bart unter der Kehle und roter Färbung über den Augen stolziert er durch die Wälder. Bekannt ist der Auerhahn für sein eindrückliches Paarungsritual.
Am Abend bezieht er seinen Balzbaum, eine Fichte oder Tanne. Dann, vor Tagesanbruch, beginnt der Vogel auf den waagrechten Ästen hin- und herzulaufen, dazu schmettert er einen trillernden und schnalzenden Gesang durch den Wald. Ist auch das vollbracht, fliegt er zu Boden und treibt dort seinen Balztanz so lange fort, bis eine paarungswillige Henne sich auf ihn einlässt.
Bestand stark gefährdet
Auerhühner lieben zusammenhängende, lichte Mischwälder mit trockenen bis feuchten Böden, und sie mögen Ruhe. Solche Lebensräume sind in der Schweiz mittlerweile Mangelware.
Intensive Forstwirtschaft und Skigebiete haben die stolzen Vögel verdrängt, mit rund 500 Paaren ist der Bestand stark gefährdet. Einer dieser Auerhuhnwälder liegt zwischen Oberiberg und Ibergeregg, bei den sagenumwobenen Mythen und in der Nähe des Muotatals, bekannt für seine kauzigen Wetterfrösche.
Auf 33 Quadratkilometern breiten sich hier Moore, Bergföhren- und Tannenwälder sowie Alpweiden aus. Klar, steht solch eine Urlandschaft unter Schutz.
Schneeschuhläufer heisst man trotzdem willkommen: Auf bestens markierten Pfaden darf Auerhahns Wohnstube durchwandert und vom höchsten Punkt aus, dem 1650 Meter hohen Furggelenstock, überblickt werden. Die Einladung nehmen wir gerne an – und staunen erst einmal.
Am Ausgangspunkt der Tour finden wir uns statt in einsamer Wildnislandschaft in einem bunten Gewusel aus Skifahrern, Snowboardern und Schlittlern wieder. An Auerhahns Heimat grenzt das Skigebiet Hoch-Ybrig, wir stehen etwas verloren auf dem Parkplatz des Sessellifts Lauchern.
Lange bleibt uns der Skizirkus nicht erhalten. Beim nahen Campingplatz heisst es die Schneeschuhe anschnallen, die kleine Brücke über die Minster bringt uns ins Reich der Bäume und Moore. Doch halt! Ein Blick zurück auf die Zivilisation muss sein.
Die Minster ist einer der Bergbäche, welche den Sihlsee mit Wasser speist. Dieser ist der grösste Stausee der Schweiz, eine 33 Meter hohe Mauer hält das Wasser zurück. Bricht sie, sind binnen zweier Stunden weite Teile Zürichs geflutet. Der Abfluss des Sees, die Sihl, mündet auf Stadtgebiet in die Limmat. Wasser ist heute kein Thema, zu vieles schon gar nicht.
Die Sonne lacht vom blauen Himmel, als wir der Heikenhütte entgegenstapfen, dem ersten Etappenziel auf dem Weg zum Furggelen-stock. Zu Beginn ist die Landschaft unspektakulär, von der Aussicht ist nicht viel zu sehen. Doch nach der Alp ändern die Dinge. Das Land wird weit und sanft kupiert, der mit Mooren und Weiden durchsetzte Nadelwald erinnert an nordische Gefilde. Hier also fühlt sich der Auerhahn wohl; von uns können wir dasselbe behaupten.
Symbol der Urschweiz
Je höher wir steigen, desto herausfordernder wird die Tour, anstelle der Weiden und Moore treten Rippen, Grate, Senken und Tälchen. Auf der Furggelen, dem Passübergang ins Alpthal, ist Pausenzeit.
Das muss so sein, viel zu schön ist der Platz, als dass man geradewegs weitergeht auf den Gipfel. Vor der im Winter geschlossenen Alphütte stehen Tische und Bänke bereit, von gegenüber leisten der Kleine und der Grosse Mythen Gesellschaft.
Die klobigen Pyramiden sind Symbol der Urschweiz schlechthin, sie zieren gar das grosse Wandgemälde im Nationalratssaal. «Unser» Berg, der Furggelenstock, nimmt sich dagegen bescheiden aus. Aber so ganz ohne ist auch er nicht, der steile Aufstieg über die schmale Rippe bringt uns ordentlich ins Keuchen. Umso mehr geniesst man den Ausblick, ist man durchgeschwitzt oben.
Die ganze Zentralschweiz breitet sich aus, eine Panoramatafel versieht die vielen Berge mit Namen. Unser nächster heisst Brünnelistock, im kurzweiligen Auf und Ab erreichen wir den höchsten Punkt des Skigebiets Ibergeregg.
Vorbei ist es nun mit Ruhe und Beschaulichkeit, den Pistenrand entlang gehts zur Talstation des untersten Skilifts. Danach ist die Heimat des Auerhahns zurück, auf dem Alten Schwyzerweg nähern wir uns dem Ausgangsort der Tour.
Der Weg war im Mittelalter Zugang der Schwyzer zu den Alpen und Ländereien um Oberiberg, die sie dem Kloster Einsiedeln abgetrotzt hatten.
Alles Protestieren und Exkommunizieren der Geistlichen brachte nichts, die Schwyzer blieben stur und behielten das Gebiet. Die knorrigen Baumgesellen, die uns auf diesem letzten Abschnitt begleiten, mögen Sinnbild sein für die einstige Starrköpfigkeit.
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