Lukrativer Handel mit Autowracks
Hat ein Auto hierzulande einen Totalschaden, ist es immer noch etwas wert: Die Mobiliar versteigert über eine Internetplattform pro Jahr 16'000 Unfallfahrzeuge.

Auf einem grossen Parkplatz in Studen im Berner Seeland warten die Autos auf ihre neuen Besitzer. Längst nicht alle sehen aus, wie man sich einen Totalschaden vorstellt. Einige der Autos sind auf den ersten Blick bloss leicht beschädigt.
Doch die Schweizerinnen und Schweizer sind gut versichert – und Reparaturen sind hierzulande wegen des hohen Lohnniveaus teuer. «Oft sind es keine zerquetschten Autos, sondern es handelt sich um einen sogenannten kaufmännischen Totalschaden», sagt Rico Zwahlen, der Leiter der Xpertcenter AG, einer Tochterfirma der Mobiliar. Das heisst, die Reparatur wäre teurer, als der Entschädigungswert des Autos beträgt. In diesen Fällen erhalten die Versicherten das Geld ausbezahlt – und die Mobiliar wird Besitzerin des beschädigten Autos.
Auch kaputte Autos von Post und SBB
Als Nummer drei im Schweizer Autoversicherungsmarkt (nach AXA und Zurich) kommen bei der Mobiliar jährlich 7500 Unfallautos zusammen. Und diese Autos sind nicht unbedingt wertlos. Um aus ihnen noch möglichst viel Ertrag herauszuholen, betreibt die Mobiliar die Auktionsplattform www.swisscrashcars.ch. Dort versteigert sie auch etwa 8500 beschädigte Fahrzeuge von Dritten. Unter anderem jene aus den Firmenflotten der Post und der SBB.
Doch nicht jedermann darf auf der Plattform mitbieten: Teilnehmen können nur Firmen mit Eintrag im Handelsregister. Insgesamt sind 650 Bieter auf der Plattform registriert – aus der Schweiz, aus Deutschland, Polen, Tschechien, der Slowakei, Ungarn und Bulgarien.
Die Bieter müssen abschätzen können, wofür sich das Autowrack noch verwenden lässt.
Wenn das Auto eines Versicherten in einer Werkstatt angeliefert wird, begutachtet es ein Mobiliar-Experte vor Ort oder mittels einer Software, die seinen Computer mit der Smartphone-Kamera des Garagisten verbindet. Wird das Auto als Totalschaden eingestuft, werden die Bilder des Experten gleich verwendet, um das Unfallauto auf der Auktionsplattform anzupreisen.
«Je genauer wir den Zustand der Autos beschreiben, desto höher fallen die Gebote aus», sagt Xpertcenter-Leiter Rico Zwahlen. Denn die Bieter müssten vor dem Kauf abschätzen können, wofür sich das Autowrack noch verwenden lässt. Die weniger beschädigten Wagen werden laut Zwahlen oft im Inland verkauft, repariert und als Occasionsautos wieder auf den Markt gebracht. Die Auktionsplattform erzielt 80 Prozent ihres Umsatzes in der Schweiz.
Im Osten begehrte Ersatzteile
Die schwerer beschädigten Autos werden von Garagen und Autohändlern gekauft, um sie auszuweiden. Manch ein Unfallauto verfügt über viele intakte Komponenten, die als Ersatzteile verwendet oder weiterverkauft werden können. In solchen Fällen schlagen die osteuropäischen Bieter besonders oft zu. Weil die Arbeit im Ausland günstiger sei, lohne sich das Auseinandernehmen der Autos dort mehr als in der Schweiz, sagt Zwahlen.
Auch andere grosse Versicherer versteigern ihre Unfallautos. Die Axa verfügt über eine eigene Internet-Auktionsplattform, die Zurich betreibt zusammen mit den Basler Versicherungen, Generali und Vaudoise die Website Restwertbörse. Auf beiden Plattformen sind im Gegensatz zu den Auktionen der Mobiliar nur Schweizer Unternehmer als Bieter zugelassen.
Im Schnitt gibts 3400 Franken
Für die Versicherer sind die Auktionsplattformen ein gutes Geschäft. Mit den Einnahmen können sie die Schadensummen senken. Die Mobiliar verkauft ein Unfallauto im Schnitt für 3400 Franken. Letztes Jahr hat die Versicherung so insgesamt 22 Millionen Franken eingenommen. Mit den Unfallautos, die sie für Dritte verkauft, erzielte die Mobiliar weitere 33 Millionen Umsatz.
Die Internet-Auktionen finden jeden Tag statt, doch für einen bulgarischen Käufer rechnet sich die Abholung für ein einziges Autowrack nicht. So werden die Wagen für ausländische Bieter auf dem besagten Parkplatz in Studen zwischengelagert, bis sie ihre Reise in den Osten antreten.
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