Lügen, um zu leben
Die Tragikomödie «Es war einmal in Deutschland . . .» mit Moritz Bleibtreu erzählt, wie sich ein paar Juden im Nachkriegsdeutschland mit Gaunereien über Wasser halten. Ein fast zu nettes Schelmenstück.
«Dies ist eine wahre Geschichte. Und was nicht ganz wahr ist, stimmt trotzdem.» Die Texttafel zu Beginn des Films weist auf den saloppen Umgang mit Aussagen und Fakten in «Es war einmal in Deutschland . . .» hin. Auch die Hauptfigur David Bermann (Moritz Bleibtreu), ein KZ-Überlebender, weiss: Ohne Lügen wäre das Leben nicht zu ertragen. In seinem Fall wortwörtlich.
Krumme Geschäfte
Die Geschichte von «Es war einmal in Deutschland . . .» spielt im Jahr 1946 in Frankfurt unter Juden. David Bermann schart eine bunte Truppe um sich und betreibt mit dieser ein halbseidenes Hausierergeschäft. Die Männer bieten deutschen Familien überteuerte Wäsche an und überreden diese mit zusammengeflunkerten Geschichten zum Kauf, etwa über erfundene gemeinsame Bekannte. Gleichzeitig steht Bermann aber im Verdacht, während der Kriegszeit als Kollaborateur der Nazis aktiv gewesen zu sein.
Autobiografisch angehaucht
«Es war einmal in Deutschland . . .» ist die Verfilmung der semiautobiografischen Romane von Michel Bergmann, «Die Teilacher» und «Machloikes», für die sich der Autor vom Werdegang seines Vaters inspirieren liess. Zuständig für Adaptation und Regie war dabei der in München aufgewachsene Sam Garbarski («Vijay and I»).
Im Gegensatz zum schweren, dramatischen Ton der meisten Nacherzählungen der Schicksale von KZ-Überlebenden – von Wolfgang Staudtes «Die Mörder sind unter uns» (1946) bis zu Christian Petzolds «Phoenix» (2014) – wird hier der lockere Ton einer Komödie angeschlagen.
Die gewählte Form des Humors ist dezidiert jüdisch: Eine Form, die sich eher philosophisch gibt als lustig – das sagt Garbarski selbst – und die mehr mit anekdotischen Erzählungen, Galgenhumor und ironischen Lebensweisheiten zu tun hat als mit billigen Gags und Pointen. Wobei die Frage des Humors dann auch konkret in die Geschichte hineingetragen wird: Bermann hat seine Haut vor den Nazis retten können, weil er ein guter Erzähler von Witzen war, die bei ranghohen deutschen Offizieren gut ankamen. Sagt er zumindest.
Leicht oder schwer
Witz und Tragik, Wahrheit und Lüge: Nicht immer jongliert «Es war einmal in Deutschland . . .» geschickt mit diesen Gegensätzen, und nicht immer merkt man dem Ergebnis an, ob es jetzt leicht oder schwer sein will. Aber die als Filmkulissen durchschaubaren Sets, die diversen Anleihen beim Gangsterfilm und beim Italowestern, ja sogar der Titel sollten es eigentlich klarmachen: Das hier ist kein Film über ein Trauma, sondern ein Märchen.
Der Film «Es war einmal in Deutschland . . .» läuft ab Donnerstag in den Kinos.
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