Loverboy zwingt Mädchen zu Sex mit Fremden
Junge Mädchen in der Schweiz werden immer öfter Opfer der Loverboy-Masche.

Zuerst überschüttet der vermeintlich nette Typ die junge Frau mit Geschenken, macht ihr Komplimente, umgarnt sie. Dann verliebt sie sich – und die Falle schnappt zu: Der Freund wird brutal, er misshandelt und nützt die Frau aus, macht sie komplett abhängig. Am Ende wird er sogar zum Zuhälter, und sie muss sich prostituieren.
«Loverboy» nennt die Fachstelle gegen sexuelle Ausbeutung Act 212 solche Männer, die nach instabilen Opfern mit einem tiefen Selbstwertgefühl suchen. Wie viele Frauen in der Schweiz von der Masche betroffen sind, ist zwar nicht bekannt. Die Zahl der Fälle steige aber, zitiert die «NZZ am Sonntag» Act 212. Auch der Fachstelle Frauenhandel und Frauenmigration (FIZ) ist die Loverboy-Taktik bekannt. Sie bezeichnete sie schon als «typische Methode zur Täuschung von jungen Frauen».
Die «NZZ am Sonntag» schildert einen konkreten Fall einer jungen Schweizerin. Ihren Anfang nimmt die Geschichte vor einem Jahr, als Melanie* ihren späteren Peiniger kennen lernt. Sie verliebt sich – zum ersten Mal. Er ist nett, bezirzt sie und zeigt sich verständnisvoll.
Doch die Beziehung wird schnell grob. Er würgt sie beim Sex, bis sie ohnmächtig wird, und schlägt ihr Hinterteil, bis es wund ist. Laut Act 212 ist das Ziel eines Loverboys, das Opfer gefügig zu machen, es von der Familie zu isolieren und Macht auszuüben. Die Gangart wird schnell rauer, die Kennenlernphase ist schnell vorbei, und der sexuelle Kontakt wird zu einem wichtigen Bindungsglied.
«Du liebst mich doch. Oder nicht?»
Auch Melanie ist eines dieser Opfer. Bald gibt sich ihr Peiniger nicht mehr zufrieden mit dem groben Sex. Er fordert mehr und mehr. Er gibt ihr Befehle: «Geh jetzt, geh und machs dir selbst», schreibt er ihr und will, dass sie sich auf dem WC ihrer Schule selbst befriedigt. Sie geht.
Im Sommer 2017 fordert der Loverboy Melanie auf, sich mit anderen Männern zu treffen. Als Beweis soll sie ihm ein Video vom Akt schicken. «Warum soll ich das tun?», fragt Melanie. Das sei normal, antwortet ihr Freund. «Das machen alle. Du liebst mich doch. Oder nicht?»
«Warum triffst du die Typen nicht?»
Mindestens dreimal nimmt Melanie für ihren Freund ein Video von sexuellen Handlungen mit fremden Männern auf. Online legt sie sich ein Profil an und lädt explizite Nacktbilder hoch. Ihr Freund sucht ihr die Männer aus, fordert immer mehr Treffen mit immer kürzeren Abständen. Sie sucht Ausreden. Er antwortet: «Warum triffst du die Typen nicht? Du liebst mich nicht!»
Ende Juli 2017 erfährt Melanie, dass ihr Loverboy dasselbe auch mit anderen jungen Frauen tut, dass er diverse Videos auf seinem Handy gespeichert hat. Sie geht zu ihrer Mutter und bricht in Tränen aus.
Melanie zeigt den Loverboy trotz allem nicht an. Rechtsberater raten ihr davon ab: Es stehe Aussage gegen Aussage, Melanie könne sich durch das Verschicken der Videos selbst strafbar gemacht haben, und sie sei innerlich zerrissen. Sie braucht Wochen, um den Kontakt ganz abzubrechen.
Geld ist in ihrem Fall nie geflossen. Die Fachstelle Act 212 sagt aber: Wäre es so weitergegangen, hätte der Loverboy die Männer irgendwann für Sex mit Melanie bezahlen lassen. Es sei wichtig, dass das Thema in der Gesellschaft diskutiert wird. In Deutschland und den Niederlanden sei die Loverboy-Masche schon längst bekannt. In der Schweiz rede man hingegen nicht darüber.
*Name geändert
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