Links-grüne Euphorie auf dem Lande – SVP als grosse Verliererin
Die Grünen gewinnen jetzt auch ausserhalb der Städte. Die SVP taucht überall. Rückt die Schweiz bei den Wahlen im Herbst nach links?
In Buckten, Rümlingen, Häfelfingen ja selbst in Rünenberg, dem Wohnort von SVP-Nationalrat Thomas de Courten – in all den Oberbaselbieter Gemeinden, die im Normalfall so bürgerlich wählen, wie ihre knarzigen Namen andeuten, ist die Sache mehr als klar. SP schlägt SVP, Frau schlägt Mann, Landrätin schlägt Nationalrat.

Vier Jahre lang war die SP nicht mehr in der Baselbieter Regierung vertreten, nun ist die Partei zurück. Und wie! Es ist ein überdeutliches Resultat. SP-Kandidatin Kathrin Schweizer lässt nicht nur Herausforderer Thomas de Courten weit hinter sich, sondern überholt auch die beiden Bisherigen Monica Gschwind (FDP) und Thomas Weber (SVP). Mehr Stimmen als Schweizer machen nur Anton Lauber von der CVP und der Grüne Isaac Reber, der seinen Wahlkampf ohne ein einziges Wahlplakat bestritt – und trotzdem das zweitbeste Resultat erzielt.
Diverser, sozialer
«Die Baselbieter Regierung wird durch meine Wahl diverser. Ich freue mich, dass die soziale Stimme nun wieder vertreten ist», sagt Schweizer nach ihrer Wahl. Die SVP ortet die Gründe für ihre Niederlage in der Frauenfrage. Viele, die den politischen Betrieb nicht so genau kennen, hätten lieber eine Frau als einen Mann gewählt, sagt der kantonale SVP-Präsident Oskar Kämpfer. «Die Gender-Thematik hat uns nicht geholfen. Es wäre einfacher gewesen, wenn Thomas de Courten eine Frau wäre.»

In Liestal erntet Kämpfer für diese Argumentation einige Kopfschüttler. Aber es ist auch kein einfacher Tag für den SVP-Präsidenten. Nicht nur hat sein Kandidat für den Regierungsrat keine Chance, auch bei den Wahlen in den Landrat ist es die SVP, die am meisten rückwärts macht.
Aus der «grünen Welle», die vor einer Woche über den Zürcher Kantonsratswahlen zusammenbrach, ist im Baselbiet eine rot-grüne Welle geworden. Im kantonalen Parlament überholen die Sozialdemokraten mit einem zusätzlichen Mandat die SVP (minus 7) und werden damit wählerstärkste Partei des Kantons. Die restlichen verlorenen Sitze der SVP wandern allesamt zu den Grünen, die neu auf 14 Sitze im 90-köpfigen Landrat kommen.
Gleiches Bild in Luzern
Auch in Luzern, wo ebenfalls die kantonalen Gesamterneuerungswahlen stattfanden, sind es die Bürgerlichen, die jammern müssen, und die Öko-Parteien, die einen erfreulicheren Sonntag verbringen. Und wie im Baselbiet ist auch in Luzern die SVP die grosse Verliererin des Tages. Sie büsst sieben Mandate im Kantonsrat ein und muss zudem um ihren Regierungssitz bangen. Der bisherige Regierungsrat Paul Winiker muss überraschend in einen zweiten Wahlgang. Die Wahl direkt schaffen die Bisherigen Guido Graf und Reto Wyss von der CVP mit Spitzenresultaten und ausserdem Fabian Peter von der FDP, der den Sitz des zurückgetretenen Robert Küng verteidigt.

Hinter den drei direkt Gewählten sind es wieder die Grünen, die einen überraschenden Erfolg verzeichnen. Korintha Bärtsch schafft es auf Anhieb auf Rang fünf – vor Jörg Meyer von der SP und dem parteilosen Bisherigen Marcel Schwerzmann. Der bürgerlich verortete Schwerzmann ist der Vater der Luzerner Tiefsteuerpolitik – sein schlechtes Resultat lässt sich auch als Quittung auf diese Steuerpolitik lesen, die nicht überall goutiert wurde. Der zweite Wahlgang in die Regierung findet am 19. Mai statt, wer von den verbliebenen Kandidatinnen und Kandidaten noch einmal antritt, ist noch nicht entschieden.
Im Luzerner Kantonsrat das gleiche Bild. Die Grünen machen sieben Sitze vorwärts, die Jungen Grünen einen Sitz, die SP und die GLP drei Sitze. Das geht alles auf Kosten der bürgerlichen Parteien. Die CVP bleibt in ihren Stammlanden zwar stärkste Partei, beklagt aber den Verlust von vier Sitzen. Die SVP verliert wie erwähnt sieben Sitze, die FDP drei.

In dieser Deutlichkeit konnte das Wahlresultat von Liestal und Luzern nicht erwartet werden. Der Trend der Wahlen in Zürich bestätigt sich nicht nur, er hat sich sogar noch verstärkt. Die Grünen gewinnen nicht nur in den Städten, sie gewinnen jetzt auch auf dem Land. Die SVP verliert nicht nur in den Städten, sie verliert überall. Gleichzeitig bleibt die SP erstaunlich stabil und kann sogar noch zulegen. Grün gewinnt, links gewinnt.
SP hofft auf Signalwirkung
Vier Jahre nach den letzten Gesamterneuerungswahlen, als das Land nach rechts rückte, deuten alle Zeichen darauf hin, dass die Schweizerinnen und Schweizer eine Korrektur im Sinn haben. «Wir hoffen auf die Signalwirkung der drei kantonalen Wahlen», sagt SP-Präsident Christian Levrat. Regula Rytz, Präsidentin der Grünen, twittert ganz euphorisch die kantonalen kumulierten Sitzgewinne ihrer Partei seit 2015 (plus 41). Von der nationalen SVP ist nach diesem Sonntag nichts zu hören.
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