Jetzt wird geklotzt
Für die einen sind sie Ungeheuer, die man nach einer Fussverletzung tragen muss, für andere «die mit den fünf Streifen»: Künzli-Schuhe gibt es seit neunzig Jahren. Besuch in der Fabrik – und ein wenig Firmengeschichte.
Sie sind beide Aargauer: DJ Bobo, der erfolgreichste Schweizer Musiker überhaupt, und dieser blaue, lederne Sneaker mit Klötzli-Deko und «Mysterial»-Logo, goldene Flügelchen, die DJ Bobos Tour untermalen. Star und Schuh kommen aus dem gleichen Kanton, und das ist kein Zufall.
Barbara Artmann, Inhaberin und Geschäftsführerin, schaut auf den Bobo-Sneaker, der vor ihr auf dem Sitzungstisch liegt. Fast hat man den Eindruck, sie möchte ihn streicheln. Schön ist er schon, DJ Bobo trägt ihn mittlerweile zum Smoking.
Künzli feiert dieses Jahr das 90-Jahr-Jubiläum. Zu Beginn stellte das Unternehmen Skischuhe her, in Trimbach bei Olten. 1938 ging die Firma ein erstes Mal pleite, und so zügelte Werner Künzli seine Fabrik nach Brugg und machte fortan Schlittschuhe. Und später Sportschuhe mit einer speziellen Schnürung.
Die Firma zog nach Windisch, wo sie heute noch steht und wo vor allem medizinische Sprunggelenkschuhe hergestellt werden. Diese sollen bei einer Fussverletzung die Genesung vorantreiben, «medizinische Hilfsmittel» nennt sie Barbara Artmann. Ein Fünftel aller Künzli-Schuhe sind aber Freizeitschuhe. Sneakers, die an die alten Sportklassiker erinnern.
Wie der Schuh von DJ Bobo, dessen Crew mit Künzli auf die Bühne geht: Der Sneaker fühlt sich weich und geschmeidig an, er ist mit Leder gefüttert. Tatsächlich möchte man ihn streicheln.
Das Herzblut ist schon da
DJ Bobos Sneaker wird, bis auf das Zusammennähen der Lederteile in Osteuropa, komplett in der Schweiz hergestellt. Damit hebt sich Künzli von anderen, erstaunlich zahlreichen Schuhfabrikanten in der Schweiz ab. «Mit Herzbluet produziert i de Schwiiz» lautet der etwas lasche Werbespruch, der sich aber in der Fabrik dann irgendwie rechtfertigt: Die Produktion eines einzelnen Schuhs dauert ungefähr einen halben Tag (das Filmlein darüber auf der Website von Künzli dauert ein paar Minuten), brennt sich aber nachhaltig ins Gedächtnis, hat man erst einmal gesehen, wie aus zusammengenähten Lederstücken ein Bijou von Sneaker entsteht.
Wie eine Sohle geklebt und genagelt wird, dass auch Kork im Schuh verpackt wird, wie geleimt und abgeschliffen wird. Oder anders: Ein Schuh wird Herzensangelegenheit, dort, zwischen Lederballen und schweren Maschinen.
Jetzt ist es ein Klötzli-Band
Im oberen Stock stehen ein Computer und eine Schneidmaschine, die dessen Befehle ausführt, und just an diesem Tag liegen Schnipsel eines DJ-Bobo-Schuhs neben der Nähmaschine, wo Probe genäht wird.
Dort hängt auch ein Plakat, auf das die Teile für einen der Gesundheitsschuhe aufgeklebt wurden: Es sind «1 Schaft und 48 Einzelteile». Komplizierte Sache. Auch im unteren Stock: Arbeitet man an der Schleifmaschine nicht genau, ist alles verloren.
Klotzen mit Gold und Silber, lustigen Bobo-Motiven oder den Künzli-Klötzli hilft dann nichts mehr. Apropos: Dass aus den fünf Streifen fünf Quadrate geworden sind, geht auf den Rechtsstreit mit K-Swiss zurück, einem Unternehmen, das vor fast fünfzig Jahren in den USA begann, Künzli-Schuhe zu importieren und zu vertreiben. Und dann selbst Schuhe mit fünf Streifen herstellte und diese auch noch als Marke anmeldete – das Künzli-Patent war abgelaufen.
2012, nach sieben Jahren rechtlicher Auseinandersetzungen, stattete Künzli seine Schuhe mit einem Klötzli-Band statt Streifen aus und befreite sich damit von allen Markenstreitigkeiten. Es gibt noch zwei Modelle mit Streifen. «Sie werden eher selten gekauft», sagt Barbara Artmann.
Künzli hat immer wieder mal Existenzängste, vor allem seit dem Streit mit K-Swiss. Geld für grosse Kampagnen fehlt. Lieber bestückt man Leute wie DJ Bobo – oder auch Schauspieler Stefan Gubser – mit eigenen Künzli. Mit denen kann man so gut klotzen.
Sneakerssind über den Webshop, im Fabrikladen oder in einigen Fachgeschäften erhältlich. www.kuenzli-schuhe.ch.
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