Riviera dei Fiori: Nicht nur Blumen
Im Herbst ist es in Ligurien besonders schön: In den Badeorten lassen sich noch der Strand und die Blumenwelt geniessen, und auf den Anhöhen sind die Trauben- und die Olivenernte zu erleben.

Ligurien ist hier zu Lande am ehesten bekannt durch seine Riviera dei Fiori, den Blumengarten Italiens. Die agronomischen Schätze sind noch weniger berühmt; guter Grund, Öl und Wein aus dem westlichen Zipfel nachzuspüren. Als Ausgangspunkt empfiehlt sich San Remo; wenn nicht gerade das Schlagerfestival (jeweils im Frühjahr) stattfindet, liegt die mitten im Blumenzentrum gelegene Stadt nämlich in einem charmanten Dornröschenschlaf. Pittoreske Altstadt, imposante Markthalle, schneller gastronomischer Abstecher nach Arma di Taggia oder Bordighera – das sind gute Argumente.
Wers doch lieber etwas gemächlicher mag, begibt sich vielleicht grad schon ins mittelalterliche Künstlerstädtchen Dolceaqua; Rebberge und Olivenhaine führen einen nämlich eh ins Tal der Nérvia. Oder man quartiert sich eine Etage höher direkt bei einem Produzenten ein; inzwischen gibt es nämlich auch bei Öl- und Weinbauern eine ganze Anzahl von Agriturismo-Unterkünften (siehe Kasten). Hier oben, im hügeligen Hinterland zwischen Seealpen und Riviera, kann man den traditionellen Terrassenanbau und die handwerkliche Verarbeitung noch hautnah mitverfolgen.
Bei den Oliven wird die robuste, kleinfruchtige Sorte Taggiasca angepflanzt; deren Erzeugnisse werden mit der Ursprungsbezeichnung Riviera dei Fiori geschützt.
Zwei authentische Beispiele für den Besuch einer Ölpresse sind die Frantoio Roi im Valle Argentina und die Frantoio Dinoabbo im Valle Oneglia. Gleich beim Eintreten werden die Sinne betört – durch den würzig-süsslichen Fruchtduft und das eindringliche, fast archaische Geräusch der 600 Kilo schweren Mahlsteine. Das schieferähnliche Gestein ist genau so hart, dass die Früchte ausgedrückt, die Kerne aber nicht gequetscht werden (was unerwünschte Bitterstoffe freisetzt).
Normales Öl, schlechtes Öl
Für den rund einstündigen Mahlgang braucht es etwa ein Dutzend Kistchen zu 50 Kilo Oliven; je nach «Cru» mag es mehr oder weniger unreife Früchte leiden, nur die schlechten müssen aussortiert werden. Bevor die auf Matten ausgelegte Pulpe stapelweise ohne jegliche Erhitzung sanft gepresst wird, wird das «Tropföl» aufgefangen, das allein durch das Eigengewicht der Oliven heraussickert. Da auf 100 Kilo ganze 8 Liter anfallen, ist das bei Kennern buchstäblich der begehrteste Tropfen. Aber auch die ganze übrige Produktion verdient noch das höchste Prädikat «Jungfernöl» – extra vergine. Frisch gekostet schmeckt es ja noch ungewohnt bitter – «es muss sich eben erst noch vom Fruchtwasser trennen, wie Roi-Müller Giuseppe Boeri erklärt. Bei allem Kult, der im Zusammenhang mit dem Gesundheitstrend um Spitzenöle zusehends betrieben wird, hat er eine erfreulich unprätentiöse Einstellung bewahrt: «Eigentlich gibt es nur normales und schlechtes Olivenöl; ich kann ja nichts mehr tun, als die Früchte sauber pressen.»
Qualität ist sinnlich spürbar
Immerhin wird das Taggiasca-Öl in der Gastronomie international hoch geschätzt, weil es als elegant und zart, aber gleichwohl sehr duftig gilt. Das hat auch seinen Preis: selbst beim Hersteller kostet ein «Premier cru» bis zu 70 Franken pro Halbliter. Für eine hohe Qualität der regionalen Provenienzen ist hier auch eine offizielle Stelle bemüht: die Organizzazione nazionale assagiatori olio di oliva (ONAOO) betreibt in der Ölmühle Giromela hinter Imperia eine kleine «Öluniversität», wo auf Voranmeldung auch Degustationen abgehalten werden. Hier erkennt man selbst als Laie, dass ein erstklassiges Produkt weit mehr als der chemischen Analyse genügen muss (unter 0,5 Prozent Ölsäure) – nämlich auch den Sinnen: die Nase spürt, ob das Öl sauber fruchtig riecht oder fehlerhaft ranzig; die Zunge prüft, ob es scharf und zuweilen bitter schmeckt, comme il faut, oder nur dumpf und schal; das Auge erkennt, ob das Öl aus reifen Früchten (stroh- bis goldfarben), unreifen (grün) oder überreifen (blass) gepresst wurde.
Beim Wein fällt einem die Probe vermeintlich einfacher (oder macht jedenfalls mehr Spass) – jeder versierte Italienbesucher fühlt sich ja schnell man als kleiner Kenner. Cosa pensi! Wahre Kenner mögen einen Vermentino zwar schon in andern Gegenden kredenzt haben, doch der Pigato ist wohl immer eine Entdeckung – zwei Weissweine für unterschiedliche Speisen (einmal delikater, einmal herber), die auch höheren Ansprüchen zu genügen vermögen. Das temperierte Mikroklima und die limitierte Produktion gewährleisten eine hohe Qualität.
Wine & Dine
Fast unbekannt ennet der Alpen ist auch der rote Rossese; damit verhält es sich allerdings wie mit einem Veltliner: richtig munden tut er wohl nur vor Ort, in Verbindung mit der charaktervollen regionalen Küche. Die richtet jedenfalls fern von Pizza und Spaghetti an; hier wird der reiche Kräutergarten genutzt (etwa für Ravioli und Torte) wie auch die Fänge des Meeres (als Spezialität wird Stoccafisso, getrockneter Kabeljau, auf Schritt und Tritt angeboten).
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