Edle Wässerchen
Jetzt gibts Experten fürs richtige Mineral zum Essen. Gut so – aber bitte das Geniessen nicht vergessen!

Darauf ein Glas Château Evian! Jüngst durften die ersten Schweizer Wassersommeliers ihr Diplom entgegennehmen. Nun gibt es in der hiesigen Gastronomie also drei Frauen und fünf Männer, die in den besseren Restaurants der deutschen Schweiz und in Graubünden das passende H2O zu jedem Gang kredenzen.
Bevor jetzt gespottet wird: Nonsens ist diese Ausbildung keineswegs. Die Unterschiede zwischen kalziumbetontem Contrex aus Frankreich und neutralem Vöslauer aus Österreich sind grösser, als man denkt. Will heissen: Henniez muss nicht unbedingt zum Gulasch passen. Es wäre zu begrüssen, wenn auch herkömmliche Sommelières oder Sommeliers – meist strikt auf Wein spezialisiert– wüssten, welches Wasser wozu passt.
Doch wie oft ist die Auswahl in der gehobenen Gastronomie auf San Pellegrino beschränkt («Mit? Ohne?»). Weil dort immer noch geglaubt wird, dass man es nur so in die «50 Best»-Liste schafft, bekanntlich vom Nestlé-Blööterliwasser gesponsert. Und: Wie oft kennt einer sämtliche 13 Traubensorten für Châteauneuf-du-Pape, ist aber überfragt, wenn ich nach Cüpli und zwei Glas Weisswein zum Hauptgang lieber etwas anderes als Rebensaft trinken möchte... Liebe Weinschenke, nennt mir doch ein passendes Bier! Erweitert euren Horizont!
Es ist schön, wenn man Wasser wertschätzt. Bloss wollen wir angesichts der neuen Wassersommeliers jetzt nicht euphorisch werden. Wieso ist niemand aus der Romandie oder dem Tessin unter den Diplomierten? Es mag ein Klischee sein, aber vielleicht versteht man in den lateinischen Sprachregionen tatsächlich mehr über Genuss als bei uns. Wie genussfeindlich sind wir doch geworden, wenn wir im gehobenen Restaurant am liebsten nur grünen Salat und Fisch bestellen? Pochiert und bloss nicht in Butter gebraten – Sie wissen schon, wegen der Linie. Die Dessertkarte mögen wir erst gar nicht mal mehr ansehen.
Zugegeben, Wasser ist nicht gleich Wasser. Aber echtes Geniessen – vielleicht sogar ein bisschen dionysisch und überbordend – ist halt auch nicht das Gleiche wie Geniessen mit angezogener Handbremse. Darauf noch einen Klaren!
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