Lausanne verliert alleinige Führung des Human Brain Project
Zahlreiche Forscher kritisierten letztes Jahr das Human Brain Project in einem offenen Brief. Besonders der Ausschluss der kognitiven Neurowissenschaften wurde kritisiert. Nun hat die EU reagiert.

Zwei Jahre nach dem Jubel über die Fördergelder der EU kommt es beim Human Brain Project der ETH Lausanne (EPFL) zu einer Umstrukturierung. Die EPFL ist künftig nur noch eine von mehreren Forschungsstellen. Die EPFL werde Mutter des Projekts bleiben, sagte Patrick Aebischer, Direktor der ETH Lausanne, in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit der Westschweizer Zeitung «Le Temps». Es stünden nun gewisse Umstrukturierungen an, aber das werde dem Projekt helfen.
Im vergangenen Jahr hatte die Führung des Human Brain Project (HBP) die kognitiven Neurowissenschaften aus dem Kernprojekt ausgelagert. Dies wurde von Hunderten Hirnforschern in einem offenen Brief an die EU-Kommission massiv kritisiert.
Drei Verbesserungen
Die EU-Kommission setzte im September den deutschen Forscher Wolfgang Marquardt als Mediator ein. Nun richtet sich das HBP neu aus, um die Empfehlungen einer Konferenz von 19 unabhängigen Experten in Brüssel umzusetzen. Konkret sind im Bericht drei Punkte aufgeführt:
- Das Projekt muss eine Infrastruktur von Informations- und Kommunikationstechnologien von Weltrang aufbauen. Nur so kann gewährleistet werden, dass eine grosse Anzahl von Nutzern auf die Plattformen kommt und bei der Weiterentwicklung ebendieser hilft.
- Eine bessere Koordination und vermehrter Austausch zwischen Forschungszweigen und Datensammlungen. Insbesondere gelte dies für den Bereich kognitive Neurowissenschaften.
- Die Organisationsstruktur des Projekts muss verbessert werden; ebenso die Kommunikation innerhalb der wissenschaftlichen Community und gegenüber der Öffentlichkeit.
Die Empfehlungen gab Thierry van der Pyl, zuständig für die Digital Agenda for Europe in der Europäischen Kommission, in seinem Blog bekannt. Zwar erscheint der definitive und ausführliche Bericht der Expertenrunde erst Ende März, doch ein Echo gibt es bereits. Alexandre Pouget, Professor für Neurowissenschaften an der Universität Genf, zeigt sich bezüglich der Wiedereingliederung der kognitiven Neurowissenschaften erfreut. Gegenüber «Le Temps» sagt er: «Ohne diesen Forschungszweig wäre das Projekt eine totale Absurdität.»
Budget von 1,2 Milliarden Euro
Das Human Brain Project war Anfang 2013 von der EU zum Leuchtturmprojekt erkoren worden. Die EU sprach für das HBP, welches das menschliche Gehirn durch neuartige Supercomputer bis ins Detail simulieren will, eine halbe Milliarde Euro.
Ebenso viel sollen die Staaten der 135 beteiligten Forschungsanstalten sowie die Wirtschaft beisteuern. Das HBP sollte zunächst auf dem Gelände der ETH Lausanne ein eigenes Gebäude erhalten.
Um das Projekt zu beschleunigen, kündigten die Verantwortlichen im Oktober 2013 an, in den Campus Biotech im ehemaligen Gebäude der Merck Serono in Genf umzuziehen. Dort wurden 220 Arbeitsplätze eingerichtet.
SDA/kpn
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