Kuratieren Sie Ihren Koffer?
... oder packen Sie ihn bloss? Martin Ebel über ein Modewort aus dem Museum, das sich gerade inflationär verbreitet.
Herzlich willkommen zum guten Deutsch in aller Kürze. Wissen Sie, was ein Kurator macht? Ein Kurator arbeitet in einem Museum, dort stellt er für Ausstellungen die passenden Bilder zusammen und überlegt sich, wie man sie auf die Räume verteilt, damit die Besucher Anregung und Abwechslung erleben. Er ist also, prosaisch gesagt, ein Ausstellungsmacher, wie man auch von Liedermachern spricht oder Bert Brecht sich selbst als Stückeschreiber bezeichnete.
Kurator klingt aber natürlich besser, nach Latein, nach Bildung, nach geistiger Oberklasse. Latein ist es ursprünglich auch, das Verb zu curator heisst curare, für jemanden sorgen, sich kümmern, ein Kurator ist also ein Kümmerer.
Nichts gegen diese Berufsbezeichnung für Museumsfachleute. Aber der Begriff hat die Museen längst verlassen. Wo immer aus einer grösseren Menge eine Auswahl getroffen wird, nennt man diese «kuratiert». Etwa das Essensangebot von Food Trucks. Oder die gute alte Presseschau, die aus der Nachrichtenflut eine sinnvolle Auswahl trifft.
Ja, vor allem in den Medien grassiert das Kuratieren. Je weniger klassische Bildung noch gilt, desto mehr schmückt man sich mit ihren Etiketten. Selbst eine Sammlung nützlicher Internetadressen muss heute «kuratierte Links» heissen.
Laufen Sie nicht jedem sprachlichen Trend hinterher. Wenn Sie den Koffer packen und aus Ihrem Kleiderschrank die wichtigsten Teile auswählen, ist der Koffer gut gepackt – aber sicher nicht kuratiert. Denken Sie daran: Sprache ist unser Schatz, hüten und pflegen wir sie.

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