Eine Chance für das Kunstmuseum
Das Gurlitt-Vermächtnis ist eine schwierige Aufgabe für das Kunstmuseum Bern. Doch es lohnt sich aus mehreren Gründen, diese Herausforderung anzunehmen.
Wie heisst es so schön im Volksmund? Einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul. Das mag stimmen, bloss: Ein Geschenk, von dem wir wissen, dass es nicht rechtmässig erworben wurde, nehmen wir nicht an – wer will denn schon Komplize eines Diebstahls werden? Zwischen diesen beiden ethischen Positionen steht nun das Kunstmuseum Bern, das von Cornelius Gurlitt testamentarisch als alleiniger Erbe der etwa 1500 Bilder umfassenden Sammlung bedacht wurde. Dieses Vermächtnis wäre ein Grund zur Freude, befände sich unter den Werken nicht auch Raubkunst aus der Nazizeit, die von meist jüdischen Besitzern gestohlen oder erpresst wurde.
Trotz der Bedenken sollte sich die Stiftung dieser schwierigen Aufgabe annehmen. Aus drei Gründen: Erstens muss irgendjemand die Herkunft der Bilder klären, damit die rechtswidrig angeeigneten zurückgegeben und die unbedenklichen der Öffentlichkeit präsentiert werden können. Wieso soll das nicht ein seriöses Haus wie das Kunstmuseum Bern machen? Zweitens gibt es Museen, die an ähnlichen Aufgaben gewachsen sind, so das Zürcher Rietberg-Museum, das die Herkunft seiner Kunstschätze, die teilweise aus Beständen des Nationalsozialisten Eduard von der Heydt bestehen, seriös abgeklärt hat. Es verfügt heute über einen guten Ruf. Drittens kann sich das Berner Kunstmuseum auf die in dieser Angelegenheit bereits fortgeschrittene Taskforce «Schwabinger Kunstfund» stützen. Dieses deutsch-schweizerische Fundament wird den Weg ebnen.