Wie gut ist Putins Cellist?
Sergei Roldugin macht derzeit wegen der Panama Papers Schlagzeilen. Als Musiker hat er das nicht geschafft - hören Sie selbst.
3. Preis beim Prager Wettbewerb 1980. Ab 1984 Solocellist am Kirow-Theater (das mittlerweile wieder Mariinski-Theater heisst) in St. Petersburg. Professor und zeitweise Rektor am Konservatorium von St. Petersburg. Gastdirigent am Mariinski-Theater.
Kein Zweifel: Die Karriereschritte des 1951 geborenen Cellisten, Dirigenten und Putin-Freundes Sergei Roldugin sprechen eher von institutionellen als von künstlerischen Erfolgen. Sein Name dürfte ausserhalb von Russland nur den wenigsten bekannt gewesen sein, bevor er im Zusammenhang mit den Panama Papers und milliardenschweren Transaktionen in die Schlagzeilen kam. Und wenn man diese Aufnahme des ersten Satzes von Schuberts Klaviertrio Nr. 1 hört, die 2013 in Linz entstanden ist, dann ist das keine Erleuchtung.
Natürlich, die Klangqualität ist lausig (wie übrigens bei allen zugänglichen Roldugin-Aufnahmen – da hätte mal jemand vernünftige Mikrofone finanzieren sollen). So kann man schlecht beurteilen, ob nicht irgendwo ein besonderes Licht glimmt in diesem Celloton. Was man dagegen sehr gut hört (zum Beispiel bei 1'58"): Mit der sauberen Intonation hats dieses Trio nicht so sehr. Überhaupt wirkt das Zusammenspiel nicht gerade intensiv; jeder erledigt, was es zu erledigen gilt in diesem Stück, ohne gross auf die anderen zu reagieren.
Gergijews Kollege
Die anderen: Das sind der Pianist Arkadi Zenzipér, ein Sokolow-Schüler, der mit Orchestern wie der Staatskapelle Dresden aufgetreten ist und in der niedersächsischen Kleinstadt Schnackenburg eine Schubertiade gegründet hat. International bekannter als er ist der Violinist Aleksey Igudesman, der auch als Komponist seine Meriten hat und sich durchaus nicht nur für Schubert interessiert; so hat er zum Beispiel mehrfach mit dem Filmmusikkomponisten Hans Zimmer zusammengearbeitet.
Und schliesslich steht auf der Besetzungsliste dieses Linzer Konzerts noch die Sopranistin Elena Mirtowa – Sergei Roldugins zweite Frau, die gelegentlich in Westeuropa auftritt, aber vor allem am Mariinski-Theater engagiert ist. Dort singt sie nicht nur unter der Leitung ihres Gatten, sondern auch unter jener des weit prominenteren Waleri Gergijew, der genau wie Roldugin nie ein Geheimnis um seine Nähe zu Putin gemacht hat.
Desinteressierte Streicher
Als Dirigent scheint Roldugin übrigens nicht viel feuriger zu sein denn als Cellist – dieser Verdacht kommt einem zumindest, wenn man seine Aufnahme von Beethovens Tripelkonzert hört. Selten klingen die Streicher in der Eröffnung des ersten Satzes so statisch und desinteressiert wie hier. Und auch sonst setzen höchstens die Solisten musikalische Energie frei; das Orchester spielt (und der Dirigent dirigiert) im besten Fall solid.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass es auch inspiriertere Momente gegeben hat im Musikerleben des Sergei Roldugin als jene, die aufgezeichnet wurden: Es erstaunt nicht wirklich, dass er sich irgendwann lieber um lukrativere Geschäfte gekümmert hat.
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