Was uns 2012 genervt hat
«Innovatives» Fernsehen, überhebliche Ausstellungskuratoren, scheinheilige Swissness-Filme, plappernde Ex-Missen: Das Kulturjahr 2012 hatte auch seine anstrengenden Seiten. Das Kulturteam der Berner Zeitung blickt zurück.

Das vergangene Kulturjahr bekommt auch ein paar Daumen nach unten.
colourbox.com
- Dass der Weltuntergang schon wieder verschoben wurde.
- Pensionierte Alphatiere, die sich an der Spitze von Kulturinstitutionen gefallen.
- Dass der Berner Schriftsteller E.Y. Meyer den Literaturnobelpreis schon wieder nicht bekommen hat.
- Gefühlte 100 Ex-Missen, die zu Michael Steiners Filmflop «Das Missen-Massaker» Auskunft gaben.
- Rockmusiker, die lieber mit neuen Liebschaften als mit neuer Musik auf sich aufmerksam machen.
- Noch mehr überflüssige Filmremakes à la «Total Recall».
- Dass das Schweizer Fernsehen aus dem Ausland bekannte Formate als «neu» und «innovativ» verkauft. Beispiele: «Top Secret», «Gipfelstürmer», «Jobtausch».
- Ein Künstler, dessen Ausstellung bei uns keinen Platz findet: «Könnten Sie nicht wenigstens gratis ein Inserat platzieren?»
- Hobbykünstler oder Gelegenheitsmusiker, die sich von einem PR-Büro vertreten lassen.
- Über 500 neue Filme in den Schweizer Kinos. Wer soll das alles sehen?
- Kuratoren, die Künstler als «zu dumm» bezeichnen, wenn diese ein Ausstellungskonzept nicht verstehen.
- Geldscheffel-Alben mit «neuen» Songs längst verstorbener Musiker.
- Retortenmusiker, die stehende Ovationen erhalten, bevor sie auch nur einen Ton gespielt haben.
- Scripted-Reality-Schrott im deutschen Privat-TV. Inklusive todernster Stimme aus dem Off: «Ein scheinbar harmloses Rumplanschen im Meer verschafft der 19-jährigen Anni die erste Fahrt auf dem Gefühlskarussell.»
- Die Coolness der städtischen Kultursekretärin, die bloss verwalten will.
- Dirigenten, die sich wie Samurais oder Balletttänzer aufführen und dafür besonders bejubelt werden.
- Schweizer Dokumentarfilmer, die per Post, Telefon, Mail und/oder SMS mitteilen, wie man ihr Werk verstehen soll.
- Kinolegende Clint Eastwood, der im US-Wahlkampf mit einem Stuhl spricht.
- Blutjunge ehemalige Castingshow-Teilnehmerinnen, die mit ultrakurzen Höschen auf erwachsen machen und hoffen, doch noch irgendwie berühmt zu werden.
- Klassikkonzerte, die als Werbeplattform missbraucht und mit penetranten Plakaten vermüllt werden.
- Dass ein Nachfahre Gotthelfs einen Teil des Nachlasses bunkert und der Öffentlichkeit vorenthält.
- Scheinheilige Swissness-Filme.
- Die dauerchattende Miley Cyrus im unsäglichen Teeniemachwerk «L.O.L.»
- Die neuen Namen der öffentlich-rechtlichen TV- und Radiosender. DRS3 oder SF1 sind weg. Dafür ist jetzt alles SRF.
- Konzertlokale, die nicht mit Musik, sondern mit internen Streitereien von sich reden machen.
- Uninspiriert zusammengestellte Best-of-Alben.
- Dass der Platz in der Zeitung so knapp ist, dass er nicht mal für alle Ärgernisse reicht.