Kuh und Bauer im Wandel der Zeit
Was vor 125 Jahren als Genossenschaft begann, ist am Samstag mit einer Jubiläumsschau gefeiert worden: Der Viehzuchtverein Lyss und Umgebung ist nicht aus der Region wegzudenken.

Ländlermusik dringt über den Platz vor der Festhalle, Frauen und Mädchen in Trachten schreiten durch das Sägemehl, muskulöse Männer mit kurz geschnittenem Haar halten blitzblank geputzte Kühe am Halfter: An der Jubiläumsschau des Viehzuchtvereins Lyss und Umgebung scheint die Zeit stillzustehen. Alles ist, wie es war, und manch einer hofft, dass alles so bleibt, wie es ist.
Der Festführer zum 125-jährigen Bestehen des Vereins zeigt ein anderes Bild. Der Wandel des Bauernstandes in der Region Lyss lässt sich an den Zahlen ablesen. Waren vor 25 Jahren acht Milchbetriebe aus Lyss dem Verein angeschlossen, halten heute noch drei Familien des Vereins Kühe.
Mit Direktvermarktung oder einer Abneigung gegen Vereinsmitgliedschaften hat dies nichts zu tun. Lyss ist in den letzten Jahren faktisch zur Stadt herangewachsen, Bauernbetriebe werden zunehmend wie Firmen geführt, und die Konsumenten haben nicht mehr den gleichen Bedarf an Milchprodukten. Das führte dazu, dass etliche Bauern der Region nur noch auf Ackerbau oder auf Mutterkuhhaltung setzen.
Hof im Siedlungsgebiet
Einer, der in Lyss weiterhin Milchkühe hält, ist Samuel Santschi. 38 Stück Fleckvieh stehen in seinem Stall, darunter Red Holsteiner und Swiss Fleck. Der Bauer und OK-Präsident des Jubiläumsanlasses konnte seinen Betrieb auf 23 Hektaren Land vergrössern und hat 2006 einen neuen Freilaufstall gebaut.
Für ihn ist die Einbindung in eine über 15 000 Einwohner zählende Gemeinde kein Nachteil. Sein Bauernhof liegt am Rande von Lyss, und er kann die Kühe über ein kleines Strässchen auf die Weiden führen. Santschi: «Das ist besser, als wenn ich in einem kleinen Dorf an der Hauptstrasse einen Hof hätte.» Weitere Vorteile sind für ihn die gute Erschliessung und der kurze Weg zur Milchverarbeitung in Lyss.
Weniger gut hat es die Familie Marti vom Rossihof Lyss. Der Bauernhof ist heute fast vollständig von Wohnsiedlungen umgeben. Daher wird die Familie den Betrieb umsiedeln und baut aktuell an einem anderen Standort in Lyss einen Laufstall. In diesem Stall wird auch der dritte Bauer des Lysser Vereins, Ueli Spring, sein Vieh unterbringen.
Andere Kriterien
Eine Viehschau ist auch verbunden mit der Hoffnung auf gute Prämierungen der Zuchtkühe und ein Lob der Experten. Christian Burkhalter, Geschäftsführer des Bernischen Fleckviehzuchtverbands, ist als Zuschauer vor Ort. Er kennt die Bewertungskriterien bestens und ist überzeugt, dass sich bei der Zucht von Milchkühen einiges verbessert hat.
Heute würden die Prämierungen an Tiere gehen, die einen guten Gesamteindruck abgeben. Die Milchleistung sei nur einer von vielen Aspekten. Die Aufhängung der Euter müsse stabil verbunden sein, das Sitzbein leicht tiefer als das Hüftbein liegen, und der Winkel des Beins werde begutachtet.
Burkhalter bestätigt, dass die Zucht einige Zeit nicht auf die Gesundheit der Tiere ausgerichtet gewesen sei. Nun sehe man einer Kuh die hohe Milchleistung nicht mehr unbedingt am Eutervolumen an. Der Gang des Tieres werde dadurch nicht mehr beeinträchtigt. Die Zuchtziele sind zudem auf die Rassen abgestimmt. So wird eine muskulöse Simmentaler Kuh anders beurteilt als eine Red Holstein.
Was bei den Milchbauern am Anlass kein Thema ist, sind die Hörner der Kühe. Längst haben sie sich auf Tiere ohne Hörner eingestellt. Was hier zählt, ist die Lage der Zitzen. Sie sollen möglichst melkmaschinenkonform sein. Auch das hat sich in den letzten 125 Jahren komplett verändert.
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