Milliardendeal des PharmariesenKritik am Mega-Aktienrückkauf von Novartis
Der grösste Teil des Erlöses aus dem Verkauf der Roche-Titel soll für den Rückkauf eigener Aktien verwendet werden. Die Aktion wird als teure Kurspflege kritisiert.

Auf einmal geht es schnell: Vor gut zwei Wochen erklärte Novartis-Chef Vas Narasimhan in der «Finanz und Wirtschaft», dass der Pharmariese «in den nächsten Monaten für Klarheit» sorgen wolle, was er mit dem Milliardensegen aus dem Verkauf des Roche-Aktienpakets vorhat.
Nun schafft Narasimhan Fakten: Von den rund 19 Milliarden Franken aus dem Verkauf der 53,3 Millionen Roche-Aktien will Novartis bis zu 15 Milliarden Franken in eigene Aktien investieren. Der Rückkauf soll sich bis Ende 2023 hinziehen.
Gewinn muss weniger geteilt werden
Die Börse und Analysten jubelten angesichts des Milliardensegens. Rein mechanisch steigt damit der Gewinn je Aktie, was den Kurs treibt: Denn die aufgekauften Papiere werden vernichtet. Damit sinkt die Zahl der Novartis-Aktien, und die Jahresausschüttung muss auf weniger Aktien aufgeteilt werden.
Diese Art der Kurspflege stösst indes auch auf Kritik: «Aktienrückkäufe bedienen kurzfristig denkende Aktionäre», moniert Vincent Kaufmann, Geschäftsführer des Stimmrechtsberaters Ethos. «Operativ hat die Firma nichts davon, denn die Zukunftsaussichten verbessern sich durch diese pure Finanztransaktion nicht.»
Kurseffekt dürfte verpuffen
Vontobel-Analyst Stefan Schneider entgegnet, dass angesichts des sehr tiefen Kursniveaus der Novartis-Aktie der Kauf der eigenen Aktie ein gutes Investment sei. Aber auch er meint: «Der Rückkauf wird nicht dazu führen, dass Investoren eine Neubewertung der Novartis vornehmen werden.» Zu Deutsch: Der Kurseffekt dürfte schnell verpuffen.
Roche-Insider waren seinerzeit vollkommen überrascht, als Novartis im Herbst auf einmal das Aktienpaket seinem Lokalrivalen zum Kauf anbot. Noch überraschter zeigten sich Roche-Kreise, als klar wurde, dass der Konzern offenbar keinen blassen Schimmer hatte, was er mit dem vielen Geld eigentlich anstellen sollte.
«Sie werden kein anderes Unternehmen finden, bei dem ich im Verwaltungsrat bin, das einen Aktienrückkauf durchgeführt hat.»
«Nun aber scheint mir der Verwaltungsrat ins andere Extrem zu verfallen, denn gerade der grösste Teil des Verkaufserlöses soll nun einfach ausgeschüttet werden», bemängelt Ethos-Chef Kaufmann.
Interessant: Roche-Präsident Christoph Franz hält nichts von Rückkäufen. «Sie werden kein anderes Unternehmen finden, bei dem ich im Verwaltungsrat bin, das einen Aktienrückkauf durchgeführt hat», sagte er jüngst dieser Zeitung. «Denn wenn uns Aktionäre ihr Geld anvertrauen, dann haben wir die Verpflichtung, dieses Geld im Sinne des Geschäftszwecks des Unternehmens einzusetzen.» Der Rückkauf des Aktienpakets von Novartis durch Roche sei eine «einmalige» Ausnahme, versicherte Franz.
Pipeline wird skeptisch gesehen
Kommt dazu: Das Grundproblem lösen Reinhardt und sein CEO mit dem Milliardengeschenk an die Aktionäre nicht: «Novartis leidet daran, dass viele Anleger die Pipeline skeptisch beurteilen. Auch die bisher getätigten Zukäufe haben nicht immer das geliefert, was eingangs versprochen wurde», sagt Vontobel-Experte Schneider. Daher ist die Novartis-Aktie derzeit viel tiefer bewertet als jene von Roche.
Holger Alich ist stellvertretender Leiter des Wirtschaftsressorts. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Banken und die Pharma-Branche. Davor arbeitete der Volkswirt als Korrespondent aus Paris und Zürich für das deutsche Handelsblatt. Das journalistische Handwerk hat er an der Kölner Journalistenschule gelernt.
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