Neues Lokal am Berner Viktoriaplatz«Komm nicht zu uns, wenn du authentisch essen willst»
Daniel Wiesner kopiert Gastrokonzepte aus aller Welt. Am Donnerstag eröffnet der Zürcher in Bern sein 34. Restaurant. Was ist sein Erfolgsrezept?

Foto: Franziska Rothenbühler
Daniel Wiesner kann weder kochen, noch taugt er für den Service. «Ich kann nicht einmal drei Teller tragen», sagt er. Und dennoch ist er der Chef eines Gastroimperiums. Die Familie Wiesner Gastronomie AG beschäftigt schweizweit 850 Mitarbeitende, davon 63 in Bern.
Manche von ihnen werden künftig am Viktoriaplatz arbeiten. Hier hat das Zürcher Unternehmen letzte Woche sein 34. Restaurant eröffnet. Wo vorher das Café Viktoria war, leuchtet nun rot die zweite Berner Filiale des Restaurants Nooch. Auf 112 Plätzen werden Sushi, Nudel- und Reisgerichte aufgetischt.
Wiesner, 38 Jahre alt, studierter Betriebsökonom, bespricht drinnen gerade mit dem Innenarchitekten letzte Verbesserungen. Im neuen Restaurant läuft alles etwas anders: Die Küche, in der eine Brigade von 15 Personen arbeitet, funktioniert einerseits als Restaurantküche, andererseits als sogenannte Ghost Kitchen, in der Essen für Heimlieferungen zubereitet wird. Nicht nur Nooch-Gerichte, sondern aus dem Angebot von vier anderen Gastrokonzepten aus dem Portfolio der Wiesner-Gastronomie: Das Multikonzept-Restaurant Kitchen Republic bietet Teigtaschen, Sushi, Burger oder Poke-Bowls.
Erst Steaks, dann Fondue, dann Tacos
Die Wiesner-Dynastie mischt seit den 90er-Jahren im Gastrogeschäft mit. Wer ihren Erfolg verstehen will, muss nach Zürich reisen. Die Outback Lodge beim Bahnhof Stadelhofen war das erste Lokal der Familie. «Es läuft, weil ein Pub dazugehört», sagt Wiesner.

Hier landen Strauss oder Känguru auf dem Teller. Ist ein reines Fleischrestaurant, in dem die Ware von weit her kommt, nicht aus der Zeit gefallen? «Heute würde ich ein solches Lokal nicht mehr eröffnen.» Aber auch rein vegane Restaurants sind nicht Wiesners Ding: «Ich will die Gäste nicht erziehen.»
Die Gastronomie ist ein schwieriges Geschäft. Das hat Wiesner auch schon zu spüren bekommen. An der Zürcher Heinrichstrasse konnte in den letzten Jahren verfolgt werden, dass nicht jede Wiesner-Idee automatisch zu Gold wird. Konzepte wurden erstellt und wieder verworfen: Aus einem Steakhouse wurde eine Fondue-Hütte, bald darauf wurde diese durch ein mexikanisches Restaurant ersetzt. Heute befindet sich auch dort das Multikonzept-Restaurant Kitchen Republic mit Geisterküche, wie sie neu auch am Berner Viktoriaplatz aufmacht.
«Werden viele Fehler machen»
Heute verteilen sich Wiesners Läden über ganz Zürich. An der Badenerstrasse reihen sich gleich drei Wiesner-Restaurants aneinander – alle mit anderem Konzept. Neue Konzepte lanciert er ungefähr alle drei Jahre. Für neue Inspiration besucht er Restaurants in Berlin, London oder Madrid. Daheim beschreibt er seine Eindrücke einem der fünf Innenarchitekten, mit denen er regelmässig zusammenarbeitet. Aber eins zu eins liessen sich ausländische Konzepte nicht kopieren. «Primär, weil diese Restaurants für die Schweiz – auch für Zürich – viel zu gross sind. Und weil wir viel stärkere Gästeschwankungen haben.»
Diese Einsicht musste Wiesner auf die harte Tour lernen: Das Mama Africa – ein südafrikanisches Restaurant, bei dem viel Fleisch auf den Tisch kam – floppte. «Das Lokal war mit 150 Plätzen zu gross, am Wochenende voll, unter der Woche leer.»
Solche Erfahrungen halten ihn jedoch nicht davon ab, neue Konzepte auszuprobieren. «Ich habe Freude am Ausprobieren, am Grenzenausdehnen und keine Angst vor dem erneuten Scheitern», beschreibt er sein Erfolgsrezept. Wiesner zeigt Skizzen seiner neuesten Idee: des Cocktail-Restaurants Kate’s. «Wir werden auch hier viele Fehler machen», sagt er. Für einen Betriebswirt eigentlich eine fahrlässige Einstellung. Er fügt an: «Es steht nicht nur das Geld im Vordergrund.» Als Beleg für diese Aussage nennt er eine kleine «geheime» Bar mit 24 Plätzen beim Miss Miu in der Europaallee. «Mit dieser Grösse verdienen wir nie Geld, aber wir finden es cool.»
Nicht wie in Asien
Geht es um die Berechnung der Preise auf der Speisekarte, wird Wiesner zum knallharten Geschäftsmann. «Wir rechnen mit Deckungsbeiträgen, ich verdiene bei jedem Gericht etwas.» Wenn die Preisvorstellung des Kochs und die Zahlungsbereitschaft der Gäste zu weit auseinanderliegen, dürfte das Gericht erst gar nicht auf der Speisekarte landen.

Apropos Menükarten: Sind diese zu lange, kann das bei den Gästen für Misstrauen sorgen. Das müsste Wiesner eigentlich zu denken geben. Im neuen Restaurant am Berner Viktoriaplatz kommen Koreanisch, Japanisch, Chinesisch und Vietnamesisch aus einer Küche. Zudem werden die Gerichte für europäische Gaumen angepasst. Daniel Wiesner meint dazu: «Komm nicht zu uns, wenn du richtig authentisch essen willst.» Richtiges asiatisches Essen schmecke einem doch eh nur in Asien.
Ein Millionengeschäft
Die Wiesner-Methode scheint sich auszuzahlen. Das Unternehmen erzielte 2019 und selbst im Corona-Jahr 2020 jeweils 60 Millionen Franken Umsatz. Es sind Beträge, die der Familie längst ermöglicht haben, über Zürich hinaus zu wirtschaften. In Bern starteten Wiesners mit dem panasiatischen Restaurant Nooch in der Aarbergergasse, danach folgte der Butcher nebenan.

In der Lorraine stellte Daniel Wiesner zwei mobile Küchen ins ehemalige Restaurant Dalun, weil die Nooch-Heimlieferungen dermassen zunahmen, dass sie den Restaurantbetrieb störten. Diese Notlösung wurde durch die Nooch-Neueröffnung am Viktoriaplatz wieder aufgegeben.
Damit nicht genug: Nächsten Sommer eröffnet das Wiesner-Lokal Nummer 35 im Einkaufszentrum Westside. Ein weiteres Nooch ersetzt dort das Cha Cha der Migros Aare. An anderen Standorten wie in der Welle 7 ist Wiesner nicht interessiert. «Lieber als ein Take-away machen wir richtige Restaurants.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.