Kobayashi schafft den Tournee-Grand-Slam
Der Japaner springt auch in Bischofshofen in einer eigenen Liga und holt sich den Sieg an der Vierschanzentournee überlegen. Erst zwei Springern vor ihm gelang dieses Kunststück.
Der einzige Skispringer, der die ersten drei Springen, aber nicht die Vierschanzentorunee gewann, war 1972 Yukio Kasaya. Er wurde von seinem Verband zwecks Vorbereitung der Olympischen Spiele nach Hause beordert (und in Sapporo danach immerhin mit einer Goldmedaille belohnt). Ryoyu Kobayashi hätte dies nicht mit sich machen lassen. Der 22-Jährige aus der nordjapanischen Präfektur Iwate ist kein Kopfnicker und Ja-Sager. «Ich bin eben ein neuer, moderner Japaner», liess er vor dem Start der Tournee via Übersetzerin ausrichten.
Nicht, dass diesmal jemand auf die Idee gekommen wäre, den Überflieger nach Hause zu schicken. Der Tourneesieg war vor dem Abschluss in Bischofshofen – wir es dies vor 47 Jahren für Kasaya gewesen wäre - sowieso nur noch eine Formsache. Die Frage lautete nur noch: Schafft er als dritter Springer nach Sven Hannawald 2002 und Kamil Stoch 2018 den Grand Slam mit vier Siegen?
Natürlich gelang dem Überflieger auch noch die Kür. Er stellte damit sogar seinen Landsmann Kazuyoshi Funaki in den Schatten, der 1998 den Grand Slam mit einem 8. Platz in Bischofshofen verpasst, aber als bis am Dreikönigstag 2019 einziger Japaner die Tournee gewonnen hatte. Im leichten Schneefall des Salzburgerlandes verbesserte sich Kobayashi im zweiten Durchgang noch vom 4. auf den 1. Platz, nachdem er vor seinem ersten Sprung lange hatte warten müssen. Er distanzierte den Polen Dawid Kubacki, der in der Qualifikation mit 145 m Andreas Wellingers Schanzenrekord um einen halben Meter verbessert hatte, um über 13 Punkte. Der Halbzeitführende Markus Eisenbichler fiel noch in den 5. Rang zurück und muss weiter auf seinen ersten Weltcupsieg warten. Rang 2 in der Tourneewertung ist aber ein schöner Trost. Gegen Kobayashi war sowieso kein Kraut gewachsen, auch nicht für den Sieger der letzten beiden Jahre, Kamil Stoch, der nie auf Touren kam (zum Abschluss 12.).
Porsche gegen Siege getauscht
Nicht immer spielte der eigenwillige Kopf von Kobayashi so mit, wie es dies für einen Spitzensportler nötig ist. Gerade mal zwei Top-Ten-Plätze standen vor dem Start in diesen Winter zu Buche, in der vorletzten Saison resultierte kein einziger Weltcuppunkt - trotz unübersehbarem Talent. Dann aber machte es Klick. «Als Ryoyu verstanden hat, mehr machen zu müssen, als nur Porsche zu fahren, ist er gut geworden», sagte Kobayashis finnischer Heimtrainer Janne Väätäinen der «Tiroler Tageszeitung». Und wie: In dieser Saison gewann er unglaubliche sieben von zehn Springen.
Von Druck wollte er vor dem Start in die Tournee dennoch nichts wissen. «Ich spüre keinen extra Druck, ich will einfach Spass haben.» Es waren keine leeren Worte. Auch auf der ungleich grösseren Bühne machte er keine Fehler. Die Gegner erstaunt das nicht. Denn sie bewundern das stabile Flugsystem Kobayashis, das bei sämtlichen Bedingungen funktioniert. Er nütze den Radius vor dem Schanzentisch so perfekt aus, keiner nehme nach dem Absprung so viel Geschwindigkeit mit, keiner finde nach der Schanze so rasch die perfekte Flugposition, lauten die Erklärungen für die Überlegenheit des 1,73 m grossen Athleten.
Dazu hatte er einen guten Mentor. «Ich habe viel von Noriaki (Kasai) gelernt», sagte er über seinen 24 Jahre älteren Kollegen aus dem Firmenteam des Wohnbau- und Immobilienunternehmens Tsuchiya. «Wie man als Athlet lebt und auch was die Technik betrifft.» Der Oldie war auch der erste Gratulant im Auslauf. «Ich war so glücklich, dass Noriaki als Erster zu mir gekommen ist», meinte Kobayashi. Bei der Hymne war er dann den Tränen nah – moderner Japaner hin oder her.
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