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Männer boten sich 1945 als Arbeitskraft an. Der Treffpunkt mit den künftigen Arbeitgebern war das Kornhaus.
Alle Fotos: Eugen Thierstein, Burgerbibliothek Bern (BBB N_Eugen_Thierstein_376Kn_4);
Bildredaktion René Wüthrich
«Jeden Dienstag findet auf dem Kornhausplatz in Bern der traditionelle Dinget, der Knechtemarkt, statt. Es ist im Bernbiet noch gang und gäbe, dass ein Knecht, wenn er stellenlos geworden ist oder seinen Platz wechseln, einen neuen Meister suchen will, zum Dinget nach Bern geht. Frühmorgens eh’ die Hähne kräh’n machen sich die Leute zu Fuss oder zu Rad auf den Weg, um rechtzeitig beim Kornhauskeller einzutreffen. Die meisten bringen ihren ganzen Hausrat im Rucksack oder Reisekörbchen mit, hoffen sie doch, abends schon an einem neuen Dienstorte schlafen zu können.»
Die Bauern mischen sich unter die Arbeitsuchenden, es finden erste Gespräche statt. Man fragt sich auf allen Fotos, wer Meister und wer Knecht ist?
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«Am lebhaftesten geht es auf dem Dinget vor dem Heuet zu, da der Bauer auf diese Zeit am meisten Hilfskräfte benötigt. Wer hat nicht schon vom welchen Heuet gehört? Im Lauf des Vormittags finden sich dann auch die Bauern auf dem Knechtemarkt ein. Mit Kennerblicken sucht sich jeder aus der Menge der wartenden Knechte den Mann heraus, von dem er glaubt, dass er ihm passen könnte. Dann lotst sich der Bauer an den Betreffenden heran und beginnt irgendein Gespräch mit ihm. Weiss dann der Bauer, was er wissen will, so lässt er entweder den Mann als unbrauchbar stehen oder aber ladet ihn zu einem Trunke ein.»
Zwei, die sich vermutlich nicht als Knechte verdingen wollen.
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Kennerblick.
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«Daraus weiss der betreffende Knecht sofort zu schliessen, was es geschlagen hat. In den meisten Fällen wird bei einem kleinen Handgeld das neue Dienstverhältnis abgeschlossen. Der Bauer gibt dem neuen Knecht seine Adresse an, oder nimmt ihn mittags auf dem Fuhrwerk – für manchen Knecht bedeutet dieser Tag zugleich die erste Autofahrt – gleich mit. Beidseitig hofft man, es gut gemacht zu haben. Wenn nicht, findet ja jeden Dienstag in Bern der Dinget statt . . .» Der Text ist aus der Zürcher Illustrierten vom 9. Juni 1933 und heisst Berner Dinget und beschreibt beispielhaft was auf dem Dinget geschieht. Die Fotos machte Eugen Thierstein unabhängig davon zwischen dem 29. Mai und dem 5. Juni 1945, also zwölf Jahre nachdem der oben zitierte Text als Reportage publiziert worden war. In den zwölf Jahren hatte sich bezüglich Dinget in Bern kaum etwas geändert.
Suchen sie Arbeit oder Arbeiter?
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Eine schriftliche Empfehlung zu haben, das konnte nicht schaden.
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1933 bieten auch Frauen am Dinget ihre Arbeitskraft an. «Der da im weissen Kittel ist ein Wirt aus Oberburg. Was er sucht, ist eine Magd für die Küche. Bereits scheint er die Richtige gefunden zu haben. ‹Dir cheut d’Stell sofort aträte, und d’Fahrcharte zahl i euch au no.› Sie ist einverstanden und reist mit dem 5-Uhr Zug nach Oberburg.»
Bild und Legende: Reproduktion aus der Zeitschrift Zürcher Illustrierte von 9. Juni 1945; Foto: Paul Senn
Da könnten sich zwei gefunden haben und fast einig sein. Auch für die Bauern war das manchmal kein leichtes Spiel.
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Oder vielleicht doch nicht? Es muss hart gewesen sein, von den Meistern direkt abgelehnt zu werden.
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Wäre dieser Herr der neue Meister für ein paar Wochen oder ein Jahr, es könnte eine harte Zeit werden. Oder täuscht man sich?
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Ein Mann schreibt sich einen Namen auf. Die persönliche Abhängigkeit von Meister und Knecht war ein Problem.
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Warum eigentlich tragen Arbeiter und Bauern Anzüge? – Der Knecht gab sich in die Hand des Meisters. Was ihn absicherte, das war mehr oder wenige einzig und allein der gute Charakter des Meisters.
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Ein Fleck auf der Weste neben der Uhrkette.
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Was meinen sie, geht das mit uns?
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Skeptische Blicke, hat es einen Sinn noch zu warten?
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Da ist auf einmal eine interessante Person.
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Die Leute wollen von ihm wissen, wer er ist. Oder ist er selber ein Meister und sucht einen Knecht?
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Am Schluss kehrt wieder ein wenig Ruhe ein unter den Lauben, und man hat Zeit, zu berichten, wie es einem ergangen ist und was man von dem Ganzen wohl halten sollte.