Kies, Knatsch und viel Pfeffer
Eigentlich ging es im Kantonsparlament darum, dass der Kiesverband Einsicht in einen geheimen Bericht nehmen wollte. Es endete jedoch in einer Debatte über Vertrauen und Befangenheit.

Sie verwerfen entrüstet die Hände, stehen mitten im Grossratssaal und verstehen die Welt nicht mehr. Jakob Etter (BDP, Treiten) und Adrian Haas (FDP, Bern) standen im Zentrum einer Episode, wie man sie im bernischen Grossen Rat nur selten erlebt. Die beiden bürgerlichen Politiker fanden sich nämlich quasi auf der Anklagebank wieder, umgeben von circa 150 Richterinnen und Richtern.
Zu urteilen hatte das Parlament in der ungewohnten Rolle der Judikative darüber, ob der kantonale Kies- und Betonverband (KSE) Einsicht in den als geheim deklarierten Bericht der Finanzkontrolle nehmen darf. Diesen Bericht hatte die Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates (GPK) letztes Jahr in Auftrag gegeben.
Das Ergebnis ist in groben Zügen bekannt, weil das Papier durch eine Indiskretion den Weg in die Medien fand: Die Finanzkontrolle ist der Ansicht, es bestünden Hinweise auf Preisabsprachen in der Kiesbranche. Folglich bezahle der Kanton Bern auf seinen Baustellen mutmasslich zu viel für Kies (wir berichteten). Die GPK lehnte das Einsichtsgesuch des KSE ab, woraufhin der Verband mit einer Beschwerde ans Parlament trat.
Zurück zu Jakob Etter und Adrian Haas: Die beiden verstanden in der gestrigen Debatte deshalb die Welt nicht mehr, weil ihnen von Teilen des Parlaments unterstellt worden war, befangen zu sein. Als Folge davon sollten sie in den Ausstand treten, wenn der Grosse Rat über die Beschwerde des KSE befand. Haas durfte sich im Plenum nicht rechtfertigen und erfuhr auch nicht, weshalb es Vorbehalte gegen ihn gab. Allein der Verdacht auf Befangenheit reichte dafür aus, Mitglieder des Grossen Rates in den Ausstand zu schicken.
Am Ende befanden sich Etter und Haas in guter Gesellschaft: Auch die 17 Mitglieder der GPK und 8 weitere Parlamentarier traten in den Ausstand, weil sie bereits in irgendeiner Form eine Verbindung zum Kiesverband oder zur Branche hatten.
Nachdem sich die Reihen gelichtet hatten, kam die Zeit für inhaltliche Argumente. Dabei trafen zwei Lager aufeinander: jenes, das die künftige Arbeit der GPK gefährdet sah, wenn nun gegen deren Willen ein geheimer Bericht veröffentlicht werden sollte. «Es ist höchst problematisch, wenn wir unserer Aufsichtskommission in den Rücken fallen», sagte Ruedi Löffel (EVP, Münchenbuchsee). Eine Veröffentlichung des Berichts könne ein falsches Signal senden an künftige Auskunftspersonen der GPK. «Diese könnten es sich künftig zweimal überlegen, der GPK Rede und Antwort zu stehen, wenn sie mit einer Veröffentlichung ihrer Informationen rechnen müssen.» Es gab aber auch das Lager, das Verständnis für den KSE aufbrachte, weil gegen die Branche teils rufschädigende Vorwürfe erhoben worden seien.
Am Ende setzte sich der wirtschaftsfreundlichere Teil des Parlaments durch: Der Kiesverband darf eine geschwärzte Fassung des Kiesberichts in Anwesenheit von Kantonsvertretern einsehen. Jedoch ist dieser Beschluss des Grossen Rates nicht rechtskräftig. Womöglich wird die GPK den Beschluss ans Bundesgericht weiterziehen.
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