«Keine Chance, dass wir das unterschreiben»
Die Schweizer Banken und Parteien können mit dem Zusatzprotokoll zum Steuerabkommen gut leben, auch der deutsche Finanzminister Schäuble ist zufrieden. Die SPD hingegen prophezeit ein Scheitern.

Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht das abgeschlossene Steuerabkommen mit der Schweiz als «ausgewogene Lösung». Dies sagte er heute nach der Unterzeichnung des Ergänzungsprotokolls zum Abkommen. Durch das Abkommen erhalte Deutschland die Möglichkeit, unversteuertes Geld deutscher Bürger in der Schweiz «für die Vergangenheit und für die Zukunft» zu besteuern. «Das sind Steuereinnahmen, die ohne Abkommen laufend verjähren würden. So wird Gerechtigkeit hergestellt.» Er habe sich mit seiner Schweizer Kollegin, Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf, noch einmal intensiv ausgetauscht, so Schäuble weiter. Dabei sei das Abkommen in einigen Details ergänzt worden, erklärte er.
Auch in den ARD-«Tagesthemen» verteidigte er das Steuerabkommen und kritisierte die Opposition scharf: Wenn man es in Ruhe anschaue «und wenn man einmal diese etwas billige Polemik beiseite schiebt, dann ist für die Zukunft sichergestellt, dass Kapitalanlagen in der Schweiz genauso steuerlich behandelt werden wie in Deutschland.»
Die EU in Brüssel erklärte ihrerseits, sie werde das nachgebesserte Abkommen überprüfen. Dabei geht es darum, ob EU-Regeln eingehalten werden.
Bankiervereinigung ist einverstanden
Für die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) ist die Schweiz Deutschland mit dem unterzeichneten Ergänzungsprotokoll zum Steuerabkommen weit entgegengekommen. Dennoch stellt sich der Verband der Schweizer Banken hinter die Einigung.
Da die Kernelemente der von der Branche formulierten Finanzplatzstrategie – so etwa die Anonymität der Kunden, die Steuersätze für die Zukunft und der bilaterale Marktzutritt – unangetastet blieben, könne die SBVg dem Zusatzprotokoll zustimmen, hiess es in einem Communiqué. Allerdings stellt die Bankiervereinigung auch klar, dass die Schweizer Banken keine weiteren Anpassungen des Steuerabkommens mehr unterstützen werden.
CVP kann sich Zustimmung vorstellen
Die CVP steht dem unterzeichneten Steuerabkommen ebenfalls positiv gegenüber. Das Abkommen sei für die Schweiz «recht vorteilhaft», sagte der Solothurner CVP-Ständerat Pirmin Bischof auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. «Ich stelle mir vor, dass die CVP diesem Abkommen zustimmen kann», sagte Bischof. Dies müsse aber noch die Fraktion entscheiden. Das Abkommen sei ein guter Interessensausgleich für beide Länder. Dieser sei über Deutschland hinaus tragfähig.
Die Weissgeldstrategie sei «glaubwürdig und tragfähig» umgesetzt worden, hielt Bischof fest. Künftig würden die Gelder Deutscher in der Schweiz gleich besteuert wie in Deutschland. Dies sei auch für Deutschland eine befriedigende Lösung. Zudem sei der Abgeltungscharakter erhalten worden. Der deutsche Anleger in der Schweiz habe damit seine Steuern bezahlt und zugleich werde die Anonymität gewahrt. Dies sei für die CVP ein zentraler Punkt.
FDP will Abkommen «wohlwollend prüfen»
Auch der Freisinn wird dem Abkommen in der Parlamentsdebatte wohl zustimmen. Die FDP teilte mit, die Fraktion werde das Abkommen wohlwollend prüfen. FDP-Nationalrat Ruedi Noser sagte dazu: «Wer dem Abkommen nicht zustimmt, ist gegen einen sauberen Finanzplatz.»
Die Partei nimmt die Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zum Steuerabkommen mit Deutschland «befriedigt zur Kenntnis», wie sie mitteilte. Die FDP empfiehlt dem deutschen Parlament, «diese Chance zu nutzen und das Abkommen zu ratifizieren, statt den linken Wahlkämpfern in einzelnen Bundesländern hinterherzulaufen» und rückt dabei die Vorteile für Deutschland in den Vordergrund: «Es löst die Altgeldfrage, und deutsche Bürger mit Konten in der Schweiz bezahlen zukünftig Steuern, ohne ihre Privatsphäre zu verlieren.»
Dilemma für die SP
Die SP wird laut Nationalrätin Susanne Leutenegger Oberholzer (BL) das Abkommen sehr genau prüfen. Es dürften keine neuen Steuerhinterziehungslöcher geschaffen werden, sagte sie im «Tagesgespräch» von Schweizer Radio DRS. Wenn das Abkommen im Parlament abgelehnt werde, steige der Druck für einen automatischen Informationsaustausch, sagte sie und zeigte damit das Dilemma der SP auf: Diese setzt sich für einen steuerehrlichen Finanzplatz ein und befürwortet den automatischen Informationsaustausch. Deshalb fordert die SP-Bankenspezialistin, dass der Weg zu diesem Instrument auch mit dem nun unterzeichneten Abkommen nicht verbaut wird. Die Abgeltungssteuer sei nur eines der möglichen Instrumente für Steuergerechtigkeit und keine Alternative zum Informationsaustausch.
Leutenegger Oberholzer glaubt ausserdem, dass das Abkommen nochmals nachverhandelt werden muss, um in Deutschland Zustimmung zu finden.
Gabriel sagt Scheitern voraus
Die deutsche SPD jedenfalls bleibt auch nach der Überarbeitung bei ihrem Nein zum Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland. SPD-Chef Sigmar Gabriel zeigte sich überzeugt, dass die deutsche Regierung in der Länderkammer des Parlaments weiter keine Mehrheit bekommen wird.
«Es wird zum zweiten Mal scheitern, weil die SPD-geführten Länder da nicht mitmachen werden», sagte Gabriel vor Journalisten in Berlin. Das geplante Abkommen sei «ein Persilschein für Schweizer Banken, der sie weisswaschen soll von der Beihilfe zur Steuerhinterziehung». Ähnlich äusserte sich der nordrhein-westfälische Finanzminister und SPD-Politiker Norbert Walter-Borjans: «So kann es eigentlich nur den Weg geben, dass die Mehrheit der Länder da ein entschiedenes Nein sagt.»
Entscheidend für die SPD ist nach Gabriels Worten, dass die Schweiz nicht bereit sei, das Abkommen rückwirkend in Kraft zu setzen. Damit könnte verhindert werden, dass Steuerbetrüger ihr Kapital noch vor der geplanten Besteuerung aus der Schweiz in eine andere Steueroase wegschaffen. «Wenn die Schweiz nicht bereit ist, das zu unterbinden, sehe ich keine Chance, dass wir das unterschreiben», sagte Gabriel.
«Grundproblem wird nicht gelöst»
Das Bündnis «Kein Freibrief für Steuerbetrüger» kritisiert die Nachbesserungen am deutsch-schweizerischen Steuerabkommen. Der Steuerexperte vom globalisierungskritischen Netzwerk Attac, Detlev von Larcher, erklärte, die nun erhöhten pauschalen Steuersätze lösten nicht das Grundproblem. «Die Steuerbetrüger bleiben weiter anonym. Der Steuerehrliche ist der Dumme», bilanzierte er.
Er appellierte an die SPD-regierten Länder, bei ihrer Ablehnung zu bleiben. Felix Kolb vom Kampagnennetzwerk Campact sagte: «Nur ein automatischer Informationsaustausch zwischen Banken und Steuerbehörden kann die Steuerflucht unter denen alle Länder – nicht nur in der EU – leiden, endgültig stoppen.»
sda/DAPD/fko
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