Kein Pass für Sozialhilfebezügerin – Gericht gibt Lengnau recht
Die Gemeinde Lengnau hat einer seit über 20 Jahren in der Schweiz lebenden Frau die Einbürgerung verweigert. Dies hatte die Sozialhilfebezügerin angefochten. Das bernische Verwaltungsgericht wies die Klage nun ab.

Die Gemeinde Lengnau hat einer Sozialhilfebezügerin zu Recht die Einbürgerung verweigert. Zu diesem Urteil ist das bernische Verwaltungsgericht am Mittwoch gelangt. Es verwies auf den Ermessensspielraum, der den Gemeinden bei Einbürgerungsfragen zusteht.
Dass Gemeinden die berufliche Integration und die Fähigkeit, sich selber wirtschaftlich zu erhalten als wichtiges Kriterium bei Einbürgerungen ansehen, sei grundsätzlich zulässig, kam das Gericht im Rahmen einer öffentlichen Verhandlung zum Schluss.
Schon vor dem Ja des Berner Volkes zu verschärften Einbürgerungsbestimmungen im November 2013 habe im Kanton Bern die selbstverschuldete Abhängigkeit von der Sozialhilfe als Hindernis für eine Einbürgerung gegolten.
Zu wenig für berufliche Integration engagiert
Und eine solche sah das Gericht als gegeben an, auch wenn es einräumte, dass es Ausländerinnen und Ausländer bei der Stellensuche mitunter nicht leicht hätten. Die alleinerziehende Mutter habe sich auch sehr gut um ihre Kinder gekümmert, anerkannte das Gericht weiter. Zudem sei sie, zumindest teilweise, durch einen Unfall in ihrer Arbeitsfähigkeit eingeschränkt gewesen.
Dennoch habe sich die Frau - über all die Jahre gesehen, die sie in der Schweiz sei - zu wenig für ihre berufliche Integration engagiert. Dies vor allem deshalb, weil die ausgebildete Lehrerin alles andere als bildungsfern sei und mehrere Sprachen spreche.
Das Gericht ging von den 60 Bewerbungen aus, die die Frau nach eigenen Angaben eingereicht hatte. Umgerechnet auf die Jahre ihres Aufenthalts sind das eine Handvoll pro Jahr. Das war dem Gericht zu wenig. Die Frau habe zwar gelegentlich in der Kinderbetreuung oder als Putzfrau gearbeitet, dauerhaft habe sie aber in der Arbeitswelt nicht Fuss gefasst.
Die heute 50-jährige Frau kam Anfang der 1990-er Jahre mit ihrem Mann und zwei damals noch kleinen Kindern aus der der Republik Serbien in die Schweiz. Einige Jahre später wurde die Ehe geschieden und die Kinder der Mutter zugesprochen. Die Frau verfügt als vorläufig aufgenommene Ausländerin über einen Ausweis F, der jährlich verlängert wurde. Vom Schweizerpass erhoffte sie sich unter anderem bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.
150'000 Franken Sozialhilfe
Im Mai 2012 hatte die Frau in Lengnau ein Einbürgerungsgesuch gestellt. Die Gemeinde lehnte dieses ab mit der Begründung, die Frau sei nicht hinreichend integriert, da sie seit ihrem Zuzug wirtschaftlich unterstützt werde. Den Gesamtbetrag der Sozialhilfeleistungen bezifferte die Gemeinde per Ende Juni 2012 auf 142'629 Franken.
Seit diesem September sei die Frau nicht mehr von der Sozialhilfe abhängig, wurde vor Gericht bekannt. Allerdings gelingt dies nur, weil sie von ihren erwachsenen Kindern unterstützt wird. Dies sei keine dauerhafte Lösung, befand das Gericht. Die Ausführungen des Gerichts nahm die zunächst im Saal anwesende Frau unter Tränen zur Kenntnis.
Kritik an Wegleitung des Kantons
Die Frau hatte den Entscheid der Gemeinde Lengnau angefochten und beim zuständigen Regierungsstatthalter Recht bekommen. Dieser stützte seine Begründung auf eine Wegleitung des Kantons zu Einbürgerungsfragen. Demnach habe die Frage der Sozialhilfe bei der Einbürgerung keine Rolle zu spielen.
Falsch, sagte am Mittwoch das Verwaltungsgericht. Die Weisungen des Kantons enthielten keine konsistenten Aussagen zur Frage der Sozialhilfe bei Einbürgerungen. Der Kanton könne durchaus Vorgaben machen, aber nicht in Form von Wegleitungen, sondern im Rahmen von Gesetzesänderungen.
SDA/tag
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