Meine OaseKein Garten für Barfüssler
Der Garten von Jris Lüchinger und Johannes Bangerter liegt an der Kreuzung von Idylle und Wildnis. Dort gefällt es nicht nur ihnen, sondern auch zahlreichen Tieren.

Wer in das kleine Paradies von Jris Lüchinger und Johannes Bangerter gelangen will, muss zuerst durch den «Schabernackweg» gehen. So nennt das Paar den verwachsenen, dschungelartigen Eingang zu ihrem Garten. Ein Holunderstrauch und eine Forsythie sind so dicht gewachsen, dass kein einziger Sonnenstrahl mehr durch das Dickicht scheint.
Gleich hinter der Ecke des über hundertjährigen Hauses kommt der Sitzplatz zum Vorschein, der zum Verweilen einlädt. Das Paar, wohnhaft in Münsingen, kann hier zwei Hängematten spannen. «Aber darin liegen wir eigentlich selten», sagt Jris Lüchinger, «denn eigentlich gibt es im Garten immer etwas zu tun.»
Stachelige Welt
Neben dem Sitzplatz zeigt Jris Lüchinger das Auffälligste des Gartens: Dutzende Kakteen stehen eng beieinander und sehen aus wie surreale Gewächse aus einer anderen Welt. Einige wachsen kugelförmig, andere wie lange Stangen in die Höhe. Jris Lüchinger mochte die stachligen Wesen schon immer, und mit der Zeit wurden sie immer zahlreicher.

Einige der Pflanzen haben ihre schöne Blütenpracht bereits verloren. Damit die Kakteen überhaupt blühen, brauchen sie von Sommer zu Winter einen Temperaturunterschied. Einige Sorten bleiben im Winter draussen, da sie Temperaturen bis zu minus 20 Grad vertragen, andere überwintern im Keller. Dort werden sie mit einem Speziallicht während zwölf Stunden pro Tag beleuchtet. «Von draussen sieht es ein bisschen so aus, als würden wir Hanf pflanzen», sagt Jris Lüchinger und grinst. Die Polizei sei aber noch nicht vorbeigekommen.

Einen offensichtlichen Nachteil haben die Kakteen jedoch. «Bei uns darf man nie barfuss herumlaufen», erklärt Johannes Bangerter, der ein Geschäft für Flachdächer führt. «Überall stachelt es ein wenig.»
Mit einem Kakteen-Irrtum möchte Jris Lüchinger noch aufräumen: Die Pflanzen sind nicht so pflegeleicht, wie sie so oft beschrieben werden. Neben dem Giessen, Düngen und Umtopfen müssen sie auch regelmässig geschnitten werden. So wachsen sie über den Winter bis zu 20 Zentimeter.
Einladung an die Natur
Ein paar Meter neben den Kakteen hängen an der Hauswand, die mit Reben verwachsen ist, zwei Insektenhotels. Die Wildbienen mögen die Blüten der Kakteen, finden im Garten des Paares aber auch sonst viele Blüten, die sie anfliegen können. Es hat Blumen und Rosmarinsträucher, weiter unten in der Oase gibt es zwei grosse Hochbeete mit allerlei Gemüse.

Dort zieht Jris Lüchinger ein grosses Radieschen aus der Erde. Daneben wachsen Knoblauch, Lauch, Kürbis, Zucchetti, Randen, Gurken und Meerrettich. «Bei uns herrscht Natur pur», erklärt die Hobbygärtnerin, die sonst als Laborleiterin bei den Landspitälern der Insel-Gruppe angestellt ist. Das heisst: Kein Gift, alles Bio, und man achtet auf die Natur.
So mähen sie die Wiese, die direkt an die Hochbeete angrenzt, nur zweimal pro Jahr. Das zieht viele Schmetterlinge an. Sie haben aber auch einen stachligen Bewohner im Garten: Ein Igel fühlt sich heimisch. Zudem haben in diesem Jahr auch Amseln unter dem Dach der Laube gebrütet.
«Uns ist wirklich wichtig, dass wir den Wildtieren genügend Raum lassen», sagt Johannes Bangerter zum Abschluss. «Etwas zurückzugeben – das ist ein schönes Gefühl.»

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