Einen Tag lang ist der Chef ganz Ohr
Wer wollte, konnte den Schweiz-Chef der Baloise anrufen, um über Berufschancen und Karrierepläne zu sprechen. Die Aktion stiess auf ein breites Echo.

Der Mann mit breiter Glatze und Brille hat sein Handy am Ohr: «Basler Versicherung, herzlich willkommen, mein Name ist Michael Müller.» Er ist der Schweiz-Chef der Baloise und sitzt an diesem Morgen in einem Konferenzzimmer am Hauptsitz des Versicherers. Dieses wird sein Arbeitsplatz für den gesamten Tag sein, von 8 bis 17 Uhr. In dieser Zeit wird Müller vor allem eines tun: mit wildfremden Leuten telefonieren, die das Gespräch mit ihm suchen.
Beim ersten Anrufer handelt es sich um einen Studenten, der kurz vor dem Abschluss steht. Er spricht mit Müller darüber, wie er ins Berufsleben einsteigen könnte, welche Möglichkeiten die Baloise biete. Der Schweiz-Chef verweist auf das Trainee-Programm seines Hauses für Uni-Absolventen: «Ich selber habe hier auch so angefangen.» Zum Schluss des Gesprächs gibt er dem jungen Mann noch einen Tipp: Worauf es besonders ankomme – egal wo und wie der Einstieg erfolge –, sei ein Netzwerk aufzubauen mit Leuten, die man bei bestimmten Fragen kontaktieren könne.
«Warum besprichst du deine Karrierepläne nicht mit unserem CEO? 079 726 55 38.» Mit rosafarbenen Plakaten in Basel, Bern und Zürich hatte die Baloise auf ihre Telefonaktion aufmerksam gemacht; auch über Social-Media-Plattformen wie Facebook und Linkedin wurde die Botschaft verbreitet.
Drei Dutzend Anrufe
Die Frau, die sich kurz darauf meldet, ist von einer Bekannten via Social Media auf das «offene Telefon» aufmerksam gemacht worden. Sie will von Müller wissen, worauf es besonders ankomme, wenn man beim Basler Versicherer arbeite. Die Antwort: «Seien Sie sich selbst und seien Sie offen und neugierig für Neues.»
Nach Beendigung des Gesprächs ruft Müller eine Nummer zurück, die ihm auf dem Anrufbeantworter hinterlassen wurde. Am anderen Ende der Leitung ist ein jüngerer Mann, der in der Vermögensverwaltung tätig ist. Wie er beruflich Karriere machen könne, will er wissen. Am Ende notiert sich Müller Name und Telefonnummer des Gesprächspartners, um sie an seine Personalverantwortlichen weiterzugeben.
Ihre erste Telefonaktion hatte die Baloise bereits im Juni durchgeführt. Damals erhielt der Schweiz-Chef rund 35 Anrufe, weitere Telefonate führte er im Anschluss mit Leuten, die sich erst abends oder anderntags bei ihm meldeten. «Das überraschend grosse Echo hat uns bewogen, mit dem CEO-Call in eine zweite Runde zu gehen», sagt Müller. Auch diesmal werden sich bis zum Ende des Tages etwa drei Dutzend Interessenten gemeldet haben.
Tatsächlich folgen sich nun die Anrufe und Müllers Rückrufe in engem Takt. Darunter ist erneut ein Student, der am Evaluieren ist, «wie es mit mir weitergehen soll». Ein anderer Anrufer will wieder über Karriereplanung sprechen; auch seine Koordinaten leitet Müller ans Rekrutierungsteam weiter. Gleiches tut er bei einem IT-Spezialisten, der für ein Jungunternehmen arbeitet.
«Gut investierte Zeit»
Aus der Reihe tanzt indes der Geschäftsführer einer Schweizer IT-Firma. Er will nur nachprüfen, ob unter der angegebenen Nummer tatsächlich der Schweiz-Chef der Baloise abnimmt. Das sei eine «spannende Aktion», und er sei sich jetzt am Überlegen, etwas Ähnliches auf die Beine zu stellen.
Greifen auch Leute zum Handy, um beim obersten Verantwortlichen für das inländische Geschäft ihren Ärger loszuwerden, zum Beispiel über eine Absage auf eine Bewerbung oder eine Schadenregulierung? «Nein», antwortet Müller, «bislang musste ich keine solch schwierigen und unerfreulichen Gespräche führen.»
Und lohnt sich der zeitliche Aufwand – einen Tag fürs offene Telefon und zwei weitere Tage für die Nachbearbeitung mit Rückrufen und Reaktionen auf Anfragen auf den Onlinekanälen des Versicherers? Die Antwort kommt umgehend: «Ganz bestimmt, für mich ist das gut investierte Zeit.» Was ihn, Müller, besonders beeindrucke, sei «die Tiefe, mit der sich Studien- und Lehrabgänger mit ihrer Zukunft und der Arbeitswelt beschäftigen». Ausserdem sei es «äusserst wertvoll», direkte Rückmeldungen zu erhalten, wie die Baloise als Arbeitgeberin wahrgenommen werde.
In ebendiesem Kontext sind die beiden Telefonaktionen zu sehen. Sie sind eingebettet in eine breitere Arbeitgeberkampagne, mit der die Basler das besonders bei jüngeren Leuten verbreitete konservative Image der Versicherungen korrigieren wollen. «Wie wir vielerorts wahrgenommen werden, geht an der heutigen Realität vorbei», sagt Müller. Man könne das etwa daran erkennen, dass die Leute, welche die Baloise kennen, meist dem Unternehmen treu blieben. Der Versicherer will denn die Kampagne im kommenden Jahr fortsetzen.
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