Kanton stellt sich hinter Lyss
Der Regierungsrat ist gegen ein zweites Asylzentrum in Lyss. Er fordert vom Bund, auf den Standort Waffenplatz zu verzichten – und dafür beim Zentrum in Kappelen mehr Plätze zu schaffen.

Die Forderung von Andreas Hegg war deutlich: «Ich erwarte vom Kanton, dass er uns unterstützt und dem Bund das Vorhaben ausredet», sagte der Lysser FDP-Gemeindepräsident letzte Woche an einem Infoabend. Das Thema war – wie so oft in den vergangenen Monaten – das geplante zweite Asylzentrum mit 350 Plätzen.
Seit April ist bekannt, dass der Bund ein solches ab 2025 auf dem Lysser Waffenplatz bauen möchte. Dies, obwohl 2019 bereits das kantonale Durchgangszentrum in Kappelen an der Grenze zu Lyss zu einem Bundesasylzentrum mit 270 Plätzen umgenutzt wird. Gleich zwei Bundesasylzentren in einer Ortschaft? Auf keinen Fall, fanden die Lysser Behörden – und wehren sich seither vehement gegen die Pläne.
Unterstützung vom Kanton
Die erhoffte Rückendeckung durch den Kanton haben sie nun erhalten. Am Freitag teilte der Berner Regierungsrat mit, dass er gegen ein zweites Bundesasylzentrum in Lyss ist. «Der Regierungsrat ist erstaunt, dass der Bund zwei Asylunterkünfte im Siedlungsgebiet von Lyss plant», schreibt er in einer Mitteilung. Der vorgesehene Standort auf dem Waffenplatz sei deshalb aus dem Sachplan Asyl zu streichen.
In seinem Statement im Rahmen der Vernehmlassung argumentiert der Regierungsrat einerseits mit der ungleichmässigen Verteilung, zumal Lyss mit einem zweiten Asylzentrum die ganze Last des Kantons allein tragen müsste. Andererseits verweist er darauf, dass der Waffenplatz für die Siedlungsentwicklung von Lyss wichtig sei. Dies, weil die Gemeinde von Fruchtfolgeflächen umgeben sei und sich deshalb nach innen entwickeln müsse. «Der Standort ist ideal für eine Gesamtwohnüberbauung.»
Nur ein Zentrum, aber grösser
Ein gewisses Entgegenkommen signalisiert der Kanton trotzdem. Er schlägt dem Bund vor, dass dieser «die Variante mit einem einzigen, grösseren Bundesasylzentrum in Kappelen nochmals prüft». Statt zweier Zentren soll es also nur eines geben, dafür aber ein grösseres? «Ja», bestätigt der zuständige Regierungsrat Christoph Neuhaus (SVP). «Man könnte die Infrastruktur in Kappelen etwas ausbauen.»
Um wie viele zusätzliche Plätze es dabei allenfalls ginge, kann Neuhaus nicht sagen. Er spricht jedoch von nur «ein paar Dutzend». Die Idee sei also nicht etwa, bei einem Verzicht auf das zweite Zentrum dafür die Kapazität in Kappelen um ein Vielfaches zu erhöhen. «Es geht darum, zu verdichten, und nicht darum, zu verdoppeln.»
Eine bescheidene Erweiterung des Zentrums in Kappelen – damit könnte auch Andreas Hegg leben. «Solange das keine Salamitaktik ist und am Schluss dann trotzdem wir die ganze Last haben, wäre das okay», sagt der Lysser Gemeindepräsident. Er sei froh, dass der Kanton hinter der Haltung der Gemeinde stehe. «Ich hoffe, dass der Bund nun entsprechend handelt.»
Bundesrat hat das letzte Wort
Ob Letzterer das zweite Asylzentrum in Lyss nun fallen lässt, bleibt weiterhin offen. Beim Staatssekretariat für Migration (SEM) will man sich wegen des noch bis zum 4. Juli laufenden Vernehmlassungsverfahrens nicht näher dazu äussern. «Wir werden die Stellungnahme wie alle anderen in die Gesamtbeurteilung fliessen lassen», sagt SEM-Sprecher Martin Reichlin.
Auf die Frage, wie viel Einfluss die Empfehlung des Berner Regierungsrates letztlich auf die Entscheidung haben wird, heisst es: «Grundsätzlich ist es das Ziel, eine Lösung zu finden, die vom Bund, vom Kanton und von der betroffenen Gemeinde mitgetragen wird.» Im Fall von Lyss dürfte das spätestens seit Freitag nicht mehr zutreffen. Den definitiven Entscheid wird der Bundesrat Ende Jahr fällen.
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