Kanton soll Thorberg-Führung besser auf die Finger schauen
Das Amt für Justizvollzug nimmt seine Führungsaufgabe bei der Strafanstalt Thorberg nur ungenügend wahr. Zu diesem Schluss kommt die Finanzkontrolle, die eine Sonderprüfung durchführte.

Schlechtes Betriebsklima und viele Abgänge: Die Justizvollzugsanstalt Thorberg kommt nicht aus den Negativschlagzeilen heraus. Wegen der zahlreichen Abgangsentschädigungen, Freistellungen und Krankschreibungen hatte die grossrätliche Finanzkommission (Fiko) die Finanzkontrolle mit einer Untersuchung beauftragt. Sie sollte aufzeigen, ob die hohe Fluktuation für den Kanton Bern mit finanziellem Mehraufwand verbunden ist. Die Antwort: nein.
Der Sonderprüfungsbericht kommt zum Schluss, «dass die finanziellen Auswirkungen der Probleme auf dem Thorberg nicht gravierend sind», wie die Finanzkommission am Dienstag mitteilte. Auch die personalrechtlichen Vorgaben seien eingehalten worden, die festgestellten Abweichungen seien nicht alarmierend. Die Auswirkungen der Reorganisation auf dem Thorberg und der Einführung des neuen Schichtmodells auf die Personalzufriedenheit sowie die hohe Quote der Abwesenheiten seien für die Betroffenen der Organisation zwar unerfreulich, gehörten aber zu den Nebeneffekten vieler Umstrukturierungen, hält die Finanzkontrolle fest.
«Ungenügende Führung»
Alles gut also? Mitnichten. Denn die Finanzkontrolle hat andere gravierende Mängel gefunden. So bezeichnet sie etwa die Aufsicht und die Führung des Amtes für Justizvollzug (AJV) als «ungenügend». Sie schreibt von fehlender Standardisierung bei Prozessen. «Gerade in schwierigen Situationen haben diese Schwachstellen besonders negative Auswirkungen auf das Betriebsklima, das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit.»
Im Bericht wird festgehalten, dass diese Führungsmängel sowohl beim AJV als auch auf dem Thorberg seit längerem bestehen würden. Obwohl in der Mitteilung niemand namentlich genannt wird, so ist doch klar, dass die Kritik vor allem auf zwei ehemalige Schlüsselfiguren abzielt: den früheren Polizei- und Militärdirektor Hans-Jürg Käser (FDP) und den inzwischen freiwillig abgetretenen AJV-Vorsteher Thomas Freytag.
Im Zusammenhang mit dem Thorberg ist es das zweite Mal, dass Käser in den Fokus gerät. Schon bei der Affäre um den früheren Thorberg-Direktor Georges Caccivio 2014 wurde er von der Geschäftsprüfungskommission des Grossen Rates kritisiert. Käser habe zu lange zugewartet mit einer Reaktion, obwohl er längst von Caccivios Abstechern ins Drogen- und Prostitutionsmilieu gewusst habe, lautete damals der Vorwurf.
Die Ergebnisse aus dem damaligen GPK-Bericht und der Untersuchung des Strafvollzugsexperten Benjamin Brägger führten damals zu einer Umstrukturierung auf dem Thorberg, die nun zu Unzufriedenheit unter dem Personal und zur erwähnten hohen Fluktuation geführt hat.
«Auf gutem Weg»
Die Finanzkontrolle gibt im aktuellen Sonderprüfungsbericht 18 Empfehlungen ab. Als zentral erachtet sie, dass für die Leitung des Amtes für Justizvollzug «eine geeignete Persönlichkeit» gefunden wird. Die Suche nach einer Nachfolge für Thomas Freytag läuft noch. Im Bericht werden zwei Personalentscheide kritisiert: erstens, dass Laszlo Polgar interimistisch die Leitung des AJV innehat, obwohl er mit der stellvertretenden Thorberg-Direktorin Beatrice Georg liiert ist. Zweitens die Tatsache, dass der im Bericht kritisierte Thomas Freytag nach wie vor zum AJV-Kader gehört.
Seit Anfang September leitet er die Abteilung Bewährungs- und Vollzugsdienste. Der neue Polizeidirektor Philippe Müller (FDP) verteidigt beide Entscheide. Polgar sei zuvor vollamtlicher stellvertretender Amtsvorsteher gewesen. Zudem sei seine Ernennung von vorübergehender Natur. Und zu Freytags Verbleib im AJV sagt er: «Thomas Freytag bringt ausgewiesene Kenntnisse in seinem neuen Arbeitsbereich mit.»
Sowohl die Finanzkontrolle als auch die Finanzkommission begrüssen explizit, dass Müller (FDP) den Umbau des AJV bereits eingeleitet hat. Müller hatte kürzlich gegenüber dieser Zeitung gesagt, dass er die Geschäftsleitung des Amtes massiv verkleinern wolle. Womöglich mit dem Resultat, dass nicht mehr alle vier Direktoren der Justizvollzugsanstalten Teil des Gremiums sein werden. «Am Schluss braucht es im Interesse des Kantons eine gute Lösung. Und da sind wir aus heutiger Sicht nun auf gutem Weg», sagt Fiko-Präsident Daniel Bichsel (SVP) zu Müllers Plänen.
Von Änderungen auf dem Thorberg spricht Müller derzeit bewusst nicht. Denn noch sind die Resultate einer breitangelegten Befragung des Thorberg-Personals nicht bekannt. «Wir nehmen diese Befragung ernst und werden danach analysieren, ob und allenfalls welche Schlüsse zu ziehen sind.» Der Polizeidirektor stellt die Ergebnisse für Oktober in Aussicht.
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