Kanton Bern will Verhältnis zu den Kirchen lockern
Im Kanton Bern sollen Staat und Kirche stärker getrennt werden. So sollen künftig Geistliche nicht mehr vom Kanton angestellt werden.

Die Berner Kantonsregierung hat eine heikle Diskussion angestossen: Sie will das traditionell enge Verhältnis zu den Landeskirchen lockern. So sollen die Pfarrer künftig nicht mehr Angestellte des Kantons, sondern der Kirche sein. Die Kirchen warnen vor einer reinen Sparübung.
Obschon die meisten Landeskirchen nicht eben von Kirchgängern überrannt werden, gehören nach wie vor drei Viertel der Bernerinnen und Berner einer Landeskirche an. Eine Trennung von Kirche und Staat würde vor diesem Hintergrund politisch kaum Mehrheiten finden, wie Justiz-, Gemeinde- und Kirchendirektor Christoph Neuhaus am Freitag vor den Medien in Bern sagte.
Der Regierungsrat hält es für sinnvoller, das Verhältnis zwischen Kirche und Staat im Rahmen einer Totalrevision des Kirchengesetzes weiter in Richtung eines Partnerschaftsmodelles zu entwickeln.
Das Verhältnis zwischen Kirche und Staat soll stufenweise gelockert und die Landeskirchen autonomer werden. Dies gilt besonders für personelle Fragen und die Festlegung der pfarramtlichen Versorgung.
Insgesamt acht Leitsätze hat die Kantonsregierung formuliert. Dazu gehört auch, dass bei den Kirchensteuern der juristischen Personen eine positive Zweckbindung angestrebt wird. Das bedeutet, dass das Geld nicht für kultische Zwecke eingesetzt wird, sondern für Aufgaben im öffentlichen Interesse.
Mit den anvisierten Massnahmen werden vor allem die Landeskirchen gestärkt. Nicht in Frage gestellt werden soll die öffentlich-rechtliche, territoriale Organisation der Kirchgemeinden, ihre Unterstellung unter das Gemeindegesetz sowie ihr Recht auf Erhebung von Kirchensteuern.
Neues Finanzierungsmodell
Für die Finanzierung der Landeskirchen soll ein neues System ausgearbeitet werden. Im Moment stehen für den Regierungsrat Lastenausgleichs- und Beitragsmodelle im Vordergrund.
Dies dürfte noch zu reden geben, denn der Kanton Bern verstaatlichte 1804 das Kirchenvermögen, um im Gegenzug die Entlöhnung der Pfarrer zu übernehmen. Nun will aber die Regierung auf die Ablösung der historischen Rechtstitel verzichten. Will heissen: die Kirchengüter behalten, ohne den Ertrag daraus den Kirchen in Form von Pfarrerlöhnen zur Verfügung zu stellen.
Ob und wie allenfalls eine Ablösung der historischen Rechtstitel zu handhaben wäre, ist juristisch höchst umstritten. Die Berner Regierung will darum lieber nach vorne schauen und das Augenmerk auf die Ausarbeitung eines neuen Finanzierungssystems legen, wie Neuhaus betonte.
Andere Religionsgemeinschaften vorerst ausgeklammert
Von einem weiteren heissen Eisen möchte der Kanton vorderhand die Finger lassen: ein Gesetz, das die Voraussetzungen für die öffentlich-rechtliche Anerkennung weiterer Religionsgemeinschaften schafft.
Das Thema sei schlicht zu emotionsgeladen und ein Gesetz hätte beim Volk keine Chance, vermutete Neuhaus. Das möge hasenfüssig erscheinen, räumte Neuhaus ein. «Doch sein Ansatz sei politrealistischer».
Untätig wolle die Regierung in diesem Bereich ja nicht bleiben, betonte Neuhaus. Der Regierungsrat will prüfen, wie allenfalls Religionsgemeinschaften integriert und gefördert werden können, die gesellschaftlich relevante Leistungen erbringen. Damit soll längerfristig der Weg für ein Anerkennungsgesetz geebnet werden, ist Neuhaus überzeugt.
Diskussion ist eröffnet
Den Überlegungen der Kantonsregierung liegt eine externer Bericht zugrunde, der das historisch gewachsene, komplexe Verhältnis zwischen Kirche und Staat ausleuchtet. Manches erscheine heute nicht mehr zeitgemäss, Reformen seien durchaus denkbar. In manchen Punkten kommen die Verfasser allerdings zu anderen Schlüssen als die Regierung, namentlich etwa bei der Anerkennung anderer Religionsgemeinschaften.
Die auf dem Bericht basierenden Vorschläge der Regierung gehen nun in die Debatte, namentlich bei den Kirchen. Das Berner Kantonsparlament soll im kommenden September den Bericht diskutieren. Nimmt ihn der Grosse Rat zur Kenntnis, wird die Regierung die Totalrevision des Kirchengesetzes in Angriff nehmen.
Kirchen üben Kritik
Die drei bernischen Landeskirchen sind bereit, über ihr Verhältnis zum Staat zu diskutieren. Sie warnen aber vor einer neuen «Hauruck-Übung», die nur den Sparinteressen des Kantons diene.
Das machten reformierte, katholische und christkatholische Kirchenvertreter am Freitag an einer gemeinsamen Medienkonferenz in Bern deutlich. Den Expertenbericht bezeichneten sie als gute Diskussionsgrundlage, die Schlussfolgerungen des Regierungsrats als enttäuschend.
SDA/jam/tag
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