Kampf um Tierbeiträge im Stöckli
Die Ständeräte lobten Bundesrat Schneider-Ammann für seine Landwirtschafts-Reform, die den immer weniger Bauern mehr Geld beschert. Einige kritisierten jedoch die Abschaffung der Tierbeiträge.

Der Ständerat hat heute Donnerstag die Agrarpolitik für die Jahre 2014 bis 2017 wohlwollend aufgenommen. Das Eintreten auf die Vorlage war in der kleinen Kammer unbestritten. Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann erntete Lob für seine sanfte Agrarreform. «Die Vorlage stellt eine gute Ausgangslage dar für die Landwirtschaft der Zukunft», sagte unter anderen Stefan Engler (CVP/GR).
Im Ständerat lag kein Antrag auf Rückweisung der Agrarpolitik 2014-2017 vor – im Gegensatz zur Debatte im Nationalrat in der Herbstsession, bei der die SVP das Paket zurückweisen wollte. SVP-Ständerat Peter Föhn (SZ) kritisierte jedoch eine mangelnde Ausrichtung der Agrarpolitik auf die produzierende Landwirtschaft.
Einsatz für Tierbeiträge
Korrigieren lasse sich dies durch Detailanpassungen, sagte er. Beispielsweise sollen mehr pauschale Versorgungssicherheitsbeiträge ausgerichtet werden anstelle von Übergangsbeiträgen, mit denen der Bundesrat die Auswirkungen des neuen Systems abfedern will.
Föhn und Vertreter der bürgerlichen Parteien nehmen aber vor allem auch den markantesten Reformvorschlag der Vorlage ins Visier: die Abschaffung der Tierbeiträge. Der Bundesrat will diese abschaffen, weil sie als Anreiz für Überproduktion gelten. Heute kriegen Landwirte mehr Zahlungen, je mehr Tiere sie halten. Der Nationalrat hatte die Abschaffung gutgeheissen. Die vorberatende Kommission des Ständerats will die Beiträge nun beibehalten. Die Abschaffung wäre ein gewaltiger Eingriff in das bewährte System, sagte Ivo Bischofberger (CVP/AI).
Forderung würde 290 Millionen kosten
Aus Sicht von Werner Luginbühl (BDP/BE) hat der Bundesrat die Balance zwischen Ökologie und Produktion noch nicht gefunden: Mit reinen Flächenbeiträgen statt der Tierbeiträge drohe die Landwirtschaft allzu extensiv zu werden. Die Landwirte erwarteten zu Recht, das sie auf eine nachhaltige finanzielle Basis zählen könnten, sagte Pirmin Bischof (CVP/SO) zur Verteidigung der Tierbeiträge. Er schlägt vor, die Beiträge massvoll anzupassen, statt sie ganz abzuschaffen.
Eine solche Anpassung der Tierbeiträge würde jährlich 290 Millionen Franken pro Jahr kosten, sagte Bundesrat Schneider-Ammann. Diese Mittel würden für andere Programme fehlen, mit denen die Ressourceneffizienz oder das Tierwohl gefördert werden sollen. Der Bundesratsvorschlag steigere zudem die Einkommen des Bauernsektors.
Bessere Ausrichtung an Verfassungszielen
Für die Abschaffung der Tierbeiträge setzen sich neben dem Bundesrat die Linke und die Grünliberalen ein. Verena Diener (GLP/ZH) erinnerte daran, dass der Bundesrat die Vorlage nach Interventionen des Bauernverbandes bereits abgeschwächt habe.
Weniger Tierbeiträge heisse, dass die Landwirtschaft stärker auf die Verfassungsziele ausgerichtet werde, sagte Anita Fetz (SP/BS). Die Reform sei daher «ein Schrittchen» in die richtige Richtung. «Uns ist die Landwirtschaft lieb, aber auch teuer.» Dann müsse aber auch der Ertrag stimmen – und das sei nicht immer der Fall, zum Beispiel bei der Belastung der Umwelt.
In der rund dreistündigen Eintretensdebatte äusserten mehrere Redner auch die Befürchtung, die neue Agrarpolitik könnte zu zusätzlicher «Agrarbürokratie» führen. Die Kantone stünden vor einem grossen Umsetzungsaufwand durch den Systemwechsel, sagte Karin Keller-Sutter (FDP/SG).
Aufstockung um 160 Millionen Franken
Mit der Agrarpolitik 2014-2017 schlägt die Regierung eine Anpassung bei den Subventionen für die Bauern an. Die Direktzahlungen sollen in sieben Beitragsarten aufgeteilt und somit enger an die verfassungsmässigen Ziele angelehnt werden. Die ökologischen Leistungen der Landwirte würden ohne die Abgeltungen des Staates nicht durchgeführt, sagte Bundesrat Schneider-Ammann.
Auf der finanziellen Seite soll die Landwirtschaft nach dem Vorschlag des Bundesrates in der nächsten Vierjahresperiode gleich viel kosten wie bisher, obwohl die Zahl der Bauern gesunken ist. Der Nationalrat erhöhte den Zahlungsrahmen jedoch von 13,67 auf knapp über 13,8 Milliarden Franken. Die vorberatende Kommission des Ständerats hält an der Aufstockung fest.
Nationalrat: Bauern-Lobby beharrt auf mehr Geld
Es bleibt dabei: Der Nationalrat will das Budget 2013 für die Tourismuswerbung und die Landwirtschaft auf insgesamt 72 Millionen Franken aufstocken. Er folgte heute Donnerstag mehreren Minderheitsanträgen.
Die Mehrheit der Finanzkommission hätte die Differenzen mit dem Ständerat ausräumen und damit den Voranschlag 2013 bereinigen wollen. Doch der Rat folgte in insgesamt vier Punkten Minderheitsanträgen.
Minderheitsanträge unterstützt
Bürgerliche Minderheiten beantragten insgesamt 60 Millionen Franken für die Landwirtschaft. 30 Millionen waren für eine Aufstockung der allgemeinen Direktzahlungen vorgesehen und je 15 Millionen für Ausfuhrbeiträge für verarbeitete Landwirtschaftsprodukte sowie als Hilfe für die von der Krise gebeutelten Weinbauern.
Einzig die SVP unterstützte die Anträge offiziell. Die Mehrheit der FDP, SP, Grüne und Grünliberale äusserten sich ablehnend zu den Anträgen. Trotzdem passierten die erhöhten Ausfuhrbeiträge mit 85 zu 84 Stimmen, die Hilfe für die Winzer mit 101 zu 72 Stimmen und die 30 Millionen für die Direktzahlungen mit 90 zu 87 Stimmen.
12 Millionen für Schweiz Tourismus
Eine weitere Minderheit von Bürgerlichen und SP wollte angesichts der schwachen Konjunktur mit zusätzlichen 12 Millionen Franken das Werbebudget für Schweiz Tourismus erhöhen. Unterstützung erhielt sie von der CVP/EVP-Fraktion und einem Teil der SP-Fraktion. Dagegen sprachen sich die Mehrheit der SVP, die Mehrheit der FDP und Grüne aus. Die Aufstockung um 12 Millionen Franken passierte mit 90 zu 77 Stimmen.
Der Bundesrat hatte das Budget im Sommer mit Einnahmen von rund 64,5 Milliarden Franken, Ausgaben von 64,9 Milliarden Franken und mit einem ein Defizit von 363 Millionen Franken verabschiedet. Im Herbst hatten die Räte mit der BFI-Botschaft mit Krediten für die Hochschulen, die ETH und die Berufsbildung das Defizit erhöht.
5 Millionen für Soforthilfe in Syrien
Einig geworden sind sich beide Kammern auch über Aufstockungen für die Aufarbeitung des Informatik-Debakels INSIEME sowie für die ausserschulische Kinder- und Jugendarbeit. Damit beläuft sich das Minus bei rund 425 Millionen Franken. Über die vom Nationalrat zusätzlich vorgenommene Aufstockung des Defizits um 72 auf rund 497 Millionen Franken befindet nun erneut der Ständerat.
Bereinigt hat der Nationalrat die Nachtragskredite für das Jahr 2012. Als Zweitrat bewilligte er zusätzlich zu den bereits beschlossenen 135 Millionen Franken vom Bundesrat am Freitag beantragte 5 Millionen Franken für die Soforthilfe in Syrien.
SDA/rub
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch