Kalifornischer Traum mit Haien und Barracuda
Vincent Praplan will mit 24 in die NHL. Und mit einem prominenten WG-Kollegen.

Was einem Schweizer Nationalstürmer blühen kann, der es erstmals in der NHL versucht, bekam Vincent Praplan schnell vorgeführt. Eigentlich war der Klotener ja am Sonntag als einer von 15 Spielern aus dem Trainingscamp der San Jose Sharks ins Farmteam geschickt worden.
Am Dienstag aber dann die Überraschung: 14 davon wurden zu den Sharks gerufen, für ein Testspiel nach Calgary geflogen und in derselben Nacht zurück nach Kalifornien. Ein Tag, fünf Stunden Flug, späte Heimkehr. Solche Strapazen mochte der Club seinen Stars lieber nicht zumuten. Da mussten die Jungen und die zweite Garde ran. Spieler wie Praplan.
Zehn Tage im Hotel reichten
Zu den Jungen gehört der in der NHL nicht mehr. Seine 24 Jahre liegen bloss ein Jahr unter dem Durchschnittsalter. Und zweite Garde? Das will hier keiner sein. Dafür ist auch Praplan nicht 9300 Kilometer um den halben Globus geflogen. Dafür hat er nicht einen Einjahresvertrag unterschrieben, der ihm beim Farmteam in der AHL bloss 70000 Dollar Lohn garantiert – vor Steuern. In der Heimat könnte er, der beste Schweizer Skorer der WM 2017, das Zehnfache verdienen.
Neue Erlebnisse gab es für Praplan nicht zu knapp im vergangenen Jahr. Sportlich erfreulich war aber seit der Weltmeisterschaft in Paris nur eines: die Verpflichtung bei den Sharks im August 2017. Die Saison, die er danach noch in der Heimat spielte, war ein Desaster, vom Olympiaturnier bis zur Nichtberücksichtigung für die WM, wo die Schweiz Silber holte. Und vor allem die verlorene Ligaqualifikation mit Kloten, wo er ein Leader hätte sein sollen. «Der Abstieg ist etwas, was mich mein Leben lang begleiten wird», weiss Praplan, «er wird immer ein Teil von mir sein, von meiner Geschichte und meiner Karriere.»
Doch nun hat ihn diese Karriere ganz woanders hingeführt, nach San Jose in Kalifornien, im äussersten Süden der Bucht von San Francisco. Nach dem Abstieg des EHC zog Praplan aus der Klotener Wohngemeinschaft, die er zusammen mit Patrick Obrist und Robin Leone gebildet hatte, bezog ein Gästezimmer in Zürich und flog Ende August an die amerikanische Westküste.
«Der Abstieg mit Kloten ist etwas, was mich ein Leben lang begleiten wird.»
Er ging früh, früher als die meisten anderen Schweizer Nordamerika-Söldner. Einerseits wollte er Zeit haben, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen. Andererseits musste er auf Wohnungssuche gehen. Das ist darum ungewöhnlich für NHL-Neulinge, weil die meist im Hotel leben. Doch San Jose ist anders: Hier und in Toronto spielt das Farmteam in derselben Stadt wie das NHL-Team. «Das ist perfekt», sagt Praplan, «ich war während der Wohnungssuche zehn Tage im Hotel, das hat mir eigentlich schon gereicht.»
Gesucht hat er nicht nur für sich, sondern auch noch für einen Kollegen. Denn auch in San Jose lebt Praplan wieder in einer WG, hier zusammen mit Timo Meier. Obwohl zwei Jahre jünger, ist der Ostschweizer bereits eine feste Grösse im Club. Er wurde in der ersten Runde gedraftet, geht in seine dritte NHL-Saison. Meier hat geschafft, was auch Praplan anstrebt: den Stammplatz bei den Sharks, weg vom Barracuda. Die Hierarchie zeigt sich schon in den Namen der zwei Clubs – Haie auf der einen Seite, ein einsamer Pfeilhecht auf der anderen.
Geplant war die WG nicht: Erst im August beim Prospect Camp der Schweizer Nationalmannschaft in Bern reifte der Plan. «Ich fragte ihn, wo man am besten wohnt», erinnert sich Praplan, «und weil Kalifornien recht teuer ist, dachten wir, dass wir zusammen suchen könnten.»
Die Arbeitsteilung war dann so, dass der Klotener suchte, fand und Meier per Whatsapp Bilder des Apartments schickte.
Fast wie Ferien
Es war genehm. «Eine Art Disneyland für Erwachsene» nannte eine der ersten Mieterinnen die Überbauung «Santana Row», als diese 2002 fertiggestellt war. Auf einem Areal so gross wie 22 Fussballfelder sind zahllose Boutiquen, Restaurants und Apartments zu finden, über tausend Menschen leben hier auf gehobenem Standard.
«Wir wohnen im obersten Stock, von meinem Zimmer aus sieht man schön den Sonnenuntergang», schwärmt Praplan, «und wenn man runterkommt, hat es einen Riesenpool für die Bewohner des Blocks.» In der ersten Zeit, als es noch 25 bis 30 Grad warm war und der Himmel jeden Tag strahlend blau, haben die beiden Schweizer vom Pool reichlich Gebrauch gemacht. «Es fühlt sich ein bisschen an wie Ferien», sagte Praplan damals.
Diese Zeiten sind spätestens seit Sonntag vorbei. Und das ist dem ehrgeizigen Stürmer ganz recht. «Ich weiss, dass ich meine Karriere in Amerika fortsetzen will», bekräftigt Praplan.
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