Nach Konzertabbruch in BernJunge SVP erstattet Anzeige gegen die Brass
Die Junge SVP Schweiz zeigt die Brasserie Lorraine an – wegen Verstosses gegen die Antirassismus-Strafnorm. Die Band selbst hat dafür wenig Verständnis.

Der Abbruch eines Reggae-Konzerts in Bern beschäftigt nun auch die Justiz. Die Junge SVP erstattet Anzeige wegen Verstosses gegen die Antirassismus-Strafnorm.
Das teilte die Jungpartei am Donnerstagvormittag auf Twitter mit. Die Anzeige richte sich gegen die Verantwortlichen der Brasserie Lorraine, sagte JSVP-Präsident David Trachsel zu «FM1 Today». «Sollen die woken Kreise ruhig mal ihre eigenen Gesetze zu spüren bekommen», schreibt Trachsel dazu auf Twitter.
Am Nachmittag reagierte Dominik Plumettaz, Sänger der Band «Lauwarm», in einem Instagram-Video auf die Ankündigung der Jungpartei: «Liebe SVP Schweiz. Zieht die Anzeige gegen die Brasserie Lorraine bitte zurück.» Die Band halte die Anzeige für fehl am Platz; hauptsächlich ginge es jetzt schliesslich um einen «konstruktiven Diskurs», welcher auf diese Weise bestimmt nicht gefördert werde.
Hintergrund der Strafanzeige ist der Abbruch des Konzerts von «Lauwarm» in der Brasserie Lorraine am 18. Juli. Der Konzertabbruch erfolgte, weil sich Leute im Publikum unwohl fühlten, dass eine weisse Band Reggae-Musik spielte und Bandmitglieder Rastalocken trugen. Verschiedene Konzertbesuchende sollen dies als kulturelle Aneignung empfunden und beim Brasserie-Team reklamiert haben.
Der Vorfall wirft derzeit hohe Wellen im In- und Ausland. Die Debatte um kulturelle Aneignung ist indessen nicht neu, schwappt aber gerade über die Schweiz. Im Kern geht es darum, dass sich Menschen Kulturgut anderer Kulturen zu eigen machen.
Im Frühling wurde eine weisse Musikerin in Deutschland von der Bewegung Fridays for Futur von einer Demonstration ausgeladen, weil sie Rastalocken trug. Auch hier wurde das Argument der kulturellen Aneignung vorgebracht.
Sensibilität für Ungerechtigkeiten
Das Thema ist in seinen vielen Facetten hochkomplex. Aktuell in aller Munde ist der Begriff «woke», also wach. Er hat seinen Ursprung in der schwarzen Bürgerrechtsbewegung der Vereinigten Staaten. Er bedeutet, dass man sensibel ist für soziale und rassistische Ungerechtigkeiten und solche auch benennt.
Es dauerte nicht lange, bis sich aus rechten Kreisen eine Gegenbewegung nährte, die alles bekämpft, was eben «woke» ist. Ihre Anhänger sprechen stattdessen von «cancel culture», also davon, dass meist junge urbane Menschen anderen moralisches Verhalten vorschreiben und Andersenkende ausgrenzen.
Die Debatte ist nun auch in Europa angelangt und treibt mitunter seltsame Blüten, wie die gehässige Diskussion um den als sexistisch kritisierten Ballermann-Hit «Layla». Die Junge SVP rief einen Wettbewerb aus, um den kontroversen Song in den Charts zur Nummer 1 zu machen. In Deutschland wurde das Lied zum Sommerhit 2022 gekürt, wie die deutsche Nachrichtenagentur DPA mitteilte.
SDA/ske
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