Jobmaschine Schweiz
So viele offene Stellen gab es noch nie: Wer nun auf dem Arbeitsmarkt die besten Chancen hat und welche Branchen Angestellte suchen.

Wer im neuen Jahr eine Arbeitsstelle sucht, hat gute Chancen, eine zu finden. Denn noch nie gab es so viele offene Stellen. Im vierten Quartal des zu Ende gegangenen Jahres waren insgesamt knapp 178'000 Vakanzen auf den Websites von Unternehmen ausgeschrieben. Das sind 22'000 oder gut 14 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Dies zeigt der neuste Jobradar der Firma X28 AG, die schweizweit über die beste Jobsuchmaschine verfügt.
«Das Rekordhoch spiegelt die positive Wirtschaftsentwicklung und das grosse Vertrauen in die Zukunft vieler Unternehmen», sagt Cornel Müller, Verwaltungsratspräsident von X28. Ein Teil der Zunahme sei zwar der Tatsache zuzuschreiben, dass mehr Stellen online ausgeschrieben sind. Ein Methodenwechsel als Erklärung für die stark steigende Zahl ausgeschriebener Stellen sei aber ausgeschlossen. «Wir haben kaum signifikante Verbesserungen bei der Datensuche vorgenommen», sagt Müller.
Der Bund bestätigt die starke Zunahme ausgeschriebener Stellen. «Unsere Daten stützen den Jobradar der Firma X28», sagt Bernhard Weber, stellvertretender Leiter des Ressorts Arbeitsmarktanalyse und Sozialpolitik im Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco). Die Zahl der offenen Stellen, die den regionalen Arbeitsvermittlungszentren gemeldet werden, ist in den vergangenen zwei Jahren steil angestiegen – besonders im Industriesektor, der zuvor unter dem starken Franken gelitten hatte. Die Industrie wird in diesem Jahr Stellen aufbauen. Das zeigt der neuste Einkaufsmanagerindex, der vergangene Woche veröffentlicht wurde. Er gilt als einer der verlässlichsten Frühindikatoren für die Entwicklung in der Industrie.
Infografik: Offene Stellen auf dem Höchststand 1/2

«Es läuft im Moment ausserordentlich gut», sagt Jan-Egbert Sturm, Leiter der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. «Wir sehen tatsächlich einen eindeutigen Anstieg offener Stellen. Immer mehr Unternehmen – vor allem im Exportbereich – haben vor, Arbeitsplätze aufzubauen.» Die Konjunkturexpertengruppe des Bundes erwartet, dass sich die gesamte Schweizer Wirtschaft in den kommenden Quartalen schwungvoll erholt. Im Zug des weltwirtschaftlichen Aufschwungs sagt sie für das neue Jahr ein starkes Wachstum des Bruttoinlandprodukts von 2,3 Prozent voraus, für 2019 solide 1,9 Prozent. Dazu tragen sowohl der Aussenhandel als auch die Binnenwirtschaft bei. Die Beschäftigung dürfte gemäss Bund spürbar ansteigen und die Arbeitslosigkeit weiter zurückgehen. Für 2018 erwartet das Staatssekretariat für Wirtschaft eine durchschnittliche Arbeitslosenquote von 2,9 Prozent. Die Zahl von knapp 178'000 offenen Stellen ist aus zwei Gründen bemerkenswert. Erstens liegt sie deutlich über den 12'000 offenen Stellen, die dem Staatssekretariat für Wirtschaft von den Firmen Ende November gemeldet wurden. Zweitens liegt sie deutlich über der offiziell gemeldeten Arbeitslosenzahl. Gemäss den Zahlen des Bundes waren Ende November 137'000 Arbeitslose bei den regionalen Arbeitsvermittlungszentren eingeschrieben. Es gibt also gemäss dem Jobradar von X28 rund 41'000 offene Stellen mehr als Arbeitslose.
«Die Digitalisierung lässt gewisse Berufsprofile verschwinden, es kommen aber auch neue hinzu.»
In der Realität dürfte die Zahl der unbesetzten Stellen noch deutlich grösser sein. Denn die Unternehmen schreiben laut einer Untersuchung der kantonalen Arbeitsmarktbehörden sieben von zehn Stellen nicht auf ihrer Website aus; die Mehrheit der offenen Jobs wird über informelle Wege, Spontanbewerbungen und interne Besetzungen vergeben.
Zwischen Nachfrage und Angebot klafft jedoch eine Lücke. So bildet die Schweiz seit Jahren zu wenig Handwerker, Techniker, Informatiker und Pflegepersonal aus. Ausserdem stimmen die auf dem Arbeitsmarkt gesuchten Kompetenzen, das Alter oder das Pensum oft nicht mit den Kenntnissen oder Wünschen der Stellensuchenden überein.
Infografik: Offene Stellen auf dem Höchststand 2/2

Prozentual am deutlichsten zugenommen hat 2017 die Zahl offener Stellen in exportorientierten Branchen wie Uhren und Schmuck, Elektro- und Medizinaltechnik, Pharma- und Chemieindustrie, Maschinenbau, Metallindustrie und Grosshandel. Deutlich mehr offene Stellen gibt es auch in der Gastronomie und der Hotellerie, was die Erholung des Tourismus widerspiegelt. Ebenfalls klar mehr offene Stellen zählt man im Detailhandel, in der Informatik, im Bildungs- und Sozialwesen sowie bei der öffentlichen Verwaltung.
Die meisten Berufsleute sucht derzeit Coop. Der Grossverteiler hatte im vierten Quartal 515 Stellen offen – vor der Migros, Lidl, Credit Suisse und Manor. Merklich zugenommen hat die Zahl der offenen Stellen für Datenbank- und Internetspezialisten, IT-Administratoren, IT-Sicherheitsfachleute, Programmierer, Softwareentwickler, Systemspezialisten, Ingenieure und Techniker. Dies zeigt, dass die Digitalisierung weiter voranschreitet. Der Automatikfachmann lag im vierten Quartal 2016 noch an 25. Stelle der am meisten nachgefragten Berufe, ein Jahr später war er bereits an 19. Stelle. Der Polymechaniker rückte von der 17. auf die 9. Stelle vor.
«Die verbreitete Angst, dass die Digitalisierung zu erhöhter Arbeitslosigkeit führt, ist unbegründet», sagt Cornel Müller. Ein klares Anzeichen für diese Aussage ist die nach wie vor steigende Nachfrage im Bereich der gering qualifizierten Jobs wie Umzugs-, Reinigungs- oder Aushilfspersonal. Gleichzeitig entstehen neue Berufe wie Big-Data-Spezialisten, Digital Change Manager, Social-Media-Berater oder Suchmaschinenoptimierer. «Die Digitalisierung erfasst sämtliche Branchen und durchdringt alle Sektoren und Bereiche eines Unternehmens», sagt Bernhard Weber. «Es werden als Folge gewisse Berufsprofile wegfallen, aber auch neue hinzukommen. Insgesamt ist nicht mit einem Rückgang der Beschäftigung zu rechnen – das hat uns auch der Strukturwandel der Vergangenheit gezeigt.»
Gute Chancen für Handwerker
Am meisten Vakanzen gab es Ende 2017 bei den Pflegefachleuten, Elektromonteuren, Projektleitern und Softwareentwicklern. Auffällig ist auch die grosse Nachfrage nach Spezialisten in handwerklichen Berufen. Die Schweizer Arbeitswelt wird auch im 21. Jahrhundert nicht von Büroangestellten und Akademikern dominiert. Unter den 25 am meisten gesuchten Fachkräften sind 20, die eine Berufslehre erfordern (Sanitärinstallateur, Zimmermann, Metallbauer oder Landschaftsgärtner).
Wo die Wirtschaft wächst, zeigt die Verteilung der offenen Stellen; in 24 der 26 Kantone werden mehr Berufsleute gesucht als vor einem Jahr. Die stärkste Zunahme verzeichnen Basel-Stadt, Genf, Graubünden und Appenzell-Ausserrhoden. Die meisten ausgeschriebenen Stellen gibt es in den bevölkerungsreichsten Kantonen Zürich und Bern. Die X28 AG kann für sich beanspruchen, das schweizweit vollständigste und repräsentativste Bild der Nachfrage nach Arbeitskräften zu zeichnen. Ihr Jobradar registriert als einziger fast alle online publizierten Stellenangebote. Das Unternehmen aus Thalwil ZH sucht mittels spezialisierter Suchmaschine das Internet nach offenen Stellen ab – und zwar direkt auf den Websites der Arbeitgeber und Personalvermittler. Eine Studie des Soziologischen Instituts der Universität Zürich bescheinigte der Firma vor drei Jahren, dass sie in der Lage ist, 85 Prozent aller Stellenausschreibungen zu erfassen. Mittlerweile ist der Anteil laut Cornel Müller auf 95 Prozent gestiegen.
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Video – «Aufschwung muss bei Arbeitnehmern ankommen»
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