Jibril will nicht in Libyens neue Regierung
Der Chef des Übergangsrates will sein Land noch bis zur «völligen Befreiung» führen. Ein weiteres politisches Amt komme für ihn danach aber nicht mehr infrage.

Bei der zukünftigen Entwicklung Libyens wird der Regierungschef des Nationalen Übergangsrates, Mahmud Jibril, keine Führungsrolle mehr spielen. Er werde kein politisches Amt in der neuen Regierung übernehmen, sagte Jibril am Donnerstag in Tripolis. Das Exekutivbüro des Übergangsrates werde seine Arbeit aber bis zur «völligen Befreiung» Libyens fortführen, versicherte Jibril, der für seine liberale Haltung bekannt ist und sich im Übergangsrat dem Widerstand der Islamisten ausgesetzt sieht. Der Rat hatte am Dienstag erklärt, die Bildung einer Übergangsregierung zu verschieben, bis das Land vollkommen unter Kontrolle sei.
Der republikanische US-Senator Mark Kirk sagte am Donnerstag nach einem Besuch in Libyen, Jibril habe ihm gegenüber erklärt, vorgezogene Wahlen zu befürworten. Zudem habe er versichert, dass die Islamisten lediglich auf 10 bis 15 Prozent der Stimmen kommen würden. Unklar war, ob Jibril mit seinen Äusserungen vom ursprünglichen Zeitplan für die Wahlen abwich, der nach der Einnahme der Hauptstadt Tripolis Ende August von den früheren Rebellen verkündet worden war. Dieser sieht vor, dass der Übergangsrat acht Monate lang bis zur Wahl einer verfassungsgebenden Versammlung regieren kann.
Ghadhafis Sprecher bei Sirte gefasst
Mussa Ibrahim sei nahe Ghadhafis Heimatstadt Sirte gefasst worden, sagte ein Kommandeur des Nationalen Übergangsrats der Nachrichtenagentur AFP. Die internationale Polizeibehörde Interpol schrieb Ghadhafis Sohn Saadi weltweit zur Fahndung aus. Ein weiterer Kommandeur der neuen Führung bestätigte die Festnahme Ibrahims. Kämpfer aus der Stadt Misrata hätten Ibrahim gefasst, sagte der Kommandeur Mohammed el Marimi. Es gebe Berichte, wonach Ibrahim als Frau verkleidet gewesen sei, dies könne er derzeit aber nicht bestätigen.
Noch in der vergangenen Woche hatte Ibrahim laut dem in Syrien ansässigen Fernsehsender Arrai zum «Widerstand» aufgerufen und «qualitative Siege» der Ghadhafi-Anhänger verkündet. Das etwa 360 Kilometer östlich der Hauptstadt Tripolis gelegene Sirte ist eine der letzten Hochburgen der Ghadhafi-Getreuen. In der Hafenstadt liefern sich Kämpfer der neuen Führung und Ghadhafi-Anhänger seit Tagen heftige Gefechte.
In 188 Ländern zur Verhaftung ausgeschrieben
Interpol gab eine Mitteilung an die 188 Mitgliedsländer zur Festnahme Saadi Ghadhafis wegen mutmasslicher Verbrechen während seiner Zeit als Präsident des libyschen Fussballverbandes heraus. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, sich unter Androhung von Gewalt bereichert zu haben. Die Fahndungsausschreibung erfolgte laut Interpol auf Antrag der neuen libyschen Führung.
Anfang des Monats hatte Interpol bereits Muammar Ghadhafi, dessen ältesten Sohn Seif el Islam und Geheimdienstchef Abdullah el Senussi zur Fahndung ausgeschrieben. Interpol reagierte auf ein Ersuchen des Internationalen Strafgerichtshofs, der Ende Juni Haftbefehle gegen die drei wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit erlassen hatte. Der 69-jährige Ghadhafi ist seit Wochen untergetaucht, meldet sich aber regelmässig mit Tonbandnachrichten zu Wort.
Im Niger unter Hausarrest
Saadi Ghadhafi wurde zuletzt im Niger gesehen. Der Regierungschef des Landes, Brigi Rafini, bestätigte am Donnerstag, dass sich der Sohn Ghadhafis in der Hauptstadt Niamey «in den Händen der nigrischen Regierung» befindet. Gegenüber AFP schloss er während eines Frankreichbesuchs aber eine Auslieferung an Libyen zumindest für den Moment aus. Zunächst müsse in seiner Heimat eine «faire Verteidigung» und «faire Behandlung» garantiert sein.
Zwei US-Senatoren beantragen beim US-Aussenministerium, einen Teil des in den USA eingefrorenen Ghadhafi-Vermögens zur Entschädigung von Opfern von durch Libyen unterstützte Terroranschläge zu nutzen. Dafür solle «ein kleiner Teil» des eingefrorenen Vermögens von 32 Milliarden Dollar (knapp 24 Milliarden Euro) verwendet werden, forderten der Demokrat Charles Schumer und sein republikanischer Kollege Johnny Isakson. Als Beispiele nannten sie unter anderem den Anschlag von Lockerbie im Jahr 1988.
AFP/pbe
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