Neues Buch von Salman Rushdie«Jetzt, wo ich fast gestorben bin, liebt mich jeder»
Knapp sechs Monate sind nach einem lebensbedrohlichen Messerangriff auf ihn vergangen. Nun veröffentlicht der britisch-indische Autor seinen neuen Roman. Zuvor sprach er mit dem US-Magazin «The New Yorker».

Salman Rushdie war am 12. August auf einer Konferenz in Chautauqua im US-Bundesstaat New York mit einem Messer angegriffen worden. Er sollte dort als Redner auftreten. Der 24-jährige Angreifer, ein US-Bürger libanesischer Herkunft, der auf nicht schuldig plädiert, muss sich wegen «versuchten Mordes» vor Gericht verantworten.
Am Dienstag, knapp ein halbes Jahr nach dem Angriff, veröffentlicht der 75-Jährige seinen neuen Roman. «Victory City», ein Werk über eine Frau aus dem 14. Jahrhundert, die sich die Herrschaft über eine Stadt erkämpft und das er bereits vor dem Attentat fertiggestellt hatte, erscheint vorab auf Englisch. Die Veröffentlichung der deutschen Fassung ist dem Verlag Penguin Random House zufolge für April geplant.
Schwierigkeiten beim Schreiben
In einem Interview mit dem US-Magazin «The New Yorker» sprach der 75-Jährige vorab über das Attentat und dessen Folgen. So habe er seither grosse Schwierigkeiten mit dem Schreiben: «Ich setze mich hin, um zu schreiben, und nichts passiert. Ich schreibe, aber es ist eine Kombination aus Leere und Schrott, Sachen, die ich schreibe und die ich am nächsten Tag wieder lösche.» Von einer Schreibblockade mochte Rushdie indes nicht sprechen. Jeder kenne diese leeren Momente im Kopf.
Auch das Schlafen falle ihm nicht immer leicht, so Rushdie, der seit dem Anschlag auf einem Auge blind ist und eine Hand nicht mehr bewegen kann. Er habe teils beängstigende Albträume, ansonsten gehe es ihm aber gut. Er könne aufstehen und herumlaufen. Das Tippen falle ihm schwer, weil er das Gefühl in einigen Fingern verloren habe. Es sei ein «kolossaler Angriff» gewesen, sagte Rushdie, der seit Jahrzehnten von religiösen Fanatikern verfolgt wird.

Rushdie erinnert sich daran, dass es vor vielen Jahren Leute gab, die seiner beharrlichen Existenz überdrüssig zu werden schienen. Nach deren Ansichten hätte er sterben müssen: «Jetzt, wo ich fast gestorben bin, lieben mich alle.»
Als er im Spital lag, habe er unzählige SMS und E-Mails erhalten, in denen ihm Liebe gesendet und seine Genesung gewünscht wurde. Er sei sehr gerührt gewesen von den Ehrungen. «Ich hatte nie darüber nachgedacht, wie die Leute reagieren würden, wenn ich ermordet oder fast ermordet würde.»
Keine Werbetour für «Victory City»
In der westlichen Welt löste der Angriff grosses Entsetzen aus. Wegen angeblicher Beleidigung des Propheten Mohammed in Rushdies Buch «Die Satanischen Verse» hatte Irans damaliges geistliches Oberhaupt Ayatollah Khomeini bereits 1989 in einer Fatwa zur Tötung des Schriftstellers aufgerufen. Jahrelang lebte Rushdie unter strengem Polizeischutz an immer wieder wechselnden, geheimen Orten. Vor dem Angriff führte er aber ein relativ normales Leben und trat immer wieder in der Öffentlichkeit auf.
Eine Promotour wird es für «Victory City» indes keine geben. Rushdie wird an keinen Lesungen oder anderen Veranstaltungen zur Vermarktung des Romans teilnehmen. Nach Angaben seines Agenten Andrew Wylie schreitet Rushdies Genesung aber weiter voran.
Rushdie hat inzwischen aber wieder begonnen, Twitter zu gebrauchen. Dort verbreitet er derzeit vor allem Rezensionen von «Victory City». Zudem veröffentlichte er ein Foto von sich mit abgedunkelter Brille. Zwar sei das Porträt im «New Yorker» dramatisch und kraftvoll, aber nüchtern betrachtet sehe er tatsächlich so aus.
red/AFP
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