Jetzt wird organisiert integriert
Durch die Flüchtlingskrise bedingt, halfen immer mehr Menschen im Emmental Asylsuchenden. Seit einem Jahr sind diese Freiwilligen nun in der Interessengemeinschaft Burgdorf integriert zusammengeschlossen.

«Wir sind sowieso ein Multikulti-Betrieb, die Geflüchteten wurden von ihren Arbeitskollegen problemlos aufgenommen», sagt Patrick Oesch von der Einkaufsorganisation des Schweizerischen Auto- und Motorfahrzeuggewerbes (ESA). Seit vergangenem Sommer arbeitet er mit einem Eritreer und einem Afghanen zusammen, die im Betrieb die Vorlehre Integration absolvieren.
Der Grund dafür, dass die beiden Flüchtlinge im Burgdorfer Unternehmen die Vorlehre beginnen konnten, sind die vielen Bewerbungen, die im vergangenen Herbst für die Logistikerlehrstellen eingingen: Mehr als jede siebte Bewerbung kam von einem Geflüchteten. Da das Deutsch der Immigranten oftmals zu schlecht für die reguläre Berufsschule war, man die motivierten Arbeitskräfte aber dennoch einstellen wollte, entschloss sich die ESA, Plätze für die Vorlehre Integration anzubieten.
Das freut Anette Vogt, Präsidentin der Interessengemeinschaft (IG) Burgdorf integriert. Während der Flüchtlingskrise vor vier Jahren wurde die Asylunterkunft in der Zivilschutzanlage Lindenfeld eröffnet. Schon damals waren Vogt und andere Freiwillige engagiert, um den Geflüchteten die Integration zu erleichtern. «Es arbeiteten ganz unterschiedliche Personen und Organisationen parallel.»
Seit einem Jahr sind diese nun in der IG Burgdorf integriert zusammengeschlossen. Am Freitagmorgen veranstalteten die Verantwortlichen in den Räumlichkeiten der ESA eine Medienkonferenz. Es kam genau ein Medienvertreter. «2015 hätten wir die Bude voll gehabt», ist sich Elisabeth Zäch, Medienverantwortliche der IG, sicher, «aber derzeit ist das Asylwesen nicht mehr das Thema Nummer eins.»
IG als Ressourcenkiste
Dem ist wahrlich so, vor allem in Burgdorf. Seit knapp zwei Jahren ist die Asylunterkunft Lindenfeld geschlossen, entsprechend weniger Flüchtlinge trifft man an. Braucht es unter diesen Umständen überhaupt noch eine integrative IG?
«Die grösste Arbeit kommt erst jetzt, wenn einige Asylsuchende eine Erlaubnis haben, zu bleiben.»
«Mehr denn je», ist Vogt überzeugt, «die grösste Arbeit kommt erst jetzt, wenn einige Asylsuchende eine Erlaubnis haben, zu bleiben.» So stünden nun für die Aufgenommenen Wohnungs- und Jobsuche an, und ein ganzes Leben muss neu aufgebaut werden. «Vorher konnte man vielleicht mit ihnen Fussball spielen oder spazieren gehen, aber jetzt kommt das wirkliche Leben in einer fremden Kultur.» Eine, die dabei tatkräftig anpackt, ist die Oberstufenlehrerin Sarah von Gunten.
Als ganz praktisches Beispiel nennt sie etwa das Finden einer neuen Bleibe: Zuerst sei das Budget ein Problem, da kaum Geld zur Verfügung stehe. «Wenn die Wohnung dann mal gefunden ist, kommen die weiteren Schwierigkeiten: Woher bekomme ich die Möbel, müssen die alle neu sein, woher kriege ich einen Hammer oder einen Schraubenzieher, um die Möbel zu montieren?» Ganz einfache Dinge, die für einen Schweizer selbstverständlich seien.
Von Gunten wirkt froh, gibt es jetzt die IG Burgdorf integriert. Mehrmals bezeichnet sie die Gemeinschaft als Ressourcenkiste, da sich die verschiedenen Freiwilligen sehr viel Wissen über solche Probleme angeeignet hätten. «Man findet zu allen Themen jemanden, der dazu mehr weiss und weiterhelfen kann.»
Das Wissen wird seit neustem auf der Website www.burgdorf-integriert.ch gebündelt. Dort steht es sowohl Flüchtlingen als auch den Frewilligen zur Verfügung. Derzeit einsprachig in einfachem Deutsch. So können sich Flüchtlinge, die sich melden, darauf verlassen, beispielsweise bei Behördengängen oder beim Kauf von Bahntickets und bei deren Bezahlung von einem der vierzig Freiwilligen unterstützt zu werden.
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