Jetzt richten sich alle Augen auf Moutier
Nach dem Nein zu einem Grosskanton Jura überlegt sich das Berner 7500-Seelen-Städtchen Moutier einen Kantonswechsel. Stadtpräsident Maxime Zuber dürfte die Entscheidung allerdings nicht leicht fallen.
Mit der Abstimmung zur Jurafrage vom Wochenende verbindet sich die Hoffnung, dass der alte Territorialkonflikt endlich als gelöst gilt. Doch soweit ist es noch nicht: Alle Augen richten sich auf das Städtchen Moutier, das sich nun einen Kantonswechsel überlegt.
Moutier hatte gestern als einzige bernjurassische Gemeinde Ja gesagt zu einem Projekt, bei dem der heutige Kanton Jura und der Berner Jura Verhandlungen aufgenommen hätten, mit dem Ziel, gemeinsam einen neuen Kanton zu gründen.
Starke Autonomisten
Eine satte Mehrheit im übrigen Berner Jura schmetterte dieses Ansinnen aber ab. Das Abstimmungsresultat lässt an Deutlichkeit und - dank hoher Stimmbeteiligung - auch an Legitimität nichts zu wünschen übrig. Der Berner Jura will beim Kanton Bern bleiben.
Dass Moutier etwas anders tickt als der Rest der Region hatte man allgemein erwartet. Denn in dem 7500-Seele-Städtchen sind die Autonomisten seit jeher stark.
Die Berner Kantonsregierung sah denn auch explizit die Möglichkeit vor, dass Gemeinden, die das nach verlorener Abstimmung wünschten, einzeln über einen Kantonswechsel zum Jura befinden können.
Moutier «nicht mehr bernisch»
Moutiers Stadtpräsident, der Autonomist und SP-Grossrat Maxime Zuber, hatte bereits gestern Abend nach dem regionalen Urnengang verlauten lassen: «Mit dieser Abstimmung ist Moutier nicht jurassisch geworden, aber Moutier ist nicht mehr eine bernische Stadt».
Moutier werde «voraussichtlich» ein Begehren für eine Gemeindeabstimmung stellen, sagte Zuber. Wann, sei aber noch offen. Zuber hatte im Vorfeld der Abstimmung mitunter den 7. September 2015 als Abstimmungsdatum genannt, das wäre genau 40 Jahre nach der Abstimmung von 1975 als Moutier sich für einen Verbleib bei Bern entschied.
Mehrfache Ablehnung
Doch für Zuber und seine Stadtbehörden dürfte die Frage, ob die Stadt einen Kantonswechsel anstreben soll, keine einfache sein. Bei der Abstimmung ging es nämlich lediglich um die Aufnahme von Gesprächen, also darum die Idee eines neuen, gemeinsamen Kantons erst einmal zu entwickeln und zu diskutieren.
Da mag sich der eine oder andere Stimmberechtigte gesagt haben: «reden kostet ja nichts». Die Frage nach einem Kantonswechsel ist hingegen sehr viel konkreter. Dabei wird es dann auch um Infrastrukturen wie das Spital gehen und um Arbeitsplätze in der Verwaltung, die bei einem Kantonswechsel auf dem Spiel sehen.
Ob sich in diesem Fall noch genügend Bürgerinnen und Bürger für die Sache gewinnen lassen, ist offen. In der Vergangenheit hatten die Stimmberechtigten einen Kantonswechsel schon mehrfach abgelehnt, letztmals 1998.
Alleingang
Eine andere Frage ist auch, ob Moutier ganz alleine einen Kantonswechsel wirklich vornehmen möchte. Vor dem Urnengang jedenfalls hiess es, die Stadt würde dies nur wollen, wenn sich ihr andere Gemeinden anschlössen.
Damit sind vorab die sechs Nachbargemeinden gemeint. Bei einem Alleingang Moutiers würden sie praktisch zu bernischen Enklaven. Zuber strebt bis im kommenden Frühling ein Treffen mit den umliegenden Gemeinden an.
Auf die Gemeindedynamik hatte bereits am Sonntag auch der Präsident der Interjurassischen Versammlung, Dick Marty, hingewiesen. Marty zeigte sich aber gleichzeitig «ziemlich zuversichtlich», dass die Region als Ganzes beim Kanton Bern bleiben werde.
Rückzugsgefechte
Aus dem Nachbarkanton Jura hörte man bereits gestern Schalmeienklänge: Die jurassische Regierung werde sich dafür einsetzen, dass Moutier zum Kanton Jura wechseln könne, sagte etwa die jurassische Regierungsrätin Elisabeth Baume-Schneider.
Auch die autonomistische Bewegung MAJ gab sich gewohnt kämpferisch im Ton: «Die Jurafrage ist noch nicht geklärt», sagte der Generalsekretär der Organisation, Pierre-André Comte. Und der Delsberger Stadtpräsident Pierre Kohler sagte gestern im Westschweizer Fernsehen, dass in einer Demokratie keine Entscheide endgültig seien.
Endlich eine Lösung
Auf Berntreuer Seite ärgert man sich über solche Aussagen. Dort verlangt man in nicht minder bestimmtem Ton von der Berner Regierung, dass sie die Jurafrage offiziell und unmissverständlich für gelöst erklärt.
Regierungspräsident Neuhaus gab gestern zu verstehen, dass die Jurafrage zumindest auf kantonaler Ebene gelöst sei. Noch abzuwarten sei, wie sich einzelne Gemeinden, allen voran Moutier, verhalten würden.
SDA/ajk
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