YB-Frust in LausanneJetzt kommt auch noch der VAR hinzu
Wieder ein Ausgleich kurz vor Schluss, dazu doppelter Frust mit dem Videoschiedsrichter: Die Young Boys holen beim Tabellenletzten Lausanne nur einen Punkt.

Der Schlusspfiff ist schon bald eine halbe Stunde her, und Fabian Lustenberger steht allein auf dem Kunstrasen des Stade de la Tuilière von Lausanne. Der Blick ist leer, ab und zu schüttelt er mal wieder den Kopf. Mehrere Minuten muss er warten, bis er zum TV-Interview darf. Auch das noch. Als ob der YB-Captain nicht schon genug angefressen wäre.
«Ich glaubte die Regeln zu kennen», sagt er etwas später, seine Stimme erhebt sich, wird schneller: «Aber offenbar hat sie auf diese Saison hin geändert. Keine Ahnung!» Lustenberger meint die Szene in der 90. Minute, als Ulisses Garcia, bis dahin Matchwinner für YB, der Ball von der Hüfte an die Hand springt. «Wenn er von einem anderen Körperteil abprallt, ist es nach meinem Verständnis kein Penalty», so Lustenberger.
Das fand zuerst auch Schiedsrichterin Esther Staubli, Videoassistent Fedayi San zitiert sie jedoch zum Bildschirm, offenbar hat er ein klares Vergehen gesehen. Dann entscheidet Staubli auf Penalty, Lausanne-Captain Stjepan Kukuruzovic verwertet souverän zum 2:2-Endstand. Es ist der erste Punktgewinn für Lausanne seit dem 5. Dezember 2021 (1:1 gegen Basel) und nach neun Liganiederlagen in Serie.

Dabei gab es am Sonntagmorgen aus Berner Sicht noch so etwas wie Aufbruchstimmung. Weil Leader FCZ am Vorabend daheim gegen St. Gallen 0:3 verlor, rechneten im Bus auf dem Weg zum YB-Match ein paar Fans eifrig herum, wie das Titelrennen dank einem Sieg gegen den oft so desolaten Tabellenletzten und bei zwei ausstehenden Direktbegegnungen gegen die Zürcher doch noch spannend werden könnte.
Fassnacht fällt wieder aus
Ein paar Stunden und nur einen Punktgewinn später bleibt die Erkenntnis: Besser wird es vorerst auch mit dem neuen Trainer nicht. Das beginnt schon bei den Absenzen, in Lausanne muss Matteo Vanetta im Vergleich zur Vorwoche auf den gesperrten Fabian Rieder verzichten, dazu kommuniziert der Verein anderthalb Stunden vor Anpfiff, dass Christian Fassnacht mal wieder für mehrere Wochen ausfällt. Dieses Mal ist es der Oberschenkel – seine vierte Verletzung allein in dieser Saison. Zugezogen hat er sich die Blessur am Samstag im Abschlusstraining, nachdem er die ganze Woche separat trainiert hatte.
Vor allem ist da aber diese erste Halbzeit, die Young Boys sind drückend überlegen, treffen zweimal ins gegnerische Tor, beide Male werden sie zurückgepfiffen. Zuerst vom VAR, in der 7. Minute ist das, als Kevin Varga seinen Gegner abgrätscht. Der Ball gelangt zu Lewin Blum, sein langer Ball auf Jordan Siebatcheu ist perfekt abgemessen, etwas weniger ist es Siebatcheus Körpereinsatz – mit dem Arm trifft er Armel Zohouri im Gesicht. Schiedsrichterin Esther Staubli lässt weiterlaufen, Siebatcheu trifft abgeklärt via Innenpfosten. Dann aber meldet sich VAR San aus Volketswil, für ihn muss es ein klarer Fehlentscheid sein.
Eine frühe Führung würde gegen meist tief stehende Lausanner natürlich helfen, stattdessen scheinen den Bernern mit zunehmender Spieldauer die Ideen etwas auszugehen. «In den letzten 20 Metern müssen wir etwas präziser sein», sagt Vanetta. Damit meint er: «Bessere Flanken, besseres Timing.»
Garcia hätte Matchwinner werden können
Die Folge ist ein zwar ebenso dominanter wie harmloser Auftritt der Young Boys. Und wenn es mal gefährlich wird, dann greift entweder eben der VAR ein, wie bei Siebatcheus vermeintlichem 1:0, oder Staubli pfeift gleich selber ab. So in der 31. Minute, als Lewin Blum das Bein etwas gar hoch nimmt, weshalb Vincent Sierros Schuss ins Lausanne-Tor ebenfalls keinen Einfluss auf den Totomat hat. «Mit dem VAR sind wir heute überhaupt nicht glücklich», sagt Sierro.
Glücklicher sind dafür die Lausanner mit ihrem einzigen ernst zu nehmenden Angriff der ersten Halbzeit. Zeki Amdouni schüttelt Bewacher Cédric Zesiger mit einer schönen Ballmitnahme ab und trifft zum 1:0. Weil Siebatcheu kurz nach der Pause eine Flanke von Garcia zum Ausgleich veredelt, scheint über weite Strecken der zweiten Halbzeit ein YB-Sieg die einzige logische Konsequenz. Irgendwann kommen die Berner sogar zu Chancen, aber der eingewechselte Kanga sowie Garcia und Zesiger verpassen die Führung. Es dauert bis zur 83. Minute, bis Garcia von einer schlecht postierten Mauer profitiert und per Freistoss das 2:1 erzielt.
Nur: Logisch ist in dieser YB-Saison herzlich wenig, weshalb der Lausanner Teamfotograf nach Schlusspfiff ungläubig per Telefon verkünden kann: «Wir haben zwei Tore geschossen!» Das gelang ihnen letztmals im Oktober – gegen die Young Boys.
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