Vier Wochen «Lockdown light»Grossveranstaltungen verboten, Bars geschlossen, die Gastronomie stark eingeschränkt
Geisterspiele, Sitzpflicht, Sperrstunde und gegroundete Kultureinrichtungen: Angesichts der stark steigenden Corona-Fallzahlen im Kanton Bern hat der Regierungsrat am Freitag eine Reihe verschärfter Massnahmen beschlossen.
Auch der Kanton Bern greift im Kampf gegen das Coronavirus zu drastischen Massnahmen. Der Regierungsrat hat am Freitag eine Reihe von Verboten beschlossen und verfügt, dass Masken zum Teil auch im Freien getragen werden müssen.
Im Profisport lässt er – wie der Kanton Wallis – nur noch Geisterspiele ohne jegliche Zuschauer zu, wie Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP) vor den Medien bekanntgab. Bislang waren 1000 Zuschauer zulässig, so wie in anderen Kantonen. In manchen sind sogar mehr erlaubt.
Der Regierungsrat verbot zudem öffentliche und private Veranstaltungen von mehr als 15 Personen und verfügte eine Sperrstunde in der Gastronomie von 23 Uhr bis 6 Uhr. Schliessen müssen Bars, Clubs und Discos sowie öffentlich zugängliche Einrichtungen wie Museen, Kinos, Bibliotheken oder Sport- und Fitnesscenter.
Auch Messen und Gewerbeausstellungen sind verboten. Davon betroffen ist etwa der Suisse Caravan Salon in Bern, der am Donnerstag und Freitag noch die Erlaubnis für den Verkauf von täglich 7000 Tickets hatte.
Im Restaurant dürfen ab Montag nur noch höchstens vier Personen an einem Tisch sitzen. Grössere Gruppen sind erlaubt, wenn alle Personen im gleichen Haushalt leben.
Die neuen Regeln gelten ab Freitag um Mitternacht für vorerst vier Wochen. Veranstaltungen im Familien- und Freundeskreis, für die bereits Verpflichtungen eingegangen wurden, dürfen am Wochenende noch mit mehr als 15 Personen durchgeführt werden.
Eindringlicher Appell
Ziel der Regierung sei es, die Kontakte in der Bevölkerung gezielt zu reduzieren, erklärte Gesundheitsdirektor Schnegg. Er richtete zusammen mit Volkswirtschaftsdirektor Christoph Ammann (SP) und Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP) einen eindringlichen Appell an die Berner Bevölkerung, die neuen Massnahmen mitzutragen.
Die rekordhohen Zahlen mit Ansteckungen erforderten drastische Schritte. Jetzt harte Massnahmen zu treffen sei die bessere Option als ein zweiter, für die Wirtschaft sehr schädlicher Lockdown.
Mit Maske auf den «Märit»
Ausgeweitet wird die Maskentragpflicht. Sie gilt ab Samstag auch in Laubengängen und überdachten Bereichen vor öffentlich zugänglichen Gebäuden, wie Sicherheitsdirektor Müller (FDP) sagte. Auch auf den Märkten gelte ab Samstag die Maskenpflicht, fügte Schnegg auf Anfrage an.
Der Regierungsrat empfehle der Bevölkerung zudem, auch bei der Arbeit in Innenräumen möglichst Masken zu tragen. Die Masken in Büros sollten höchstens dann abgelegt werden, wenn sich eine Person alleine im Raum befindet.
Die Regierung habe sich auf eine Empfehlung beschränkt, weil die Arbeitgeber vielerorts schon umfassende Schutzmassnahmen ergriffen hätten. Ausserdem gebe es Berufe, wo das Maskentragen nicht ungefährlich sei. (sda)
Die Antwort ist Ja, sagt Schnegg. Die Verordnung gilt ab heute Abend. Damit ist die Kontroverse um die Durchführung dieser Grossveranstaltung entschieden. (Zum Artikel: Bis zu 7000 Besucher am Suisse Caravan Salon in Bern)
Die einschneidenden Massnahmen gelten während vier Wochen, so Gesundheitsdirektor Schnegg. Er richtet wie seine Regierungskollegen einen eindringlichen Appell an die Bevölkerung, die Kontakte zu limitieren und die Massnahmen mitzutragen.
Veranstaltungen mit über 15 Zuschauerinnen und Zuschauern oder Besucherinnen und Besuchern sind verboten. Dies gilt auch für Anlässe im Familien- und Freundeskreis, sowie für betriebliche Veranstaltungen gesellschaftlicher Natur wie Weihnachtsessen oder Apéros. Lediglich Trauerfeiern dürfen auch weiterhin mit mehr als 15 Personen stattfinden, jedoch mit Maskentragpflicht und Kontaktlisten. Sodann können bereits gebuchte Privatanlässe wie Hochzeiten, Geburtstage etc. dieses Wochenende noch wie geplant stattfinden.
Auch Philippe Müller streicht hervor, dass man die Bestürzung der Bevölkerung verstehe. Es sei nicht Fehler der Sportverbände und anderen Interessenvertreter, dass es nun soweit gekommen sei. Wettkämpfe sowie Trainings von Mannschaftssportarten dürfen nicht mehr stattfinden. Ausgenommen von diesem Verbot sind die Mannschaften der beiden obersten Ligen in den Sportarten Fussball, Eishockey, Handball, Volleyball und Unihockey. Allerdings sind keine Zuschauerinnen und Zuschauer mehr zugelassen. Nicht mehr ausgeübt werden dürfen auch Sportarten, die einen dauernden engen Körperkontakt bedingen. Davon ausgenommen sind Personen, die eine solche Sportart professionell betreiben. Mit den Sportvereinen soll ein runder Tisch stattfinden.
Die Bevölkerung und die Wirtschaft schützen: Das seien die Ziele der Regierung, die sie mit diesen beschränkten Massnahmen verfolge, sagt Ammann mit markigen Worten. «Wir stellen mit Bestürzung fest, dass die zweite Welle angekommen ist.» Viele Betriebe hätten mit massiven Einbrüchen zu kämpfen.
Die Maskentragpflicht gilt neu nicht mehr nur in öffentlich zugänglichen Innenräumen. Auch in Laubengängen und überdachten Bereichen vor öffentlich zugänglichen Gebäuden muss ab morgen Samstag zwingend eine Gesichtsmaske getragen werden.
Die Regierung empfiehlt, auch bei der Arbeit in Innenräumen möglichst Masken zu tragen, um sich und andere vor einer Ansteckung zu schützen. Die Masken in Büros sollten höchstens dann abgelegt werden, wenn sich eine Person alleine im Raum befindet. Restaurationsbetriebe müssen zwischen 23 Uhr und 6 Uhr geschlossen bleiben. Vorhandene Überzeitbewilligungen sind somit ungültig.
Die Regierung handle nach bestem Wissen und Gewissen, sagt Wirtschaftsdirektor Christoph Ammann. Bar, Club, Discos und Tanzlokale werden geschlossen. Ebenso Museen, Lesesäle von Bibliotheken und Archiven, Kinos, Konzerthäuser, Theater, Casinos und Spielhallen, Erotikbetriebe, Sport- und Fitnesszentren, Schwimmbäder sowie Wellnesszentren, sofern sie nicht zu einem Hotel gehören und ausschliesslich den Hotelgästen zur Verfügung stehen.
Es gilt eine Sperrstunde zwischen 23 und 6 Uhr und für alle Gäste eine Sitzplatzpflicht. An denselben Tisch dürfen sich nicht mehr als vier Personen setzen. Letztere gilt ab Montag, alle anderen treten ab Mitternacht in Kraft. Gemeindeversammlungen und Sitzungen von Parlamenten dürfen mit Schutzkonzept stattfinden.
«Die Zahlen sprechen eine klare Sprache», sagt Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg. Die Regierung sei überzeugt, die richtigen Entscheidungen getroffen zu haben. Das gelte auch für die Einschränkungen der Grossanlässe, die letzten Sonntag verkündet worden waren. Heute werde der Kanton rund 800 positive Fälle verkünden, so Schnegg. «Dieser Anstieg ist nicht vergleichbar mit jenem im März», so Schnegg. 153 Patientinnen und Patienten befinden sich derzeit in Spitalpflege, davon werden 9 auf Intensivstationen beatmet. Die Positivitätsrate liegt bei fast 13 Prozent.
Jura
Diskotheken und Clubs müssen im Kanton Jura schliessen. Für Restaurants gilt neu eine Sperrstunde um 22 Uhr. Zudem gilt Maskenpflicht am Arbeitsplatz in Innenräumen und Fahrzeugen, falls der nötige Abstand nicht eingehalten werden kann. Private und öffentliche Versammlungen von mehr als 15 Personen werden verboten - eine Ausnahme sind Beerdigungen. Auch Breitensport wie Fussball, Basketball oder Chorproben werden verboten. Dieses strenge Regime gilt vorerst einmal für die Dauer von drei Wochen.
Waadt
Der Kanton Waadt verschärft seine Massnahmen im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie. Er verbietet Grossanlässe von mehr als 1000 Personen und private Zusammenkünfte von mehr als zehn Personen. Die neuen Regelungen treten am Sonntag um Mitternacht in Kraft, wie die Kantonsregierung am Freitag mitteilte. Der Staatsrat ist der Ansicht, dass so schnell wie möglich strenge Massnahmen ergriffen werden müssen. Die Gemeinden legen fest, inwiefern Märkte stattfinden können. Marktbesucher und Verkäufer müssen Gesichtsmasken tragen.
Freiburg
Versammlungen von mehr als zehn Personen sind im öffentlichen Raum im Kanton Freiburg verboten. Das gilt ab heute Abend, 23 Uhr, wie Gesundheitsdirektorin Anne-Claude Demierre (SP) am Freitag vor den Medien bekannt gab. Freiburg schliesst auch Discos, Casinos und Spielsalons. Für alle übrigen öffentlichen Gaststätten gilt Sperrstunde 23 Uhr. Maximal vier Personen dürfen im Restaurant am selben Tisch sitzen - sind es mehr, müssen die Gäste im selben Haushalt leben. Sportarten mit Körperkontakt werden verboten, also von Fussball, über Eishockey bis hin zum Tanz. Profi-Spiele bleiben erlaubt, doch gilt neu wieder eine Obergrenze von 1000 Zuschauern. Auf Märkten und Messen gilt auch draussen eine Maskenpflicht. In Spitälern und Pflegeheimen werden Besuche streng begrenzt. Die Hochschulen sollen Vorlesungen und Gruppenseminare in der Regel im Fernunterricht durchführen.
Solothurn
In Solothurn hatte die Regierung am Donnerstag Verschärfungen bekannt gegeben. Hier gilt, was in Bern seit einer Woche der Vergangenheit angehört: Die 300er-Regel in Clubs, Diskotheken und Bars. Gleichzeitig gilt eine Sperrstunde von 01 bis 06 Uhr. Und Restaurants, Clubs und Bars müssen die Kontaktdaten ihrer Gäste ausnahmslos elektronisch erheben. Wenn bei einer privaten oder öffentlichen Veranstaltung keine Schutzmassnahmen möglich sind und die Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden können, dann dürfen nicht mehr als 50 Personen anwesend sein. In den Schulen müssen Erwachsene ab Montag eine Schutzmaske tragen, wenn die Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden können. (sda/cd)
Die Fallzahlen steigen besorgniserregend, die Hospitalisierungen ziehen an. Reihum informieren die Kantone, mit welchen Massnahmen sie die Verbreitung des Coronavirus zu verzögern versuchen. Die Tendenz geht dahin, dass Grossveranstaltungen eingeschränkt oder ganz verboten werden, auch private Versammlungen werden auf wenige Personen begrenzt. An einigen Orten gilt ab heute Abend eine Sperrstunde. Worauf hat sich die Berner Regierung verständigt? Es informieren Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (SVP), Wirtschaftsdirektor Christoph Ammann (SP) und Sicherheitsdirektor Philippe Müller (FDP). (cd)
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