Jeder soll den Strom so frei wählen wie das Handyabo
Mehr Erneuerbare, mehr Digitalisierung: Bundesrätin Simonetta Sommaruga informierte über die Öffnung des Strommarkts.
Der Bundesrat will den Strommarkt vollständig öffnen: Auch Haushalte sollen künftig ihren Stromlieferanten wählen können. Mit 215 Millionen Franken sollen zudem erneuerbare Energien gefördert werden.
Seit 2009 ist der Strommarkt für Grosskonsumenten mit einem Verbrauch über 100'000 Kilowattstunden liberalisiert. Diese können ihren Stromlieferanten frei wählen. Die Marktöffnung für kleinere Betriebe und Haushalte war fünf Jahre später geplant.
Bisher wurde die zweite Etappe aber nicht umgesetzt. 2016 beschloss der Bundesrat nach einer Vernehmlassung, die Öffnung des Strommarktes zu verschieben. Vor rund einem Jahr nahm er dann einen neuen Anlauf, noch mit Energieministerin Doris Leuthard.
Mehrheit dafür
Die Vernehmlassung habe gezeigt, dass sich eine Mehrheit der Teilnehmenden für die Strommarktöffnung ausspreche, schreibt der Bundesrat in einer Mitteilung vom Freitag. Eine Mehrheit verlange aber auch Begleitmassnahmen, um die Versorgungssicherheit zu stärken und die Ziele der Energiestrategie 2050 zu erreichen.
Der Bundesrat habe deshalb entschieden, an der Öffnung des Strommarktes festzuhalten. Gleichzeitig habe er das Departement von Energieministerin Simonetta Sommaruga beauftragt, Begleitmassnahmen auszuarbeiten. Zur Stärkung der Versorgungssicherheit sollen die Anreize für Investitionen in erneuerbare Energien verbessert werden.
Auch sollen Massnahmen wie das Messwesen, die Schaffung einer Speicherreserve und eines Datahub vertieft werden. Der Bundesrat will mit der vollständigen Marktöffnung laut der Mitteilung dafür sorgen, dass sich innovative Produkte und Dienstleistungen sowie die Digitalisierung rascher durchsetzen können.
Kein höherer Netzzuschlag
Die Fördermassnahmen für erneuerbare Energien laufen Ende 2022 und Ende 2030 aus. Für die Zeit danach will der Bundesrat nun Planungssicherheit schaffen. Die Kosten für die Fördermassnahmen betragen gemäss der Mitteilung rund 215 Millionen Franken pro Jahr. Die Finanzierung erfolgt durch den bereits heute bestehenden Netzzuschlag. Dieser soll bei 2,3 Rappen pro Kilowattstunde bleiben.
Zusätzliche Mittel seien nicht nötig, weil einzelne Fördermassnahmen wegfielen und durch effizientere Instrumente ersetzt würden, schreibt der Bundesrat. Zur Deckung unerwarteter Finanzierungsspitzen will der Bundesrat indes einen vorübergehenden Vorbezug aus dem Netzzuschlagsfonds ermöglichen.
Verbindliche Ziele für Ausbau
Den Ausbau der erneuerbaren Energien will er mit verbindlichen Zielen vorantreiben: Die im Energiegesetz verankerten Richtwerte für 2035 sollen für verbindlich erklärt werden. Für die Zeit bis 2050 soll ein Richtwert bestimmt werden.
Sollte der effektive Zubau an erneuerbaren Energien den festgelegten Ausbaupfad zu stark unterschreiten, könnten im Rahmen des im Energiegesetz verankerten Monitorings zusätzliche Massnahmen beantragt werden, heisst es in der Mitteilung.
Ausschreibungen für Photovoltaik
Im Solarbereich will der Bundesrat den Wettbewerb verstärken, indem die Einmalvergütungen für grosse Photovoltaik-Anlagen neu durch Ausschreibungen festgelegt werden. Dabei erhält jener Produzent den Zuschlag, der eine bestimmte Menge Solarenergie am günstigsten produzieren kann. Die Ausschreibungen ersetzen die heutigen fixen Einmalvergütungen.
Die Mittel für die Investitionsbeiträge für die Grosswasserkraft sollen verdoppelt werden. Neue Wind-, Kleinwasser- und Biogasanlagen sowie Geothermie-Kraftwerke sollen ab 2023 keine Einspeisevergütung mehr erhalten. Sie sollen bis 2035 neu Investitionsbeiträge beantragen können.
Geteiltes Echo
In der Vernehmlassung stiessen die Vorschläge zur Strommarktöffnung auf ein geteiltes Echo. Die SP lehnt eine Liberalisierung ab. Darüber könne erst diskutiert werden, wenn das Stromabkommen in Kraft sei, schrieb sie. Auch die CVP forderte eine inhaltliche Abstimmung der beiden Geschäfte.
Die SVP wiederum betonte, mit der Marktöffnung dürfe kein Präjudiz für den Abschluss des Stromabkommens geschaffen werden. Für eine vollständige Liberalisierung des Strommarktes machten sich die FDP und der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse stark.
Die Vorlage, die der Bundesrat vor einem Jahr in die Vernehmlassung schickte, sieht vor, dass die Konsumentinnen und Konsumenten jeweils Ende Jahr den Lieferanten wechseln können. Sie können aber auch in der Grundversorgung bleiben, mit regulierten Tarifen und Schweizer Strom. Davon soll ein bestimmter Anteil aus erneuerbaren Energien stammen. Der Bundesrat schlug vor, diesen sukzessive zu erhöhen.
SDA/oli
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