Ja zu Mindestlohn, Pauschalbesteuerung und tieferen ÖV-Preisen
In 15 Kantonen entschieden die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger über Sachvorlagen. Redaktion Tamedia berichtet laufend über die Resultate.

Proporz: In Graubündenwird das Parlament weiterhin nach dem Majorzsystem gewählt. Der Wechsel zum Proporzsystem scheiterte an der Urne bereits zum achten Mal. Die Initiative «Für gerechte Wahlen» wurde klar verworfen. 40'104 Stimmberechtigte sprachen sich gegen den Wechsel vom Majorz zum Proporz aus, 31'382 dafür. Die Stimmbeteiligung betrug 59,14 Prozent. Die Initiative war von einem überparteilichen Komitee mit Vertretern von SP, SVP, GLP und den Grünen lanciert worden. Die kleineren Parteien sehen sich im Majorz benachteiligt und versprechen sich vom Proporz mehr Sitze im 120-köpfigen Parlament. Die grossen Parteien BDP, CVP und FDP stemmten sich gegen den Wechsel. Der Proporz ist in Graubünden ein politischer Dauerbrenner. Seit 1937 wurde über seine Einführung achtmal abgestimmt. Jedes Mal sprachen sich die Bündner aber für den Majorz aus, zweimal davon allerdings äusserst knapp. In der Schweiz ist die Mehrheitswahl ein Auslaufmodell. Neben Graubünden wird der Majorz für Parlamentswahlen nur noch in Appenzell Innerrhoden angewendet.
Mindestlohn: Im Kanton Juragelten künftig in allen Unternehmen und Wirtschaftsbranchen Mindestlöhne: Die Stimmberechtigten haben eine entsprechende Volksinitiative der linken Jeunesse socialiste et progressiste jurassienne (JSPJ) gutgeheissen. Die Initiative «Un Jura aux salaires décents» (Anständige Löhne im Jura) wurde mit 11'198 zu 9445 Stimmen angenommen. Die Stimmbeteiligung lag bei 38,14 Prozent. Betroffen sind Unternehmen, die nicht einem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterstellt sind – laut der Gewerkschaft Unia in Industrie und Dienstleistungsbereich die Mehrheit der Firmen. Gefordert wird nicht ein einheitlicher Mindestlohn, sondern Untergrenzen, die aufgrund der nationalen Medianlöhne der Branchen fixiert werden. Vor dem Jura hatte 2011 Neuenburg als erster Kanton das Recht auf einen Mindestlohn für alle Arbeitnehmer in seiner Verfassung verankert. Genf und die Waadt lehnten entsprechende Initiativen ab. Auf Bundesebene hängig ist die Mindestlohn-Initiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, die ein Mindestsalär von 4000 Franken verlangt.
Pauschalbesteuerung: Im Kanton Nidwaldenkönnen sich reiche, nicht erwerbstätige Ausländer weiterhin pauschal besteuern lassen. Die Stimmberechtigten haben die Volksinitiative «Schluss mit Steuerprivilegien für ausländische Millionäre» abgelehnt. Das Volksbegehren der Juso scheiterte mit 9887 zu 4531 Stimmen. Die Stimmbeteiligung betrug 48,8 Prozent. Auch Regierung und Parlament hatten sich für die Beibehaltung der Pauschalbesteuerung ausgesprochen, die den Kanton im Steuerwettbewerb stärke.
Steuererleichterungen: Im Kanton Tessinwird es keine Steuererleichterungen geben. Die Stimmbürger haben sich mit 54'871 Nein zu 29'386 Ja gegen eine entsprechende Initiative der Lega dei Ticinesi ausgesprochen. Die Tessiner folgten mit ihrem Nein zu Steuererleichterungen der Haltung fast aller Parteien. Schon im Grossen Rat erlitt die Volksinitiative der Lega im Dezember Schiffbruch, als FDP, CVP, SP, Grüne und SVP sie in ungewohnter Übereinstimmung versenkten. Der Kanton und die Gemeinden könnten sich eine solche Steuerreform nicht leisten, lautete die einhellige Meinung. Nach Berechnungen der Lega hätte die Initiative den Kanton mit 115 Millionen Franken belastet. Der Regierungsrat sprach dagegen von insgesamt 341 Millionen Franken Verlust für Kanton und Gemeinden.
Steuersenkung: Der Steuerfuss im Kanton Schaffhausenwird nicht gesenkt. Die Stimmberechtigten haben die Volksinitiative «Steuern runter» mit 67,7 Prozent Nein deutlich abgelehnt. Die Stimmbeteiligung lag bei 64,9 Prozent. Zu dem Vorstoss der Jungfreisinnigen sagten 20'855 Stimmberechtigte Nein und nur 9941 Ja. Die Initiative verlangte eine Senkung des Steuerfusses während fünf Jahren um jeweils 2 Prozent. Dies sollte in der Kantonsverfassung festgeschrieben werden. Ab 2017 hätte dies zu Steuerausfällen von rund 27 Millionen Franken jährlich geführt.
Energievorlagen: Die BernerStimmberechtigten haben gleich zwei Energievorlagen abgelehnt, die den Kanton Bern in eine grüne Energiezukunft führen wollten. Die Initiative «Bern erneuerbar» lehnten die Stimmenden deutlich ab mit 65,29 Prozent Nein- und 34,71 Prozent Ja-Stimmen. Der Gegenvorschlag des Kantonsparlaments wurde hingegen knapp abgelehnt mit 51,42 Prozent Nein- und 48,58 Prozent Ja-Stimmen. Die Stimmbeteiligung betrug 41,62 Prozent. Die Vorlagen unterschieden sich nicht in ihren Zielen, sondern nur im Weg dorthin. Während die Initiative verbindliche Zwischenziele setzte, legte der Gegenvorschlag nur den Endtermin fest. Laut «Bern erneuerbar» hätte bis 2025 der Strom mindestens zu 75 Prozent und ab 2035 zu 100 Prozent «grün» sein. Auch für Heizung und Warmwasser figurierten in der Initiative «Bern erneuerbar» die Jahreszahlen 2025, 2035 und 2050 als Zwischen- und Endziele. Das bernische Kantonsparlament wollte stattdessen nur, dass Strom, Heizung und Warmwasser spätestens 30 Jahre nach der Annahme des Gegenvorschlags grundsätzlich aus erneuerbaren Quellen hätten stammen sollen.
Sanierungsplan für öffentliche Pensionskassen: Die öffentlichen Pensionskassen des Kantons Genfwerden zusammengelegt und saniert. Das Genfer Stimmvolk hat die milliardenschwere Fusion mit 75,1 Prozent Ja angenommen. Das von der Gewerkschaft vpod ergriffene Referendum wurde abgelehnt. Von den Genfer Stimmberechtigten sprachen sich 79'443 für die Vorlage aus, 26'336 stimmten dagegen. Die Stimmbeteiligung lag bei 46,5 Prozent. Das Volksja schafft die neue Pensionskasse des Kantons Genf (CPEG). Darin werden die beiden öffentlichen Pensionskassen CIA (Lehrer und Beamte) und CEH (medizinisches Personal) zusammengeführt. Die Sanierung kostet die öffentliche Hand in den nächsten 40 Jahren rund 6,3 Milliarden Franken. Die Angestellten müssen länger arbeiten und erhalten zugleich tiefere Renten. Zudem werden die Beiträge ansteigen. Im Gegenzug wird der Beitragsschlüssel – zwei Drittel vom Kanton und ein Drittel von den Angestellten – nicht angetastet.
Günstigerer ÖV:Das GenferStimmvolk hat am Abstimmungssonntag weiter einer Volksinitiative «Stopp der Erhöhung der Tarife der Genfer Verkehrsbetriebe (TPG)» zugestimmt. Der Initiative, die vom Rentnerverband AVIVO lanciert wurde, stimmten 61'143 Stimmberechtigte zu, bei 48'333 Nein-Stimmen. Die Stimmbeteiligung lag ebenfalls bei 46,5 Prozent. Mit der Annahme muss der Preis für ein für eine Stunde gültiges Ticket von 3.50 Franken auf 3 Franken gesenkt werden. Von den im Grossen Rat vertretenen Parteien unterstützte einzig das Mouvement citoyens genevois (MCG) die Initiative.
Ladenöffnungszeiten:In Basel-Stadt müssen die Läden auch in Zukunft am Samstag um 18 Uhr schliessen. Eine Verlängerung der Öffnungszeiten bis 20 Uhr lehnte das Stimmvolk mit 59,7 Prozent Nein ab. Damit ist der Basler Detailhandel erneut mit einer Forderung nach längeren Ladenöffnungszeiten unterlegen. Bei einer Stimmbeteiligung von 50,76 Prozent sprachen sich 21'665 für und 32'094 gegen die Revision des Gesetzes über öffentliche Ruhetage und Ladenöffnung aus. Gewerkschaften und Linksparteien ergriffen das Referendum gegen diese Revision, die neue Ladenöffnungszeiten an Samstagen vorsah.
Olympia-Abstimmung: Der Kanton Graubündenlehnt die Kandidatur für die Olympischen Winterspiele 2022 ab.
Verkehrsentflechtung: Die 75 Millionen Franken teure Verkehrsentflechtung im Gebiet Neuhof nördlich von Lenzburg AG kann realisiert werden. Die AargauerStimmberechtigten sprachen sich an der Urne mit 113'995 Ja zu 41'012 Nein-Stimmen für das regional wichtige Verkehrsprojekt aus. Die Stimmbeteiligung betrug 40,96 Prozent. Kernpunkt des Projekts ist ein 52 Millionen Franken teurer Tunnel, der die heute 22'000 Benutzer der Achse zwischen der A1 und dem Bünztal kreuzungs- und signalfrei durch das Gebiet Neuhof lotst. Auch für die restlichen 5000 Fahrzeuge, welche die Verzweigung Neuhof heute befahren, wird der Weg von und zur A1 reibungsloser.
Schlösser-Initiative:Die BaselbieterSchlösser Wildenstein und Bottmingen bleiben in Kantonsbesitz: Die Stimmberechtigten haben eine entsprechende Volksinitiative gutgeheissen. Regierung und Parlament wollten die Schlösser dagegen im Baurecht abgeben, um Kosten zu sparen. Die Initiative «Ja zu Wildenstein und Schloss Bottmingen» wurde mit 46'558 zu 30'677 Stimmen gutgeheissen. Knapp abgelehnt wurde dagegen mit 36'781 zu 36'882 Stimmen ein Gegenvorschlag von Regierung und Landratsmehrheit, der die Abgabe der Schlösser an eine Stiftung vorsah. Die Stimmbeteiligung lag bei 45 Prozent. Die 2012 eingereichte Initiative fordert den dauerhaften Erhalt der Schlösser durch den Kanton und die Garantie der öffentlichen Zugänglichkeit. Dagegen wollte die Regierung Schloss Wildenstein im Baurecht an eine Stiftung der Baselbieter Kantonalbank abgeben und das dazugehörige Hofgut an die Christoph Merian Stiftung in Basel verkaufen.
Turnhallen-Sanierung: Der Kanton Schwyzkann das Berufsbildungszentrum Goldau (BBZG) erneuern und erweitern. Die Stimmberechtigten haben einen Kredit von 9,4 Millionen Franken mit 33'955 zu 12'260 Stimmen gutgeheissen. Die Stimmbeteiligung betrug 46,8 Prozent. Das Projekt sieht vor, die bestehende Dreifachturnhalle zu sanieren und auf dem Garderobentrakt der Turnhalle fünf zusätzliche Schulzimmer zu erstellen. In einer ersten Etappe war 2008 bis 2010 das Hauptgebäude des BBZG saniert worden.
SDA/mw
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