Was geht? Die Ausgehtipps der WocheJa, ist denn schon Weihnachten? Nein, Wochenende!
Im Dachstock werden musikalische Zaubertränke gemischt, in Biel erstarren Frauen, und im Ono zeigt ein Flaumbart-tragender Turtmann-Jugendlicher sein Pop-Können.
Aus der Starre aufgewacht: «Herzog Blaubarts Burg»

In Herzog Blaubarts Burg ist es dunkel und gruslig. Dennoch glaubt Judith, dass sie die Gemäuer, die ihr der Herzog nur widerwillig nach und nach zugänglich macht, mit ihrer Liebe erhellen kann. Hinter der allerletzten verschlossenen Tür aber ereilt Judith schliesslich das gleiche Schicksal wie allen früheren Frauen Blaubarts: Sie erstarrt in ewiger Schönheit. Gewissermassen erstarrt war auch die Inszenierung der Bartók-Oper von Dieter Kaegi, mit einer reduzierten Orchesterfassung von Eberhard Kloke, für das Tobs. Nach nur wenigen Aufführungen musste die Produktion pandemiebedingt abgebrochen werden. Nun wird sie wieder in den Spielplan aufgenommen. (mar)
Stadttheater Biel, Freitag, 9. Dezember, 19.30 Uhr. Premiere in Solothurn am 14. Dezember, 19.30 Uhr
So klingt Pop aus Turtmann: Madstone

Das kleine Walliser Dörfchen Turtmann ist im grossen Pop-Ganzen noch keine gewichtige Adresse. Eine Besonderheit besteht jedoch darin, dass von dort aus die musikalischen Darbringungen des Open Airs Gampel zu vernehmen sind. Dies könnte ein Mitgrund dafür gewesen sein, dass ein gewisser Mathias Steiner, ein hoch sympathischer, Sehhilfe- und Flaumbart-tragender Turtmann-Jugendlicher, darauf kam, eine Musikkarriere zu starten. 2019 war zum ersten Mal von ihm zu hören: Unter dem Namen Madstone veröffentlichte er eine schwerblütig-charmante Singer-Songwriter-EP. Nun hat er ein muskulöseres Album nachgeschoben, ein Werk, das weit poppiger, etwas elektronischer und viel optimistischer ausgefallen ist als der Vorgänger. Schuld an diesem Temperaments-Schlenker sei ein Studienaufenthalt in Berlin gewesen, wo Madstone offenbar noch ganz andere Seiten von sich entdeckt hat: Das Album ist nämlich der Auftakt zu einer Trilogie. Bald soll ein sphärischer zweiter und ein elektronischer dritter Teil folgen, auf welchem sich gar ein Trap-Track finden soll. Man schenke diesem einnehmenden Herrn ein Ohr. (ane)
Ono, Bern, Freitag, 9. Dezember, 20 Uhr
Frei und unfrei: Italienische Filme in der Cinématte
Einmal im Jahr ermöglicht die Reihe «Cinema italiano» in der Cinématte ein Update zum italienischen Kino und zeigt aktuelle Filme aus dem Bel Paese. Zum Beispiel liefern sich heuer die beiden Megastars des italienischen Kinos, Toni Servillo und Silvio Orlando, in «Ariaferma» ein psychologisches und schauspielerisches Duell. Der Film von Leonardo Di Costanzo, mehr Dokumentation als Fiktion, ist ein bewegendes Kammerspiel über das Gefangensein. Er spielt in dem seit 2013 geschlossenen, geschichtsträchtigen Gefängnis im Zentrum der sardischen Stadt Sassari. «Calcincuol» von der Regisseurin Chiara Bellosi wiederum ist eine intime Coming-of-Age-Geschichte über die 15-jährige Benedetta, die der queeren Schaustellerin Amanda vom lokalen Jahrmarkt in die Freiheit folgen will. (mbu)
Cinématte, Bern, ab Freitag, 9. Dezember
Eine eigentümliche Mischung: Francesco Tristano und Louis Jucker

Ein Pianist aus Luxemburg, der gerne frühbarocke Musik verjazzt, und ein Lo-Fi-Nerd aus La Chaux-de-Fonds mit Punk im Herzen: Dies ist selbst für die abgründige Konzertreihe End Hits im Dachstock eine gewagte Kombination, eine Veranstaltungsserie, die sonst eher auf randständigen Lärmrock und Angst-Pop setzt. Nun denn: Die Zeiten ändern sich. Der weltgewandte Wunderpianist Francesco Tristano zählt zu jenen Klassik-Musikern, die kein Problem damit haben, Hoch- und Clubkultur zu vermengen. Und Louis Jucker versorgt die Szene unermüdlich mit herrlich abgetakelter Vintage-Indie-Kleinkunst. Nun kommen die beiden eigentümlichen Künstler zusammen, um gemeinsam einen Abend lang an einem musikalischen Zaubertrank zu köcheln. Abschmecken wird diese Mixtur aus Klassik, Low-Fi-Folk und alternativem Rock DJ Nicole Aramiss aus Zürich mit ihrem Dark-Disco-Sound. (mbu)
Dachstock, Bern, Freitag, 9. Dezember, 20 Uhr
Alle Himmelsrichtungen: «Roots» von Teo Gheorghiu
Schon mancher Musiker fand Inspiration in der Volksmusik. Auch der Pianist Teo Gheorghiu machte sich in den vergangenen drei Jahren auf die Suche. Und zwar auf dem Fahrrad: Gheorghiu trat in die Pedale und fuhr von seinem aktuellen Lebensmittelpunkt London in alle vier Himmelsrichtungen, Tausende von Kilometern. Aus den Eindrücken entsteht nun eine Tetralogie von Aufnahmen, je ein Album für die vier Spitzen der Windrose. Das erste Album «Duende», eingespielt nach einer Reise durch Frankreich und Spanien, erschien 2020. Aus der Reise nach Osten, bis zu den Wurzeln von Gheorghius Familie im rumänischen Sândominic, fruchtet nun das zweite Album «Roots». Die gerade erschienene Platte wird feierlich im Casinotheater Burgdorf getauft. (mar)
Casinotheater Burgdorf, Samstag, 10. Dezember, 20 Uhr
Nicht ohneeinander: Alain Claude Sulzers liest aus seinem «Doppelleben»

Die Brüder Goncourt sind die Namensgeber des wichtigsten französischen Literaturpreises. Aber was weiss man über ihr Leben und Werk? Zumindest im deutschsprachigen Raum nicht allzu viel. Der Basler Schriftsteller Alain Claude Sulzer ändert das mit dem Roman «Doppelleben». Grundlage sind die Tagebücher der Goncourts, die ein symbiotisches Verhältnis von Jules und Edmond zutage fördern. Sie teilten alles miteinander: Haus, Arbeit, die Geliebte. In ihrem gemeinsamen Tagebuch, einer Skandalchronik der Pariser Künstlerszene, lästerten sie über alle, die sie getroffen hatten. Sulzer zeichnet ein differenziertes Porträt dieser scharfsinnigen Chronisten des geistigen Lebens in Paris. Gleichzeitig stellt der Autor eine fiktive Gegenfigur in den Mittelpunkt: die Haushälterin Rose, die unbemerkt von den beiden Brüdern existenzielle Dramen durchlebt und vom Nachbarssohn schwanger wird. Sulzers Epochengemälde von Paris zu Zeiten Napoleons III. überzeugt auch als Darstellung unterschiedlicher Arten von Zuneigung – von der Bruderliebe bis zur Amour fou. (lex)
Zentrum Paul Klee, Bern, Sonntag, 11. Dezember, 11 Uhr
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