Selbsttest an Medienkonferenz gezeigt«Man muss mit dem Stäbchen einfach nicht so tief in die Nase gehen»
In wenigen Tagen kann man Selbsttests gratis beziehen. Wie werden Schummler gestoppt? Und was muss ich beim Test tun? Antworten aus der Medienkonferenz.
Das Wichtigste in Kürze:
Die Selbsttests sind ab nächstem Mittwoch gratis verfügbar.
Es sei sehr wichtig, dass nicht alle am ersten Tag die Apotheken stürmen, sagt Pharmasuisse-Präsidentin Martine Ruggli.
Es sei den Apotheken im Land nicht möglich, auf einen Schlag an einem Tag eine Million Kunden zu bewältigen.
Noch während der Medienkonferenz zeigt Ruggli das Schnelltestkit für Zuhause (siehe Video oben).
Mit dem Vorweisen der Krankenkassen-Karte wollen die Apotheken den Bezug von mehr als 5 Selbsttests verhindern.
Im Fall von Brasilien-Flügen der Swiss will der Bund nicht alleine handeln.
Lesen Sie zum Thema auch:
Öffnen trotz allem – Schweiz flirtet wieder mit Corona-Sonderweg
Wie gut sind die Selbsttests im Vergleich? Eine Übersicht.
Impfmonitor: So weit ist die Schweiz mit dem Impfen
Dashboard: Die neusten Zahlen zur Corona-Pandemie
International anerkannter Impfnachweis kommt bis im Sommer
Mit Hochdruck arbeitet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) daran, dass der international anerkannte Impfnachweis bis im Sommer bereitsteht. Der Impfnachweis des Hausarztes oder des Impfzentrums soll zu dem weltweit gültigen Covid-19-Zertifikat werden.
Der Nachweis der Impfung in Papierform oder im blauen respektive gelben Impfbüchlein soll als internationales Zertifikat anerkannt werden. Die Schweiz will die Vorgaben der EU einhalten, um die internationale Anerkennung des Zertifikats zu gewährleisten.
Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit beim BAG, sagte am Dienstag vor den Medien in Bern: «Wir arbeiten mit Hochdruck daran, dass dieses Covid-19-Zertifikat bis im Sommer bereitsteht.»
Apotheken vor Riesenaufgabe
Corona-Selbsttests sind ab Mittwoch, 7. April, in den Apotheken gratis verfügbar. Es sei sehr wichtig, dass nicht alle am ersten Tag die Apotheken stürmten, sagte Martine Ruggli, Präsidentin des Schweizerischen Apothekerverbands Pharmasuisse, an der Medienkonferenz. Es sei den Apotheken nicht möglich, auf einen Schlag an einem Tag eine Million Kunden zu bewältigen.
Das Ganze sei für die Apotheken «eine riesige Herausforderung», monatlich fünf Gratis-Selbsttests pro Kopf seien im Monat 40 Millionen Tests. Noch während der Medienkonferenz demonstrierte Ruggli das Schnelltestkit für Zuhause (siehe Video oben).
Schummeln bei Bezug von Gratis-Selbsttests schwierig
Die Leute werden auch darüber informiert, dass sie nur fünf Gratistests zugute haben. «Wir hoffen, dass die Leute sich solidarisch verhalten», sagte Martine Ruggli. «Über die Krankenkassenkarte können wir nachvollziehen, ob eine Person ihre Ration schon bezogen hat.»
Die Apotheken seien daran, dieses System vorzubereiten. Sollte das nicht mit allen Krankenkassen funktionieren, funktioniere es nach dem Prinzip Vertrauen.
Fosca Gattoni, stellvertretende Leiterin Sektion Heilmittelrecht im Bundesamt für Gesundheit fügte an: «Das System steht. Und es funktioniert.»
Besten Dank für Ihr Interesse. Es folgt in Kürze eine schriftliche Zusammenfassung.
Den ganzen Point de Presse zum Nachschauen gibts hier:
Mathys: «Es ist nicht zu bestreiten, dass sich die Zahlen in die falsche Richtung entwickeln. Die Situation ist fragil, es ist schwierig abzuschätzen, wie sich das Ganze entwickelt.» Ob es schärfere Massnahmen brauche, könne er aber nicht sagen.
Man hoffe zwar, dass das Testen und Impfen bei der Eindämmung helfe, aber dies seien «leider momentan reine Hoffnungen.»

Was wird Menschen empfohlen, die einen Selbsttest im Ausland erworben haben?
Ruggli: «Sicher nicht wegwerfen. Jeder Test, der eine Infektion anzeigen kann, ist hilfreich. Es gilt, was Herr Mathys gesagt hat: Ein negativer Test befreit nicht vor Corona-Massnahmen.»
Mathys: «Die Schweiz hat Corona-Selbsttests zugelassen, die eine gewisse Qualität haben. Für die Tests, die Sie im Ausland erwerben, haften Sie alleine – gut möglich, dass diese gar nichts nützen. Wir raten von einem solchen Kauf ab.»
Lesen Sie auch: Wie gut sind Selbsttests im Vergleich?
Rudolf Hauri: «Wir wissen, dass es zu mehr Übertragungen in den Schulen und bei den Kindern gekommen ist.» Häufig seien das Koinzidenzen, sagt Hauri. «Wir testen viel mehr in den Schulen und damit entdecken wir Fälle, die wir zuvor nicht entdeckt haben.» Es sei nicht so problematisch, als dass man die Schulen als Hotspots bezeichnen könnte.
Treiber der Pandemie sei vor allem die jüngere, mobile Bevölkerung, ergänzt Mathys. Deshalb ziele man mit der Teststrategie auf sie.
Warum es in der Schweiz keine Spucktests gebe, lautet eine Frage.
Fosca Gattoni: «Wir haben noch keine Validierung, sodass wir Spucktests zulassen könnten. Die Hersteller müssten uns beweisen, dass die Sensitivität wissenschaftlich bestätigt ist.»
Patrick Mathys schliesst nicht aus, dass die Schweiz die Massnahmen bei Reisen aus und nach Brasilien verschärfen werde. Brasilien sei immer noch ein Hochrisikoland, eine Lösung müsse europäisch sein. «Denn viele Flüge nach Brasilien gehen über Portugal. Die Variante ist besorgniserregend, Brasilien steht vor dem Kollaps. Es ist eine Variante, die das Immunsystem umgehen kann, zum Glück haben wir bis jetzt nur sieben Fälle in der Schweiz.»
Ob man mit dem Umgang mit Brasilien die gleichen Fehler mache, wie mit China?
Mathys: «Ich hoffe es nicht.» Es mache keinen Sinn, dass die Schweiz alleine vorpresche, wiederholt Mathys.
Ein Journalist rechnet vor, dass die Schweiz schon 500'000 Impfstoff-Dosen von Moderna hätte erhalten sollen und fragt, was mit diesen geschehen sei. Mathys Antwort: «Ich gebe Ihnen lieber später eine vernünftige Antwort, als jetzt zu spekulieren.»
Marine Ruggli: «Wir werden die Leute informieren, dass sie nur fünf Gratistests zugute haben. Wir hoffen, dass sie sich solidarisch verhalten.»
Ob eine Person ihre Ration schon bezogen habe, lasse sich über die Krankenkassenkarte feststellen, so Ruggli. Man sei noch dabei, dieses System vorzubereiten. Sollte das nicht mit allen Kassen funktionieren, müsse es nach dem Prinzip Vertrauen funktionieren, so Ruggli.
Fosca Gattoni, die stellvertretende Leiterin der BAG-Sektion Heilmittelrecht, reagiert promt mit: «Das System steht. Und es funktioniert.»
Mehr als fünf Tests seien kostenpflichtig, klärt Ruggli noch auf.
Nassima Mehira, Co-Projektleiterin des Covid-19-Zertifikats, antwortet mit «sowohl als auch». «Wir entwickeln unsere Lösung und orientieren uns an den Entwicklungen in den Nachbarländern, damit diese dann kompatibel ist. Es ist nicht so, dass es eine einzige Lösung geben wird.»
Man evaluiere die verschiedenen Plattformen und entscheide sich dann für die beste Lösung, die international kompatibel sei, so Mehira.
Auf die Frage, wann denn der Impfpass komme, antwortet Patrick Mathys: «Ich kann keinen genauen Zeitpunkt nennen. Das Covid-19-Zertifikat wird aber bis im Sommer stehen.»
Ob es wirklich sinnlos ist, sich jetzt für Ostern testen zu lassen...
Patrick Mathys antwortet: «Es macht ganz grundsätzlich Sinn, einen Test zu machen. Aber wenn das Ergebnis älter als 24 Stunden ist, müssen Sie sich genau so verhalten, als ob sie keinen Test gemacht hätten.» Deshalb habe er das Wort «sinnlos» gebraucht, verteidigt sich Mathys. Ein Corona-Test sei immer nur eine Momentaufnahme.
Das Wort hat nun der oberste Kantonsarzt der Schweiz, Rudolf Hauri. Er spricht über die Massentests: «Der Aufwand dafür ist enorm. Sie lohnen sich aber. Es lässt sich sagen, dass sich Reihentests an Schulen jederzeit lohnen.» Geeignet seien PCR- und Antigentests, so Hauri. Für Reihentests seien die Selbsttests nicht geeignet, so Hauri. Sich zu Hause zu testen, sei lediglich als ergänzende Massnahme empfohlen.
Auch er erwähnt, dass man zunehmend Infektionen bei Jüngeren feststelle. Damit bestehe das Risiko, dass das Virus wieder vermehrt auf Ältere überspringe, gerade via Schulkinder.
Zu den Kantonen sagt Hauri: «Auch in den als Trödelkantone bezeichneten Kantonen stehen die Impfkapazitäten bereit. Es können 100'000 Dosen täglich verabreicht werden.»
Die Nachfrage nach Selbsttest sei enorm, gerade auch vor den Osterferien, sagt Martine Ruggli: «Die Apotheker arbeiten sehr, sehr hart», versichert sie. «Apotheken sind gut erreichbar, sie haben lange geöffnet. Schweizweit bieten 320 Apotheken Schnelltests an», erläutert Ruggli mit Hinweis auf die Informations-Website ihre-apotheke.ch.
Viele Apotheken würden sowohl PCR- als auch Schnelltests anbieten. Ruggli zeigt sich im Namen des Verbands dankbar dafür, dass sie ihre logistischen und medizinischen Kenntnisse zur Bekämpfung der Pandemie zur Verfügung stellen können. Dies zeige deren grosse Bedeutung in der Grundversorgung.
Nun spricht die oberste Apothekerin, Martine Ruggli: «Ab 7. April sind die Selbsttests in allen Schweizer Apotheken verfügbar», versichert die Präsidentin des Schweizerischen Apothekerverbands PharmaSuisse. Gleichzeitig warnt sie: «Es sollen sich nicht alle am ersten Tag in die Apotheke stürzen», sonst sei es nicht möglich, alle Kunden zu bedienen.
Ruggli klärt über die logistische Herausforderung auf, die das Verpacken der Selbsttests von Hand in Säcke à fünf Tests pro Person mit sich bringt: «Wir müssen jetzt gezielt Leute einstellen, bitte haben Sie etwas Geduld», sagt Ruggli.
Ruggli hat eines dieser Sets mit dabei und demonstriert auf dem Podium des Medienzentrums in Bern dessen Handhabung.
«Man drückt den Test ins Nasenloch und fährt viermal hin- und zurück. Dann legt man den Test auf den mitgelieferten Puffer. Wenn der Test negativ ist, erscheint nur eine Linie. Ist man positiv, erscheinen zwei Linien», sagt Ruggli. Das sei sehr einfach durchzuführen.
Ist man positiv, muss dann ein PCR-Test gemacht werden, um das Testergebnis zu bestätigen.
Mathys zieht betreffend Teststrategie eine Zwischenbilanz: «Es gelten weiterhin die bereits bekannten Regeln. Wer Symptome hat oder mit jemandem Kontakt hat, muss einen PCR-Test machen. Das kann in einer Praxis, in einem Zentrum oder in Apotheken geschehen. Menschen ohne Symptome können sich mit einem Antigen-Schnelltest testen lassen», wiederholt Mathys.
Antigen-Schnelltests würden immer noch verlässlichere Resultate liefern, als die Selbsttests, darum seien letztere nur als Ergänzung zur bestehenden Strategie gedacht.
«Der heutige Impfnachweis soll zu einem Covid-19-Zertifikat werden, der auch international anerkannt sein soll», erläutert Mathys. Das blaue Impfbüchlein oder das gelbe internationale seien noch kein offizieller Nachweis. Ein solcher werde nun erarbeitet und international einsetzbar sein.
Das Zertifikat soll in Papierform und in digitaler Form vorliegen. Die Daten werden nicht zentral abgelegt, sondern den geimpften Menschen mitgegeben. «Es ist bereits klar, dass es kein zentrales Impfregister geben wird», so Mathys.
Zu den Spitalkapazitäten sagt Mathys: «18 Prozent der Intensivbetten von Corona-Patienten sind belegt.» Dies sei eine «relativ stabile Zahl.
Auch in den Nachbarländern sehe man einen Trend zu steigenden Fallzahlen. Es sei zu befürchten, dass Jüngere das Virus an ältere Menschen weitergeben würden. «Wenn die Fallzahlen weiter zunehmen und ältere Altersgruppen wieder betroffen sind, wird es wieder Druck auf die Spitäler geben – und das wollen wir unbedingt verhindern.»
Gute Neuigkeiten vermeldet Mathys betreffend der Impfungen: «Die Zahl der Impfungen nimmt zu.»
Eröffnet wird der Point de Presse vom Schweizer Chef-Epidemiologen Patrick Mathys. Zur aktuellen Lage: «Die Fallzahlen steigen leider weiter, die Todesfälle und Hospitalisationen sind etwa gleichbleibend», so Mathys. Sämtliche Kantone weisen derzeit einen R-Wert von über 1 auf. Der R-Wert liegt schweizweit bei 1,19 – das ergebe Verdopplungszeiten der Fallzahlen von unter drei Wochen.
«Neun von zehn Infektionen sind auf die britische Mutation zurückzuführen», sagt Mathys. Von der südafrikanischen Mutation seien erst 200 Infektionen nachgewiesen, bei der gefährlichen brasilianischen seien es nur Einzelfälle, so Mathys.
Der Point de Presse findet um 14 Uhr statt. Es treten auf:
Patrick Mathys, Leiter Sektion Krisenbewältigung und internationale Zusammenarbeit, Bundesamt für Gesundheit BAG
Fosca Gattoni, Stv. Leiterin Sektion Heilmittelrecht, Bundesamt für Gesundheit BAG
Nassima Mehira, Co-Projektleitung Covid-19-Zertifikat, Bundesamt für Gesundheit BAG
Rudolf Hauri, Kantonsarzt Zug, Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte
Martine Ruggli, Präsidentin, Schweizerischer Apothekerverband PharmaSuisse
Der Anstieg geht einfach weiter. 4573 Corona-Fälle wurden dem BAG über das Wochenende gemeldet. Vor einer Woche waren es 3643, vor zwei Wochen 3170. Hält dieser Trend an, wird kurz nach Ostern ein kritischer Wert überschritten: 350 Ansteckungen pro 100’000 Einwohner innert zwei Wochen.
Am Dienstag sind weitere 1923 Ansteckungen dazugekommen. Gleichzeitig registrierte das BAG 19 neue Todesfälle und 76 Spitaleinweisungen. Am Dienstag vor einer Woche waren 1844 neue Coronavirus-Ansteckungen innerhalb von 24 Stunden gemeldet worden.
Dashboard: Die neusten Zahlen zur Corona-Pandemie
In vielen europäischen Ländern werden derzeit wegen steigender Fallzahlen Massnahmen verschärft. In der Schweiz dagegen plädieren namhafte Stimmen für Lockerungen. Ausser Lukas Engelberger, Präsident der Gesundheitsdirektorenkonferenz, (siehe weiter unten im Ticker) ruft in der Schweiz auch Infektiologe Manuel Battegay dazu auf, von härteren Massnahmen abzusehen und stattdessen Lockerungen zu prüfen. Im Interview mit dem «Blick» sagte Battegay, bis vor kurzem Vizepräsident der wissenschaftlichen Taskforce: «Man kann nicht immer noch mehr verbieten.»

Battegay rät vor allem deshalb von Verschärfungen ab, weil er den Rückhalt der Massnahmen in der Bevölkerung gefährdet sieht. «Mehr Massnahmen nützen nichts, wenn die Leute nicht mehr mitmachen», sagte er in dem Interview. Die Schweiz müsse jetzt umschalten, in einen Modus, bei dem die Menschen wieder eine aktive Rolle bekommen. Dann würden die nötigen Massnahmen auch besser eingehalten, bis genügend Menschen geimpft seien.
Auch drei Umfragen im März im Auftrag von SRG, Ringier und Tamedia/20 Minuten haben zwar gezeigt, dass die Bevölkerung mehrheitlich hinter der aktuellen Corona-Politik des Bundes und der vorsichtigen Öffnungsstrategie steht. Gleichzeitig hatte sich damals aber auch eine Mehrheit mehrere Lockerungen gewünscht, auf die der Bundesrat dann wegen der steigenden Fallzahlen verzichtet hat.
sda/nag
Fehler gefunden?Jetzt melden.