Irlands Ministerpräsident Cowen steht mit dem Rücken zur Wand Hintergrund
London/Dublin «Sieh das Leben immer von der Sonnenseite», heisst es im Monthy-Python-Klassiker «Das Leben des Brian» sinngemäss.
Brian Cowen - seit zweieinhalb Jahren irischer Ministerpräsident - hängt zwar nicht wie sein Namensvetter im Film am Kreuz. Aber er steht mit dem Rücken zur Wand. Sein Land steckt bis zum Hals in einem Schuldenberg, seine Umfragewerte sind kaum noch messbar und die teilverstaatlichten Banken hängen zusätzlich am Tropf der Europäischen Zentralbank. Doch Cowen nimmt den Aufruf der britischen Komiker-Truppe wörtlich: «Irland ist stark genug, Irland kann seine Probleme selber lösen», betet er mantraartig vor. In der Tat hat Irland seit den 1980er Jahren mit einer in Europa beispiellosen Niedrigsteuerpolitik eine boomende Wirtschaftslandschaft entstehen lassen. Vor allem aus den USA kamen die Investoren in Scharen ins einzige englischsprachige Euro-Land, schufen hochwertige Arbeitsplätze und damit Wohlstand. Der heute 50 Jahre alte Cowen war einer der Co- Autoren dieser Erfolgsgeschichte - als Minister in sechs verschiedenen Ressorts. Parallelen zu Gordon Brown Doch die grüne Insel hat eine grosse Schattenseite: 160 Mrd. Euro Schulden, 32 Prozent Staatsdefizit, sechs Milliarden Haushaltskürzung allein im nächsten Jahr, 50 Mrd. Hilfe für die maroden Banken - und wenn es schlecht läuft, werden es 90 Milliarden. Diese Sicht auf die Dinge referiert der schwergewichtige Cowen weniger gern. Diese Seite ist es aber, die ihn an den Rand des politischen Scheiterns gebracht hat. In Irland ziehen die Leute schon einen Vergleich mit dem abgewählten britischen Premierminister Gordon Brown: unbeliebt, unbeherrscht, erfolglos. Wie Brown war Cowen vorher Finanzminister, wie Brown wurde er ins Amt des Ministerpräsidenten nicht gewählt. Er folgte seinem von Korruptionsvorwürfen zermürbten Vorgänger Bertie Ahern ins Amt und auf den Sessel des Vorsitzenden der Partei Fianna Fail. Beobachter in Dublin sind sich einig, dass Cowen die nächste Wahl nicht überstehen kann. Die Iren kreiden ihm persönlich die schwere Wirtschaftskrise an, die zu Geisterstädten mit Bauruinen, hoher Arbeitslosigkeit von über 13 Prozent und geschlossenen Rollläden in Läden und Pubs führte. Schreckgespenst EU Geradezu unverzeihlich wäre es für die stolzen Insulaner, wenn Cowen das Land in die Hände von EU-Aufsehern legen würde. Das ist die eine Erklärung, warum sich der zweifache Vater mit Händen und Füssen gegen Geld aus Brüssel wehrt - vehementer und länger als der Rest seines Kabinetts. Die andere ist der hohe Preis dafür. Die EU-Partner verlangen, dass Irland seine Körperschaftssteuer von derzeit nur 12,5 Prozent auf Europa-Niveau anheben muss, wenn es Geld aus Brüssel will. Cowen weiss aus Erfahrung: Das wäre der Genickschuss für die Ansiedelungspolitik. Für die Menschen in Irland ist es ein Horrorszenario: Der einstige EU-Musterschüler, der den Grossen in der Gemeinschaft gezeigt hat, was Wachstum heisst, geht am Stock. Der «keltische Tiger» wird von Dompteuren aus Brüssel dressiert.
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