In Pakistan ins Gefängnis statt ins Hotel
Ende März ist der Herrliberger Lukas Baumann mit seinem Volvo Richtung Australien gestartet. Inzwischen ist er in Singapur angekommen und hat tausend Geschichten zu erzählen.
Herrliberg. - «Sie sind doch aus Herrliberg, meine Grossmutter wohnt da», sagt der Schüler der Schweizer Schule in Singapur zu Lukas Baumann. Zusammen mit seinem Reisepartner Sebastian Wernli aus Männedorf hält der Herrliberger an der Schweizer Schule einen Vortrag über seine Reise. «Dann fanden wir noch heraus, dass die Grossmutter die Schwester meiner Nachbarin ist», erzählt Baumann.
Vergangenen Samstag ist der 38-Jährige in Singapur angekommen. Einen mühsameren Zoll, um ein Auto mit über die Grenze zu nehmen, als denjenigen von Singapur habe er auf seiner Reise nicht erlebt. Das sagt einer, der mit dem eigenen Auto von der Schweiz durch Osteuropa in die Türkei, durch den Iran, nach Pakistan, Nepal, Indien und Bangladesh, Thailand und Malaysia gereist ist (TA vom 19. 3.). «Wir waren über sechs Stunden am Zoll», erzählt Baumann. Zum Glück habe sich die Schweizer Botschaft für sie eingesetzt und sie mit einer Spezialbewilligung per Fax schliesslich innerhalb einer halben Stunde aus dem Zoll geholt.
Singapurs unglaubliche Bürokratie
Mitten im Telefongespräch muss Baumann unterbrechen. Ein Verantwortlicher der Schiffsagentur kommt vorbei, weil der Volvo nach Australien verschifft werden muss. Es klappt alles. «Doch die Bürokratie ist unglaublich», sagt Baumann. Am kommenden Freitag reist der Volvo nach Perth. Baumann fliegt nach. Sein Reisepartner Sebastian Wernli reist zurück in die Schweiz - er war auf der Strecke von Bangkok bis nach Singapur mit dabei. Baumann und seinem Volvo stehen in Australien noch mal 6500 bis 8000 Kilometer bevor. Quer durch den Kontinent soll es gehen, vor allem viel Freunde und Bekannte will er besuchen - Baumann hat bereits einmal zwei Jahre in Australien gelebt.
Das eigentliche Ziel ist der Melbourne Cup, ein Pferderennen Anfang November. Wenn möglich will Pferdeliebhaber Baumann aber schon vorher entscheiden, wo er sich niederlässt. Er möchte ein paar Jahre in Australien bleiben und dort arbeiten. «Sydney, Melbourne oder Perth kommen in Frage», sagt Baumann. Diese Idee gab auch den Anstoss für die Reise. Seinen Job bei einer Privatbank und seine Wohnung hatte der studierte Betriebswirt bereits gekündigt. Es blieb ihm einzig sein Volvo. In einem Gespräch mit seinem australischen Freund Shaun Rolevink entstand die Idee, per Auto nach Australien zu reisen. Rolevink begleitete Baumann schliesslich von der Schweiz aus bis Bangladesh.
So sassen die beiden in Pakistan auch gemeinsam eine Nacht im Gefängnis. Nicht etwa, weil sie etwas ausgefressen hätten. Am Anfang stand ein Verständigungsproblem: Nach der iranischen Grenze wurden die beiden Reisenden wie geplant von einem Polizisten eskortiert, der sie zur Polizeistation begleitete. Dieser verschwand in der Folge, und die lokale Polizei wusste nichts von der Ankunft der Reisenden. Irgendwann konnten Baumann und Rolevink den Polizisten verständlich machen, dass sie nach einer Unterkunft suchten. Nach langen Diskussionen wurde entschieden, dass sie Gäste der Polizei sein und im Gefängnis übernachten sollten.
«Wir durften wählen, ob wir im Gebäude drin oder auf dem Dach übernachten wollten», sagt Baumann. Sie entschieden sich für Letzteres. So einen schönen Sternenhimmel hätten sie nie wieder gesehen auf ihrer Reise.
Bombe neben dem Hotel
Nicht ganz so lustig ist die Erinnerung an ein Erlebnis, das sich kurz vor der pakistanischen Grenze in Zehadin im Iran ereignete. Auch hier eskortiert von der Polizei, fuhren Baumann und Rolevink in die Stadt und sagten den Polizisten, sie bräuchten ein billiges Hotel und Benzin. Diese halfen den beiden, auf dem Schwarzmarkt Benzin zu kaufen und brachten sie in ein Hotel. «Um das Hotel wieder zu verlassen, hätten wir die Polizei-Eskorte rufen müssen», erzählt Baumann. Doch da es im Hotel ein Restaurant gab, entschieden sie sich dagegen. Ein guter Entscheid, wie sich später herausstellte, als sich zwei Strassen weiter ein Selbstmordattentäter vor einer Moschee in die Luft sprengte. Angst hätten sie nicht gehabt, sagte Baumann. Man habe ihnen gesagt, sie seien sicher im Hotel. «Im Eingang postierten sich Militärs, wir hörten Ambulanzwagen und, später in der Nacht, eine Art Demonstration», schildert Baumann die Ereignisse. In der Presse habe er nicht mal etwas über den Anschlag gelesen. Erst etwa 10 Tage später in Lahore habe er erfahren, dass wegen des Anschlags nach ihnen kein Auto mehr über die Grenze gelassen wurde.
Little Switzerland in Thailand
Etwas mulmig zumute wurde Baumann kürzlich im Norden Thailands. «Ich war mit Sebastian unterwegs nach Chiang Rai», sagt Baumann. Irgendwann seien sie zu einem schmalen, vom Monsun ausgewaschenen Strässchen mit etwa 40 Prozent Steigung gekommen. «Links und rechts gings geradewegs steil hinunter in den Dschungel.» Er sei im ersten Gang gefahren und die Räder hätten nicht mal gespult, das Auto sei einfach irgendwann nicht mehr vorwärtsgefahren. Rückwärts zurück war genauso ein Horrorszenario wie links und rechts von der Strasse abzukommen. «Uns war angst und bang», erzählt Baumann. Irgendwann, mit lautem Motorengeheule, hätten sie es doch noch geschafft.
Doch damit nicht genug: Oben angekommen, trafen sie auf Einheimische, die sie mit einem «Welcome to little Switzerland» begrüssten. «Wir dachten erst, die hätten erkannt, dass wir aus der Schweiz sind», sagt Baumann. Doch dann erfuhren sie, dass das Gebiet «kleine Schweiz» genannt wird, weil es äusserst steil und bergig ist. «Die Leute sind fast gestorben vor Freude, als wir ihnen erzählten, dass wir tatsächlich Schweizer und mit dem Auto aus der Schweiz hierhergereist sind.»
Taliban-Polizist lädt zum Fest
Welches Land ihm auf seiner Reise am besten gefallen hat, kann Baumann nicht sagen. Das sei immer personenabhängig. Sie hätten das Glück gehabt, in vielen Ländern Freunde von früheren Reisen besuchen zu können. «Wenn man deren Kinder in die Schule bringt oder mit ihnen einkaufen geht, erlebt man den Alltag in einem Land statt nur die Aussensicht als Tourist.» Viele Leute hätten sie auch kennen gelernt - so den pakistanischen Polizisten, der aussah wie ein Taliban, ihnen aber auf einer Rundfahrt seine Heimat zeigte und sie dann auch gleich noch auf ein Fest einlud. Ganz besonders schwärmt Baumann von der Türkei, die kulturell und kulinarisch viel zu bieten habe und wo die Leute extrem freundlich seien.
In der Türkei, am Strand in Aserbeidschan, im Iran und in Thailand im Gespräch mit Einheimischen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch