In der WG gibt es nur eine Liga
Timo Meier und Vincent Praplan wohnen in San Jose zusammen. Bloss: Meier spielt in der NHL, Praplan in der zweitklassigen AHL.
Das «Solar4 America Ice» wäre der Traum eines jeden Schweizer Nachwuchschefs. Das imposante, unförmige Gebäude im Osten San Joses hat vier voneinander getrennte Eisfelder, kreuz und quer platziert, durch Gänge verbunden.
Auf jedem herrscht Betrieb an diesem Vormittag. Während sich draussen bereits ein typisch heisser kalifornischer Herbsttag mit 28 Grad anbahnt, ist es unangenehm kalt hier drin. Auf zwei Feldern trainieren Profimannschaften.
Das «Morning Skate» der San Jose Sharks ist gut besucht, ausnahmsweise ist es öffentlich, darum schauen nicht nur die üblichen knapp zehn Journalisten zu, eine kleine Schar Fans ist ebenfalls da. Auch Timo Meier dreht seine Runden, am Abend wird der Appenzeller Stürmer mit den Sharks einen 5:1-Sieg im SAP Center mitten in der Stadt gegen Buffalo feiern.
Beim AHL-Team schaut keiner zu
Wechseln wir kurz das Eisfeld, vorbei an Garderoben und Apparaten mit Schokolade, Chips und Erdnussbuttersnacks. Hier werden die Spieler von San Jose Barracuda übers Eis gehetzt, sie sind das AHL-Farmteam der Sharks. Ihr Training ist immer öffentlich, beim Eingang ist auch keine Sicherheitskontrolle mit Metalldetektor wie am Flughafen aufgebaut. Die Anzahl Interessierter auf der kleinen Tribüne ist dennoch: null.
Das sei fast immer so, sagt Vincent Praplan, als er ein paar Minuten später neben dem Eis steht und sich den Schweiss aus dem Gesicht wischt. «Wir haben nicht einmal Journalisten an den Trainings», erklärt er, während hinter ihm der Medienverantwortliche einen Spieler für die clubeigene Website mit der Handy-Kamera interviewt.
Es ist eine spezielle Situation für die Spieler von Barracuda. Ihre Heimstätte ist dieselbe wie jene der Sharks. Und auch hier beim Training ist die NHL so nah. Aber auch so weit: «Garderobe, Kraftraum, alles ist bei ihnen grösser, besser, angenehmer», sagt Praplan. «Das ist wohl extra so», mutmasst er, «damit wir kämpfen, mehr machen, unten durch müssen, um nach oben zu kommen.»
Die Diskrepanz zeigt sich auch an den Heimspielen. Die Sharks füllen die rund 17500 Sitze regelmässig, spielt Barracuda, sind es rund 3000, die in die Arena kommen.
Noch zu sehr Schweizer
Was fehlt Praplan noch, um eine Chance im NHL-Team zu erhalten? Einiges, das weiss auch der Walliser. Vor allem: «Ich muss das einfachere Spiel auf dem kleinen Eisfeld lernen.» Da ist er halt noch NLA-Spieler durch und durch: «In der Schweiz war ich einer, der die schönen Spielzüge sucht, nicht bloss den Puck in die Offensivzone schiesst.»
Dass das hier nicht geht, hat er schnell festgestellt. Sein Headcoach, Roy Sommer, arbeitet seit 2006 mit dem Team, ist aus dem nahen Oakland. Der 61-Jährige ist «old school», wenn etwas Sommers Gesicht verfinstern lässt, dann zu kompliziertes Spiel.

Der 24-jährige Praplan wechselte nach dem Abstieg mit Kloten nach Kalifornien, nach dem gemeinsamen Vorbereitungscamp wurde er nicht unerwartet ins Farmteam geschickt, während sein zwei Jahre jüngerer Appenzeller Kollege Meier eine feste Grösse bei den Sharks ist.
Praplan war im Sommer etwas früher angereist, er organisierte die gemeinsame Wohnung im Westen der Stadt. In der Eishockey-WG gibt es keine zwei Ligen, beide kümmern sich um den Haushalt. Während Praplan eher für die Ordnung besorgt ist, steht Meier häufiger in der Küche. «Wir kochen aber beide etwa gleich gut», betonen sie.
Meier spielt, Praplan nicht
Es ist mittlerweile früher Abend, wir sind nahe der WG, die Sonne brennt gnadenlos, die Palmen an den Strassenrändern sorgen für Ferienidylle. Gemeinsame freie Tage nutzen die beiden Schweizer auch für Kurztrips ins nahe San Francisco. Jetzt kommt Praplan aber alleine, er hat Meier zu Hause gerade alles Gute gewünscht für das Spiel auf der grossen Bühne: Die Sabres mit ihren Jungstars Jack Eichel und Rasmus Dahlin sind zu Gast.
Es ist zudem «Black Night» in San Jose, die Sharks präsentieren erstmals ihre neuen schwarzen Spezial-Jerseys, die nur an einer Handvoll Partien getragen werden. Es sind die Momente, die Praplan auch ein wenig wurmen. «Ich bin überhaupt nicht neidisch auf Timo, er hat sich das alles verdient, spielte eine grossartige letzte Saison», sagt der Stümer. Aber als er ihn vor ein paar Minuten fürs Spiel umziehen sah, habe er schon gedacht: «Mist, ich würde auch gerne. . .»
Dieses Ziel haben fast alle Teamkollegen Praplans, bei Barracuda herrscht ein entsprechender Konkurrenzkampf, den er so beschreibt: «Wir sind eine Mannschaft, bei der eigentlich keiner wirklich sein will.» Wie bei der Trainingshalle gelte auch in dieser Beziehung: «Das ist Motivation, um noch härter zu arbeiten.»
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