In Bachmanns Spiegelkabinett
Kein einfaches Unterfangen: Konzert Theater Bern verleiht Ingeborg Bachmanns schwer fassbarem «Malina» Konturen. Chantal Le Moign glänzt in der Hauptrolle. Wenn man sie denn sieht.

Gedankenfetzen, Träume und zwei Männer: Wer eine lineare Geschichte sucht, findet sie zuletzt in «Malina». Ingeborg Bachmann hat ihren 1971 veröffentlichten Roman «Malina» zur Autobiografie erklärt, die sich aber nicht wie üblich aus Lebensstationen, sondern aus Gedankenwolken zusammensetzt.
Nach dem Schulterbiss
Die namenlose Icherzählerin (Chantal Le Moign) reflektiert ihr Leben und ihr Verhältnis zu den Männern: «Mich interessieren die Männer, weil man sich fragt: Wie geht es weiter nach dem Biss in die Schulter?», sagt sie. Die Männer sind: Ivan (Stéphane Maeder) und Malina (Jürg Wisbach). Das Ich, eine Autorin, fühlt sich hin- und hergerissen zwischen den beiden, zuweilen scheinen sie auch zu verschmelzen. Immer mehr wird das Leben ein Albtraum mit Inseln von rasender Glückseligkeit – die jederzeit wieder kippen kann. Keine Frage, hier verarbeitet Bachmann ihre Beziehungen zu den Schriftstellern Max Frisch und Paul Celan.
Mit dem Rücken zur Wand
In der Berner Theaterversion stehen die Bücher mit dem Rücken zur Wand im Gestell der Icherzählerin, die Bühne ist ein einziges Spiegelkabinett (Bühne: Kim Zumstein) und gilt als gedankliche Leitlinie: Die Figur ist in sich gekehrt, spiegelt sich in den anderen – und selbst wenn sie von Gaskammern und Verbrechen redet, seziert sie letztlich ihr düsterstes Inneres.
Regisseurin Mizgin Bilmen, die in der Vidmar 2 ihr Berner Debüt gibt, zeigt das Ich als Patientin am Tropf, gefangen in ihrer eigenen Schreibstube. Das Telefon piepst wie ein Vitaldatenmonitor im Spital. Die Gespräche laufen immer gleich ab: Zwischen ihr und dem Mann auf der anderen Seite gibt es nur Missverständnisse, die Verabredung findet nie statt.
Ein Wolkengebilde
Die Kostüme (Alexander Djurkov Hotter) runden die gelungene Einrichtung ab: Als sich die drei Protagonisten aus dem Alltag herausschälen, kommen hautfarbene Ganzkörperanzüge zum Vorschein, die vernarbte Haut suggerieren. Verletzlich ist alles an diesem Abend, der bei allen formalen Stärken aber nur deshalb funktioniert, weil Chantal Le Moign die Zerrissenheit ihrer Figur so packend vorträgt.
Doch «Malina» bleibt ein Wolkengebilde – und den Zuschauern bleibt der Zugriff zur Figur bisweilen verwehrt. Auch weil beim tollen Bühnenbild offenbar das Publikum vergessen ging. Zu oft sieht man nichts und wähnt sich in einem Hörspiel.
«Malina»: Vidmar 2, Liebefeld. Vorstellungen bis 21.3.
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