Im Grünen provozieren Bauprofile
werden bei der Orangerie dieser Tage grosse Bauprofile aufgestellt – geplant ist ein Ausstellungswürfel für Kunst. Bei der Idee wird es aber bleiben: Die Installation ist Teil der Ausstellung «Kunst am Wasser».
Die Hündeler, Spaziergänger und Jogger bleiben verdutzt stehen: Auf der idyllischen Wiese unterhalb der Orangerie Elfenau montieren Gerüstbauer ein riesiges Bauprofil. Die Winkel sind noch nicht genau ausgerichtet, dennoch ist sichtbar, was die Profile andeuten: Ein riesiger weisser Würfel soll hier im Grünen entstehen, der «White Cube». Ein Museum für Gegenwartskunst. «Die Profile irritieren sehr», sagt Ronny Hardliz, Künstler und Autor des Projekts. Genau das beabsichtigt er jedoch mit seinem Vorhaben: Der Kubus wird nie gebaut, die Profile sind eine Kunstinstallation im Rahmen der Ausstellung «Kunst am Wasser». Dadurch, dass ein möglicher Neubau den Naturraum bedrohe, werde der Wert des Bestehenden ins Bewusstsein gerufen, erklärt der Künstler sein aktuelles Werk. Idee macht die Existenz aus Hardliz erstellt zum ersten Mal eine Gerüstinstallation, die nicht begehbar ist. Der 39-jährige Berner Künstler und Architekt wurde bekannt durch den begehbaren Gerüstturm bei der Lorrainebrücke, den er 2006 aufstellen liess. Hardliz spielt mit seinen Installationen im öffentlichen Raum mit der Wechselwirkung, die Kunst und Betrachter verbindet. Der angedeutete «White Cube» in der Elfenau wird faktisch nie existieren, doch schon nur die Idee bewirkt, dass er Tatsache wird. «Solange sich jemand erinnert, hat der ‹White Cube› als Gedankenraum Bestand», sagt Hardliz. Schweizerische Installation Bauprofile hat er gewählt, weil sie eine Bedeutung haben. Nirgends sonst auf der Welt würden geplante Bauwerke mit solchen Profilen dargestellt. «In diesem Sinne habe ich eine schweizerische Installation geschaffen», sagt Hardliz. Es sei nur in der Schweiz möglich, mit einer solchen simplen Gerüstkonstruktion Spekulationen über etwas Abwesendes zu erzeugen. Die Gestaltung hat der Künstler komplett der Elag AG überlassen, welche die Gerüste aufstellt und die Installation sponsert. «Die Kunst hier besteht aus der Auseinandersetzung mit dem Ort und den Erwartungen, nicht aus dem, was sichtbar hier steht», begründet Hardliz das Vorgehen. Idealer Kunstraum Der Begriff «White Cube», wie Hardliz seine Installation nennt, geht auf die 1970er-Jahre zurück und bezeichnet den idealen Kunstraum der Moderne. Ein weisser Würfel, der möglichst neutrale und von der Realität losgelöste Bedingungen für ein Kunstwerk und seinen Betrachter herstellen soll. «Das ist eine nachträglich auf die moderne Kunstgeschichte aufgesetzte, negativ gefärbte und radikalisierende Sichtweise», erläutert Hardliz. Es sei gar nicht möglich, Kunst ohne äusseren Kontext zu machen, denn auch eine Galerie habe einen wirtschaftlichen, geografischen und auch architektonischen Kontext. «Ausserdem gibt es den von der Realität losgelösten Betrachter nicht», sagt der Künstler und lacht. Mit der Andeutung eines perfekten Kunstraums mitten im Naherholungs- und Naturschutzgebiet ironisert Hardlitz die Diskussion, wo Gegenwartskunst genau stattfinden soll – in der elitären Abgeschiedenheit oder im öffentlichen Raum. Das Baugesuch im Katalog Zusätzlich zu den Profilecken wird im Ausstellungskatalog von «Kunst am Wasser» eine echt aussehende Baupublikation erscheinen. Die Pläne für den «White Cube», die als Baugesuch eingereicht werden müssten, will Hardliz in einer Baubaracke neben dem Elfenau-Känzeli öffentlich auflegen. Er hatte auch erwogen, das Gesuch im Anzeiger zu publizieren. Doch das hätte zu stark von der ursprünglichen Absicht abgelenkt: «Ich möchte zum Nachdenken anregen und nicht Protestaktionen provozieren.» Anna Tschannen>
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