Im grossen Schaufenster
Die fortschreitende Digitalisierung beschert dem Unihockey indirekt die vielleicht einmalige Chance auf einen kräftigen Entwicklungsschub. Kernziel in der am Freitag beginnenden Saison ist, die Attraktivität des Produkts auf den Bildschirm zu bringen.

Im Unihockeysport scheint ein neues Zeitalter anzubrechen. Mitte April gab das Schweizer Fernsehen bekannt, sich mit dem Landesverband auf eine Partnerschaft geeinigt zu haben. Die Vereinbarung beschert Swiss Unihockey nie da gewesene Resonanz. So werden in der morgen mit dem Derby zwischen Meister Wiler-Ersigen und Floorball Köniz beginnenden Saison nicht nur die beiden Superfinals, sondern auch acht ausgewählte Viertel- und Halbfinalpartien live auf SRF 2 zu sehen sein. Vorgesehen ist ein fixer Ausstrahlungstermin, die betroffenen Partien werden jeweils am frühen Samstagabend stattfinden. Sind im Frühling beide Parteien mit dem Ergebnis zufrieden, wird die Zusammenarbeit um fünf Jahre verlängert.
«Wie ein Sechser im Lotto» fühle sich die Kooperation an, sagt der Berner Oberländer Reto Balmer, welcher bei Swiss Unihockey für die Abteilung Sport verantwortlich ist. Wohl wissend, dass sich die Möglichkeit auf den Quantensprung nicht wegen einer exorbitant steigenden Attraktivität der Sportart bietet. Die neue Ausgangslage beruht in erster Linie auf der fortschreitenden Digitalisierung. Unternehmen wie Branchenprimus Netflix, die im Internet Serien und Spielfilme anbieten, werben dem herkömmlichen Fernsehen Kunden ab. Was zur Folge hat, dass die klassischen TV-Sender verstärkt nach Inhalten suchen, die sie exklusiv präsentieren können.
Nackte Wände sind tabu
Fündig werden sie im Sport; Liveübertragungen lassen sich nicht konservieren. Wobei sich das SRF auf dieser Ebene ebenfalls mit Rivalen konfrontiert sieht, die ihm jene Filetstücke streitig machen, welche sich mit überschaubarem Aufwand produzieren lassen. UPC und Swisscom, beide zahlungskräftig, haben für ihre Kanäle Mysports und Teleclub Eishockey- und Fussballrechte erworben. Die finanziell an Richtlinien gebundene SRG reagiert, indem sie ihr Sportartenportfolio erweitert, dadurch neue Kunden anzusprechen versucht. «Wir profitieren davon, dass es bei den Sportrechten erstmals einen Markt gibt», hält Wiler-Ersigens Präsident Reto Luginbühl fest.
So erfreulich sich die Perspektive für die Unihockeyaner präsentiert, so gross ist die damit verbundene Herausforderung. Balmer stellt denn auch klar, Verband und Vereine stünden unter Druck. «Nun müssen wir liefern. Es muss uns gelingen, die Attraktivität unseres Produkts auf den Bildschirm zu transferieren.» Luginbühl hält fest, die Tür sei offen. «Nun müssen wir hindurchgehen, und das ist gar nicht so einfach». Was mit den Vorgaben der TV-Produzenten zu tun hat. So müssen die Kameras nach Möglichkeit stets auf Zuschauer gerichtet sein.
Nackte Wände sind tabu, finden sich jedoch in sämtlichen Standardhallen. Der neue Weissensteinkomplex beispielsweise, Heimstätte von Floorball Köniz, fasst zwar 2000 Zuschauer, verfügt jedoch nur auf einer Längsseite des Spielfeldes über eine Tribüne. Die Klubs sind angehalten, den Beton mit schwarzen Tüchern zu überdecken. Erstmals geschehen wird dies morgen in Uster, wo die Ouvertüre gegen GC als Playoff-Testlauf dient. «Wir führen quasi ein Fernsehspiel durch, einfach ohne Fernsehen», sagt Reto Balmer.
Was nicht ganz korrekt ist, wird doch seit Beginn der letzten Saison jede NLA-Partie der Männer im Internet übertragen. Unter der Obhut der «Arbeitsgruppe Livestream» sind in allen Vereinen Teams entstanden, die sich um die Aufzeichnung kümmern. Die Qualitätsspanne reicht vom einfachstmöglichen Format (eine Kamera, unkommentiert) bis zur kommentierten Übertragung mit bis zu acht Kameras inklusive Pauseninterviews und Studiogästen.
Mit der Resonanz sind die Initianten zufrieden. Köniz – die Vorstädter bieten das gesamte Paket an – verzeichnete pro Partie im Durchschnitt 6000 Klicks. In den Playoff-Halbfinals erreichte Alligator Malans als Spitzenreiter einen Durchschnittswert von knapp 9000 Zugriffen. «Wir haben gezeigt, dass ein Interesse an bewegten Unihockeybildern vorhanden ist», sagt der Berner Valentin Lagger, welcher die Arbeitsgruppe präsidiert.
Appell an die Politik
Marc Dysli, Sportchef der Langnauer Tigers, spricht von einer sehr erfreulichen Entwicklung, appelliert aber gleichzeitig an die Politik, ihren Teil zur Verbesserung der landesweit problematischen Hallensituation beizutragen. Luginbühl argumentiert in die gleiche Richtung, sagt, «wir dürfen uns keine falschen Vorstellungen machen», die Infrastruktur werde sich nicht von heute auf morgen verbessern. Kurzfristig sind Profite im Sponsoringbereich denkbar, wenn auch in bescheidenem Rahmen. Den Malansern jedenfalls gelang es im Frühling, für den Superfinal einen Trikotpartner zu gewinnen – der TV-Präsenz sei Dank.
Was die sportliche Qualität anbelangt, ist keine markante Veränderung absehbar. In körperlicher Hinsicht ist das Gefälle gering geworden; in den Bereichen Kraft und Kondition wird mittlerweile in allen Equipen professionell gearbeitet. Spielerisch hingegen ist die Schere nicht zu übersehen. Nur wenige Akteure verfügen über technische Qualitäten, die ihnen erlauben, auf höchstem Tempo Akzente zu setzen. Eine potenzielle Attraktivitätssteigerung haben die Vereine unlängst verworfen.
Derweil in Schweden wie Finnland in der Verlängerung künftig mit je vier Feldspielern agiert wird und die Tschechen gar auf drei gegen drei umstellen, gibt es hierzulande vorerst keine Reduktion. Balmer meint, eine Anpassung sei nicht nötig, «ich habe noch keine langweilige Verlängerung gesehen.» Für die Schweiz scheint das Engagement der SRG des Neuen genug zu sein.
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