Jungfernflug nach LübeckIm Belpmoos startet ein neues Airline-Duo
Erstmals ist wieder ein Passagierflugzeug ab Bern-Belp geflogen. Flybair hat in Norddeutschland eine neue Partnerin gefunden.

Nach monatelanger Pause ist in den Terminals des Flughafens Bern-Belp wieder ein wenig Betrieb eingekehrt. Die Lübeck Air startete am Donnerstag ihre Flüge vom Belpmoos in die norddeutsche Hansestadt. Die Berner Fluggesellschaft Flybair ist Codeshare-Partnerin.
29 Passagiere waren an Bord des Erstfluges. Von einem Ansturm und einem breit angelegten Neustart im Belpmoos kann man also nicht sprechen. Aber bis vor wenigen Wochen waren wegen der Pandemie solche Reisen gar nicht möglich. Flybair hatte deshalb im März die ganze Sommersaison abgesagt und den Betrieb auf Eis gelegt.
Flybair-Chef José González freut sich darüber, dass dank der Lockerungen der Corona-Massnahmen nun doch Flüge durchgeführt werden können. Bis Oktober gibt es donnerstags direkte Verbindungen nach Lübeck und sonntags Flüge mit Zwischenstopp in Stuttgart.
Investor sorgt für Aufwind
Die Lübeck Air hat eine ähnliche Vorgeschichte wie Flybair. Auch ihr Heimatflughafen ist klein und hat eine bewegte Geschichte mit manchen Krisen. Sie wurde vom Flughafen ins Leben gerufen und sie ist wie Flybair als virtuelle Airline gestartet. Sie vermarktet also Flüge, hatte aber zunächst kein eigenes Flugpersonal. Betrieben wurden die Flüge stattdessen von der dänischen Air Alsie.
Letztes Jahr kaufte Lübeck Air ein eigenes Flugzeug, während Flybair weiterhin keine eigene Maschine besitzt und auf Flugpartner angewiesen ist. Und es gibt noch einen entscheidenden Unterschied: Anders als Flybair haben die Lübeck Air und ihr Flughafen einen Investor im Rücken: Der Pharmaunternehmer Winfried Stöcker hat sich engagiert. Er hatte sein Labordiagnostik-Unternehmen Euroimmun 2018 an den US-Konzern PerkinElmer verkauft. Als Preis wurden 1,3 Milliarden Dollar genannt.
Jetzt sind neben Bern und Stuttgart auch München und Salzburg Destinationen von Lübeck Air. Zum Buchungsstand zu den Flügen ab Bern heisst es, die Nachfrage sei gross. So werde der Saisonschluss vom 3. Oktober auf den 24. Oktober verlängert.
Ostsee statt Mittelmeer
Die Lust auf Ferien im Ausland und am Meer sei nach den Lockdowns bei vielen Menschen sehr stark, sagt Flybair-Chef González. Die Lübecker Bucht und die Ostsee-Region mit Strandbädern wie Travemünde oder der Timmendorfer Strand seien eine attraktive Alternative zu Destinationen am Mittelmeer.

Flüge ans Mittelmeer sind dieses Jahr keine geplant. Flybair war letztes Jahr als Partnerin der Schweizer Airline Helvetic an den Start gegangen. Der Jungfernflug führte nach Mallorca. Doch wegen rigider Corona-Schutzmassnahmen in Spanien stornierten viele Kunden ihre Ferien auf der Mittelmeerinsel.
Auch andere Destinationen mussten aufgegeben werden. Im Herbst konnten einzig noch die griechischen Inseln Kos, Kreta und Rhodos angeflogen werden. Statt der geplanten rund 150 Hin- und Rückflüge kamen in der ersten Saison gerade mal 32 Rotationen ab Bern und Sitten zustande.
Doch Helvetic beharrte auf der Bezahlung von Kosten für stornierte Flüge. Die Airline des Investors Martin Ebner leitete eine Betreibung gegen Flybair ein. Dieses Verfahren läuft weiterhin. Beide Seiten äussern sich deshalb im Moment nicht zu dem Streitfall. Eine neue Zusammenarbeit sei in Zukunft aber nicht ausgeschlossen. Es würden Gespräche für 2022 geführt, sagt González.
Helvetic fliegt nach Kreta und Mallorca
Helvetic fliegt nun diesen Sommer ohne Flybair-Partnerschaft. Und zwar ab Bern-Belp nach Kreta und Mallorca. Verglichen mit früheren Jahren ist die Zahl der Destinationen damit aber sehr klein. Demgegenüber startete Helvetic neu erstmals mit Verbindungen ab dem Flughafen Basel. Aber auch von Bern aus sei es je nach Nachfrageentwicklung durchaus denkbar, dass das Angebot später in der Saison noch kurzfristig erweitert werde. Konkrete Pläne dafür gibt es im Moment nicht.
Mit Elba ist noch eine weitere Destination im Angebot ab Belp. Die Kleinfluggesellschaft Swiss Flight Services will im September dorthin starten. Die Pause im Belpmoos ist zwar vorbei. Die Ungewissheit über die Zukunft ist aber nicht verflogen.
Julian Witschi ist Wirtschaftsjournalist im Ressort Bern. Er hat über 20 Jahre Berufserfahrung und wurde mit einem Swiss Press Award ausgezeichnet.
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