«Ich fühle mit den Angehörigen mit»
Marcel Strebel, der Chef des Mediendienstes der Kantonspolizei Zürich, will nüchtern und offen kommunizieren, auch wenn Emotionen im Spiel sind. Konkurrenzdruck und Online-Medien haben seinen Job in den letzten Jahren hektischer gemacht.
Mit Marcel Strebel sprach Christian Dietz-Saluz Was als Publikationsdienst im Ein-Mann-Betrieb begann, ist heute eine Abteilung mit Schicht- und Pikettdienst rund um die Uhr. Vor allem im Bereich Kommunikation und Technik hat in den letzten Jahren eine unheimlich rasante Entwicklung stattgefunden. Alles ist viel schneller, viel hektischer geworden. Insbesondere die Onlinemedien haben das Tempo nochmals verschärft, das spüren wir. Die Ansprüche der Öffentlichkeit sind gestiegen. Jedes grössere Ereignis muss heute doppelt bewältigt werden: Neben dem Operativen muss das Kommunikative mindestens so gut erledigt werden. Wenn das nicht gelingt, erleidet die Polizei unter Umständen einen Imageschaden oder Vertrauensverlust. Wir achten darauf, dass alle Medien gleich behandelt werden. Im Einzelfall geben wir so viel preis, wie möglich ist – bis zu den erwähnten Barrieren. Wir spüren aber sehr wohl in unserer Arbeit, dass die Medien untereinander grossem Konkurrenzdruck ausgesetzt sind. Am Anfang eines Ereignisses haben aber selbst wir wenige gesicherte Informationen. Es gibt Fälle, bei denen Journalisten schon Informationen besitzen und sofort von uns nicht nur eine Bestätigung, sondern auch eine Erklärung erhalten wollen. Wir müssen uns aber in jeder Situation daranhalten, dass das, was wir kommunizieren, auch immer stimmen muss. Das wird von der Polizei erwartet. Betroffenheit und ehrliche Emotionen dürfen und sollen bis zu einem gewissen Punkt gezeigt werden. Aber grundsätzlich darf man von einem Polizisten erwarten, dass er mit belastenden Situationen umgehen kann. Es gibt aber schon Fälle, die einem unter die Haut gehen. Die Kantonspolizei Zürich bietet heute allen Mitarbeitenden die Möglichkeit, bei Bedarf psychologische Betreuung in Anspruch zu nehmen. Für mich sind Einsätze, bei denen Kinder betroffen sind, am belastendsten. So geht es wahrscheinlich den meisten meiner Kolleginnen und Kollegen. Ganz schlimm sind Fälle des plötzlichen Kindstods oder wenn eine Todesnachricht überbracht werden muss. Ich fühle mit den Angehörigen mit. Glücklicherweise habe ich ein gutes familiäres Umfeld als Rückzugsbasis. Meinen Ausgleich finde ich zusammen mit meiner Frau beim Klettern, Bergsteigen und auf Hochtouren. Sehr nahe gegangen ist mir die Massenkarambolage auf der Forchstrasse im Sommer 2006. Neben dem furchtbaren Ausmass des Unfalls mit sechs Todesopfern habe ich während dieser Arbeit zunächst befürchtet, dass sich auch ein Familienangehöriger unter den Verunglückten befinden könnte. Bei jedem Namen der Identifizierten bin ich aufs Schlimmste gefasst gewesen. Ich kann das sehr gut ablegen. Aber natürlich gehe ich mit offenen Augen durchs Leben, und in gewissen Momenten bin ich vielleicht misstrauischer als andere. Reifenquietschen? Flüchtet da jemand? Marcel Strebel ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern. Er wohnt in Uetikon am See. Seine Karriere begann 1983 in der Polizeischule. Es folgte Bereitschaftsdienst bei der Sicherheitspolizei. Bei der Bezirksanwaltschaft arbeitete er als Protokollführer und Sekretär, danach war Strebel stationierter Polizist in Männedorf. Nach seiner Zeit bei der Abteilung Betrugs- und Wirtschaftsdelikte bei der Kriminalpolizei übernahm Strebel für einige Jahre die Funktion des Meilemer Bezirkschef-Stellvertreters. Seit 2001 ist er bei der Informationsabteilung, seit 2004 leitet er sie. Zudem ist Hauptmann Strebel als Pikettoffizier eingeteilt und leitet in dieser Funktion kriminal-, sicherheits- und verkehrspolizeiliche Einsätze. (di) Was Marcel Strebel sagt, das muss stimmen. Foto: André Springer
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