«Ich dachte, meine Karriere sei zu Ende»
Guillaume Hoarau hat sich vor drei Wochen in Basel schwer an der Hüfte verletzt. Dem 33-jährigen YB-Stürmer geht es erstaunlich gut. Der Franzose ist voller Tatendrang.
Als Guillaume Hoarau niedergeschlagen da lag, im Spitalbett in Basel, zum Nichtstun verdammt, nahm er Stift und Papier und schrieb einen Song. «Ich habe alles rausgelassen. Von da an ging es aufwärts.»
Gut zwei Wochen sind seither vergangen. Hoarau sitzt in einem braunen Sofa im Stadionrestaurant Eleven. Zuvor ist er ohne Krücken angelaufen gekommen, hat sich ohne erkennbare Mühe gesetzt, ohne das Gesicht vor Schmerzen zu verziehen. Er sagt: «Ich fühle mich schon wieder sehr gut.» Die Gehhilfen konnte der 33-Jährige nach einer Woche beiseitelegen, mit der Reha hat er danach sofort begonnen.
Hoarau, der einen Vertrag bis 2020 besitzt, ist täglich im Stade de Suisse. Er trainiert auf dem Crosstrainer, kann mit den Beinen erste Kräftigungsübungen machen. Es gebe ein, zwei Bewegungen, bei denen er vorsichtig sein müsse. Aber sonst sei alles in Ordnung. «Ich habe mich rasch erholt. Weil ich ein positiver Typ bin», sagt er. Und lacht.
Geschockte Mitspieler
Der Kontrast zu den Bildern, die sich vor zwanzig Tagen in Basel abgespielt haben, ist riesig. Im Spitzenspiel läuft die 39. Minute. In der Nähe der Mittellinie steigt Guillaume Hoarau in den Zweikampf mit FCB-Verteidiger Marek Suchy. Es ist eine Szene, die während eines Matchs dutzendfach vorkommen kann, eigentlich.
«Ich dachte, meine Karriere sei zu Ende»
Aber der YB-Spieler stürzt unglücklich. Mit der Handfläche schlägt der Franzose mehrmals auf den Rasen, wendet sich aufs Gesäss, schreit vor Leiden, wendet sich auf den Bauch. «Ich dachte sofort, dass ich mir das Hüftgelenk ausgerenkt habe», erzählt er.
Video: Guillaume Hoarau verletzt sich im Spiel gegen den FC Basel schwer
Die herbeigeeilten Betreuer helfen dem gross gewachsenen Stürmer aufzustehen, Hoarau versucht, sich fortzubewegen. «Aber es ging nicht.» Er habe grosse Angst gehabt, offenbart er und rührt im Espresso, der auf dem Tisch steht. «Ich dachte, meine Karriere sei zu Ende.»
Hoarau wird auf der Bahre in den Sanitätsraum gebracht, der sich im St.-Jakob-Park in der Nähe der Gästekabine befindet. Die Mitspieler, die wenig später in die Pause gehen, bekommen das Leid ihres Anführers zwangsläufig mit. Alle seien geschockt gewesen, sagt Hoarau. «Es war das erste Mal, dass man mich mit solchen Schmerzen sah.» Zwanzig Minuten vergehen, bis ihm eine Morphininfusion verabreicht wird, die Schmerzen erträglicher werden. Hoarau ruft seinen Cousin an, steter Begleiter in Bern und wichtigste Bezugsperson.
Später am Abend wird ihm im Basler Spital unter Narkose das linke Hüftgelenk eingerenkt. Eine Operation ist nicht nötig. Am Tag danach zeigt das MRI, dass der Körper keine irreparablen Schäden genommen hat. Der behandelnde Professor habe ihm erklärt, dass es äusserst selten sei, dass eine solche Verletzung derart geringfügige Konsequenzen nach sich ziehe, sagt Hoarau. «Ich hatte grosses Glück im Unglück.» Den Satz spricht er auf Deutsch aus, er hat ihn zuletzt oft gebraucht. Immer wieder wird er auf den Vorfall angesprochen, unzählige Nachrichten hat er erhalten. Auch von Personen, die er nicht kenne, wie er sagt. Die Anteilnahme schätzt er enorm. Er sagt: «Ich war nahe dran, nicht mehr Fussball spielen zu können.»
Frage des Alters
Die folgenreiche Szene hat sich Guillaume Hoarau ein paarmal angeschaut. Mittlerweile will er sie nicht mehr sehen. «Weil ich sonst wütend werde», sagt er. Nicht auf Gegenspieler Suchy, der sich noch am Abend der Partie bei ihm gemeldet habe und den keine Schuld treffe. Sondern auf sich selbst. «Was machte ich da? Warum stelle ich in dem Moment das Bein raus?», fragt Hoarau rhetorisch. «Ich befand mich weit vom Strafraum entfernt. Es war unnötig.» Manchmal müsse er sich daran erinnern, dass er bereits 33 Jahre alt sei, sagt er und schmunzelt. «Vielleicht sollte ich ein bisschen vorsichtiger werden und noch cleverer spielen.»
Ziel Saisonvorbereitung
Vorerst gilt es für Guillaume Hoarau, fit zu werden. Der für die Young Boys ungemein wertvolle Angreifer lässt keine Zweifel offen, dass er damit rechne, zu Beginn der Vorbereitung auf die neue Saison auf den Platz zurückkehren zu können. «Die Leute denken immer, man habe mehr Freizeit, wenn man verletzt ist», sagt Hoarau. «Dabei muss man härter arbeiten.» Zeit für Musik finde er allerdings immer, sagt er. «Ob ich nun verletzt bin oder nicht.»
Die Lyriks des Songs, den Guillaume Hoarau im Spital in Basel geschrieben hat, stehen. «Am Rest müssen wir noch arbeiten», meint er. Es sei ein trauriges Lied. «Aber ein schönes.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch